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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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zurückgekehrt war.
    Ohne ein Wort ging ich zu ihr, nahm das Tuch aus ihren zitternden Händen, legte es ihr um die Schultern und schützte ihren armen gequälten Körper vor dem Licht. Ich griff nach ihrer Hand und half ihr aus dem Bad, und dann setzte sie sich aufs Bett und begann zu weinen, zuerst leise und dann mit lautem Schluchzen wie ein Kind. Ich versuchte, sie nicht zu umarmen, denn dazu war sie noch nicht bereit.
    Ich fand frische Unterwäsche und ein schlichtes Gewand und zog es ihr an. Sie weinte immer noch, als wir fertig waren, und dann holte ich meinen Kamm und begann, ihn vorsichtig durch die Reste des schönen Haars meiner Schwester zu ziehen.
    Nach einer Weile hörte sie auf zu schluchzen, und ihre Worte wurden zusammenhängender. Sie sagte: »Verrate es niemandem! Versprich es mir, Liadan. Du darfst es niemandem von der Familie erzählen, nicht einmal Vater oder Mutter. Nicht Sean. Und besonders nicht den Onkeln.« Sie packte mich recht fest am Handgelenk, so dass ich den Kamm beinahe fallen gelassen hätte. »Versprich mir das, Liadan!« Ich sah ihr direkt in die blauen Augen, in denen weitere Tränen standen. Ihr Gesicht war aschgrau, ihre Miene verängstigt.
    »Hat dein Mann das getan, Niamh?«, fragte ich leise.
    »Wie kommst du darauf?«, fauchte sie sofort.
    »Jemand muss es getan haben. Wenn nicht Fionn selbst, wer dann? Denn sicher würde dein Mann dich vor solchem Missbrauch schützen können.«
    Niamh holte schaudernd Luft. »Es ist meine Schuld«, flüsterte sie. »Ich habe alles falsch gemacht, alles. Es ist eine Strafe.«
    Ich starrte sie an.
    »Aber Niamh – welchen Grund sollte Fionn haben, so etwas zu tun? Wieso hat er dir so schrecklich wehgetan? Wieso hat er dein Haar abgeschnitten, dein schönes Haar? Der Mann muss verrückt sein.«
    Niamh zuckte die Achseln. Sie war so dünn geworden, ihre Schultern waren unter dem weichen blauen Wollkleid so knochig und zerbrechlich wie die unserer Mutter. »Ich habe es verdient. Ich habe einen Fehler nach dem anderen gemacht. Ich bin so … so ungeschickt und dumm. Ich war eine Enttäuschung für ihn. Ich habe versagt. Kein Wunder, dass Ciarán …« Ihre Stimme brach. »Kein Wunder, dass Ciarán weggegangen ist und nicht mehr zurückkam. Ich war nie zu etwas gut.«
    Das war so vollkommener Unsinn, dass ich versucht war, ihr zu widersprechen, wie ich es früher einmal getan hätte, ihr zu sagen, sie solle nicht so albern sein und sich an dem freuen, was sie hatte. Aber diesmal glaubte sie ihre eigenen Worte wirklich; und das dort waren blaue Flecken und Narben, nicht nur auf ihrer zarten Haut, sondern tief im Geist, und keine raschen Worte würden diese Wunden heilen.
    »Warum hat er dir das Haar abgeschnitten?«, fragte ich abermals.
    Sie hob die Hand und fuhr durch die grob abgehackten Locken, als könne sie selbst noch nicht recht glauben, dass dieser goldene Vorhang verschwunden war.
    »Das war nicht er«, sagte sie. »Ich habe es selbst geschnitten.«
    Ich starrte sie an. »Aber warum?«, fragte ich ungläubig. Niamh hatte sich immer gut um ihr Haar gekümmert und ohne Eitelkeit gewusst, dass es zu ihren größten Vorzügen gehörte, und obwohl sie manchmal darüber geschimpft hatte, dass sie ihrem Vater so ähnlich sah und damit ihre britische Abstammung so deutlich zu erkennen war, hatte es ihr trotzdem gefallen, wie ihre langen Locken in der Sonne schimmerten und um sie herumflogen, wenn sie tanzte und die Aufmerksamkeit der Männer erregte. Sie hatte sie mit Kamille gewaschen und sie mit Blüten und Seidenbändern geschmückt.
    »Ich glaube nicht, dass ich mit dir darüber sprechen kann«, murmelte meine Schwester sehr leise.
    »Ich möchte dir helfen!«, sagte ich. Ich dachte daran, was ich zuvor gesehen hatte, als ihre Gedanken mir enthüllt wurden. Aber es war immer noch besser, wenn sie es mir freiwillig sagte. Sie hatte mich bereits einmal für einen Spion gehalten. »Aber ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht verrätst, worum es geht. Hat dein Mann herausgefunden, was mit Ciarán war? War es das? War er zornig, weil du bereits vor deiner Hochzeitsnacht bei einem Mann gelegen hattest?«
    Bedrückt schüttelte sie den Kopf.
    »Was dann? Niamh, ein Mann darf eine Frau nicht schlagen und ungestraft bleiben. Nach dem Gesetz könntest du die Scheidung verlangen. Liam würde das für dich tun. Vater wäre zornig und empört. Wir müssen es ihnen sagen.«
    »Nein! Sie dürfen es nicht wissen!« Sie zitterte.
    »Das ist

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