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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Schritte über ein Gelände voller Fallen.
    »Vier Tage! Das kann nicht stimmen. Das ist zu bald. Vier Tage, die Zeit wird nicht reichen …«
    »Mach dir keine Sorgen, Niamh«, sagte ich und sah meiner Schwester in die riesigen ausdrucksvollen blauen Augen, die so deutlich ankündigten, dass sie bald alles verraten würde. »Es wird schon alles gut.« Ich wandte mich Aisling zu. »Es geht Niamh nicht gut. Wir werden uns bald zurückziehen. Sie braucht ihren Schlaf.«
    Aislings kleines, sommersprossiges Gesicht war ernst. Ihr Blick ruhte auf Niamh, und sie schätzte das Aussehen meiner Schwester und ihre Worte ein.
    »Du solltest es mir sagen, Liadan«, meinte sie vorsichtig. »Du solltest es mich wissen lassen, wenn ihr Probleme habt. Ich könnte vielleicht helfen. Eamonn würde sicher ebenfalls helfen wollen.«
    Das bezweifelte ich gewaltig. »Danke, Aisling, aber es besteht kein Grund zur Sorge.«
    Vier Tage. Die Göttin mochte uns helfen. Nur noch vier Tage. Ich verbrachte eine schlaflose Nacht damit, über mehrere gleichermaßen unmögliche Pläne nachzudenken, aber mir wollte keiner davon zusagen. Sobald der Himmel jene schwache Graufärbung annahm, die der Morgendämmerung vorausging, stand ich auf, froh, wieder auf den Beinen zu sein, zog meine festen Stiefel und ein warmes Gewand an und dazu einen schweren Umhang, denn ich war verzweifelt darauf versessen, nach draußen zu gelangen, weg von diesen Steinmauern, die mich und mein Problem nun fest umschlossen, ein unlösbares Rätsel in einer fest verschlossenen Truhe. Noch bevor der Morgen graute, schlüpfte ich durch die Geheimtür in der Nische nach draußen, die Wendeltreppe hinab und auf den kargen Hügel über der Marsch hinaus. Dort stand ich und starrte nach Norden. Mein Magen brannte vor Unruhe, ich hatte Kopfschmerzen, und ich war dicht daran, aus schierer Angst vor dem Gedanken daran, was ich tun musste, zu weinen. Denn es kam mir vor, als wäre die einzige Möglichkeit, die Hand meiner Schwester zu nehmen und geführt von Wahnsinn und Vertrauen in diese Ödnis hinauszugehen.
    Eine Hand legte sich fest auf meinen Mund, ein Arm wurde um meine Brust geschlungen. Eine Stimme hinter mir sagte sehr leise: »Sei vorsichtig, und gib keinen Laut von dir. Die Wachen können uns nicht sehen, aber sie können uns hören. Sei still. In Ordnung?«
    Der Druck des Arms ließ nach. Die kunstvoll gemusterte Hand wurde zurückgezogen. Ich brauchte diese Hand nicht zu sehen, um zu wissen, von wem die Stimme kam. Seinem Ruf getreu hatte der Bemalte Mann die Verteidigungsanlagen von Sidhe Dubh so leicht wie ein Schatten durchdrungen.
    »Was? Diesmal kein Schlag auf den Hinterkopf?«, fragte ich flüsternd, ohne mich umzudrehen. Das Herz klopfte fest in meiner Brust.
    »Setz dich.« Auch dies war leise gesprochen, aber eindeutig ein Befehl. »Wir sind an einem blinden Fleck. Aber es hat seine Grenzen. Wir sollten es nicht darauf anlegen, Aufmerksamkeit zu erwecken.«
    Ich setzte mich hin, und dann ließ sich Bran drei Schritte von mir entfernt im Schutz der Felsen nieder. Er trug ein altes Hemd und eine Hose von undefinierbarer Farbe, und seine Stiefel waren von schwarzem Schlamm bedeckt. Er war bleich, sein Blick ernst. Er sah wunderbar aus. Er sah mich schweigend an, und ich erwiderte seinen Blick und spürte, wie ich errötete. Er runzelte die Stirn.
    »Was machst du hier?«, fragte ich ihn, während sich die Gedanken in meinem Kopf überschlugen.
    Er ließ sich Zeit zu antworten, und als er schließlich sprach, war es vorsichtig.
    »Seltsam«, sagte er. »Ich dachte, ich hätte alle Antworten für alles, was du sagen könntest, bereit. Aber jetzt sind sie verschwunden. Jede einzelne von ihnen ist weg, jetzt, da du vor mir sitzt.«
    »Es ist gefährlich für dich, hier zu sein, so allein und unbewaffnet«, sagte ich mit zitternder Stimme. Er sah mich auf eine Weise an, die ich nie wieder zu sehen erwartet hatte. »Warum bist du hergekommen? Auf deinen Kopf ist eine Belohnung ausgesetzt, das weißt du.«
    »Und das beunruhigt dich?« Er klang ehrlich überrascht. »Du bist diejenige, die die Dinge zwischen uns verändert hat, nicht ich.«
    Ich hielt die Hände fest gefaltet, um nicht dem Drang nachzugeben, sie nach ihm auszustrecken. »Wenn du glaubst, dass ich mich nicht um deine Sicherheit sorge, dann kennst du mich wirklich nicht gut. Und jetzt beantworte meine Frage.«
    »Ich war in der Nähe, und ich dachte, du könntest in Schwierigkeiten sein.«
    »Ich glaube

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