Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
Vom Netzwerk:
in Sicht gewesen waren, bevor sie flohen.
    »Über das Marschland nach Norden. Ich weiß nicht, wohin oder warum.«
    Eamonn verzog das Gesicht. »Sag mir alles, was du weißt, Liadan. So schnell du kannst. Jeder Augenblick zählt. Wie konnten du und Niamh hier herunterkommen, ohne dass meine Wachen euch gesehen haben?«
    »Es gibt einen Geheimweg, wusstest du das nicht? Eine Wendeltreppe, eine Geheimtür. In der Nische.«
    Er fluchte leise. »Du meinst – aber dieser Weg war verschlossen, solange ich mich erinnern kann. Es gibt keinen Schlüssel. Wie konntest du hineingelangen?«
    Ich berührte den Schlüssel, der in meiner Tasche lag. Nun wurde es nötig zu lügen. »Ich weiß es nicht. Als ich heute Früh aufwachte, sah ich, dass Niamh weg war. Sie hatte die Geheimtür aufgelassen, und ich folgte ihr. Als ich herauskam, war sie … sie war …«
    »Schon gut, Liadan«, sagte er mit ernster Freundlichkeit. »Das brauchst du nicht zu erzählen. Wie viele Männer hast du gesehen? Nur zwei?«
    Ich nickte stumm.
    »Ich nehme an, du weißt, was sie waren?«
    Ich nickte abermals.
    »Nun, und das verwirrt mich«, murmelte Eamonn und begann, ruhelos auf und ab zu gehen. »Warum sollte er sie mitnehmen, außer in einer Geste wahnsinnigen Trotzes? Was kann er sich davon erhoffen? Es gibt keinen Grund.«
    Ich schluckte. »Glaubst du … glaubst du, du kannst sie verfolgen und sie zurückholen?« Es kam mir so vor, als hätte der Nebel begonnen, sich aufzulösen, während die Sonne höher kletterte; ich konnte jetzt ein kurzes Stück über die Marschen sehen, der dunkle trügerische Schlamm hier und da war von niedrigen Büschen unterbrochen. Diese Vegetationsinseln waren zu weit voneinander entfernt, als dass irgendjemand einfach nur von der einen zur anderen springen konnte. Früher oder später musste er seinen Fuß auf diese schwarzbraune schwammartige Oberfläche stellen und sich darauf verlassen, dass sie sein Gewicht trug. Und das wäre nur möglich, wenn man den Weg genau kannte. Dennoch, sie waren die Besten. Wenn sie sagten, sie könnten Niamh herüberführen, dann konnten sie es.
    »Eamonn! Um Gottes willen, was ist geschehen? Sie sagen, Niamh …« Fionn kam im Laufschritt, die Stiefelsohlen knirschten auf den Steinen. Er war bleich, seine Miene grimmig.
    »Ich bedauere dies zutiefst«, erklärte Eamonn förmlich, und ich begriff, dass es tatsächlich seine Stellung bei seinen Verbündeten schädigen würde, dass so etwas direkt vor seiner Tür geschehen war, beinahe vor seiner Nase. Kein Wunder, dass der Bemalte Mann wegen seiner Dreistigkeit einen solchen Ruf hatte. »Es sieht aus, als wäre sie entführt worden, und es besteht kein Zweifel, wer dafür verantwortlich ist. Meine Wachen haben sie deutlich gesehen. Ein Mann mit rabenschwarzer Haut und ein anderer, der ein eindeutiges Muster auf Gesicht und Arm trug. Das sind dieselben Fianna, die meine Krieger getötet und mich gezwungen haben, dabei zuzusehen. Ein Glück, dass meine Bogenschützen sie vertrieben haben, bevor auch Liadan entführt wurde.«
    »Welchen Weg haben sie genommen?«, wollte Fionn wissen, und seine Miene erinnerte mich daran, dass er ein Uí Néill war und ein Anführer. »Ich werde diesem Burschen Arme und Beine abschneiden, wenn ich ihn finde! Wohin sind sie geflohen?«
    »Du kannst ihnen nicht folgen«, sagte Eamonn schlicht. »Das ist meine Aufgabe und die meiner Männer, die wissen, wie man den Sumpf sicher überquert, und das einigermaßen schnell tun können. Ich werde mein Bestes tun, deine Frau zurückzubringen, und ich schwöre, ich werde nicht ruhen, bis diese Verbrecher ihre gerechte Strafe erhalten haben. Jetzt muss ich gehen, und zwar schnell.«
    »Gerechtigkeit?«, fragte Fionn leidenschaftlich. »Gerechtigkeit ist zu gut für sie. Lass mich einen Augenblick mit diesem Abschaum und einer Axt allein, und ich werde ihnen noch ein paar schönere Muster in ihre gesetzlosen Häute schneiden. Sprich nicht zu mir oder Niamhs Schwester hier von Gerechtigkeit.«
    »Geh nach drinnen, Liadan.« Eamonn ging nun auf den Rand der Marsch zu. Zwei seiner Männer warteten dort bereits, ihre grünen Hemden unter Umhängen von einer schlammbraunen Farbe, ihre Reitstiefel hatten sie gegen weicheres, beweglicheres Schuhwerk getauscht. Sie trugen enge Kapuzen und Dolche und Wurfmesser am Gürtel. Eamonn zog seine Obergewänder aus und kleidete sich rasch auf dieselbe Weise. Jeder Mann trug einen Stock, der höher war als er selbst.
    »Also

Weitere Kostenlose Bücher