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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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seinen Männern saß. Der Junge drehte sich um.
    »Ciarán, Herr.«
    Liam nickte. »Ihr seid in meinem Haus willkommen, Ciarán, wann immer mein Bruder Euch mitbringen möchte. Wir wissen hier unsere Geschichten und unsere Musik zu schätzen, nachdem all das einmal beinahe aus diesen Hallen verschwunden war. Seid in der Tat willkommen, alle von der Bruderschaft und Schwesternschaft, die heute am Brighidsabend unser Haus mit ihrer Anwesenheit ehren. Wer möchte jetzt Harfe oder Flöte spielen oder uns ein Lied von verlorenen und gewonnenen Schlachten singen?«
    Mein Onkel, der schließlich ein guter Taktiker war, versuchte offenbar, bewusst sicheres Gelände zu erreichen. Der junge Mann, der sich Ciarán nannte, kehrte wieder zurück zu der Gruppe grau gewandeter Gestalten, die still in einer Ecke saßen, und dann wurden Metkrüge herumgereicht, Fiedel- und Flötenklänge ertönten, und der Abend ging in vollendeter Harmonie weiter.
    Nach einer Weile sagte ich mir, ich müsse dumm gewesen sein. Eine überreizte Fantasie, das war alles. Es war ganz natürlich für Niamh, mit jungen Männern zu spielen; sie tat das ohne nachzudenken. Es lag keine wirkliche Absicht darin. Dort saß sie nun und lachte und scherzte mit ein paar von Liams jungen Kriegern. Was die Geschichte anging, so war es nicht ungewöhnlich, die Beschreibung eines Helden oder einer Dame einer der Anwesenden entsprechend zu gestalten. Ein Junge, der in den heiligen Hainen aufgewachsen war, weit entfernt von der Halle eines Herrn und Häuptlings, hatte vermutlich wenig Beispiele, wenn es darum ging, von unvergleichlicher Schönheit zu sprechen. Es war also kaum überraschend, dass er sich als Vorbild die schöne Tochter des Hauses wählte. Es war harmlos. Ich war dumm. Die Druiden würden in den Wald zurückkehren, und dann würde Eamonn wiederkommen, und er würde Niamh heiraten, und alles würde so sein, wie es sein sollte. Wie es sein musste. Als es auf Mitternacht zuging und wir uns bereitmachten, ins Bett zu gehen, hatte ich mich beinahe selbst überredet. Beinahe. Als ich auf die Treppe zuging, die Kerze in der Hand, warf ich zufällig noch einen Blick durchs Zimmer und begegnete dem stetigen Blick meines Onkels Conor. Er stand bei einer Gruppe von Menschen, die redeten und lachten und ihre Kerzen an einer Lampe entzündeten. Er war so reglos, als bestünde er aus Stein, wären seine Augen nicht gewesen.
    Vergiss es nicht, Liadan. Es geschieht, wie es geschehen muss. Folge deinem Weg voller Mut. Etwas anderes können wir nicht tun.
    Aber  … aber …
    Er hatte sich bereits abgewandt, und ich konnte seine Gedanken nicht mehr berühren. Aber ich sah Sean, wie er mir abrupt den Kopf zuwandte, weil er meine Verwirrung spürte, ohne sie zu verstehen. Es war zu viel. Namenlose schlechte Vorzeichen, plötzliches Schaudern, geheimnisvolle Warnungen. Ich wollte nur noch mein stilles Zimmer und einen Schluck Wasser und dann schlafen. Schlichte, sichere Dinge. Ich griff nach meinem Kerzenhalter, raffte die Röcke und ging nach oben ins Bett.

KAPITEL 2
    Es ist nicht einfach, eine Schöllkrauttinktur herzustellen. Die Methode selbst ist nicht schwierig, es sind die Mengen, die das Problem darstellen. Meine Mutter hatte mir beide Arten gezeigt, mit frischen und mit trockenen Blättern, und zerrieb nun die trockenen Blätter mit Mörser und Stößel, während ich die frisch gesammelten klein geschnitten und sie mit einem winzigen bisschen des kostbaren Gebräus getränkt hatte, das Conor benutzt hatte, um den Segen Brighids auf unsere Felder herabzurufen. Ich folgte Sorchas Anweisungen, froh, nicht zu denen zu gehören, die von schmerzlichen Schwellungen der Haut befallen sind, bei denen dieses besondere Kraut hilft. Die Hände meiner Mutter waren glatt und bleich, trotz all ihrer täglichen Arbeit im Garten und mit Kräutern. Der einzige Schmuck, den sie trug, war ihr Ring, den ihr Mann ihr vor vielen, vielen Jahren geschnitzt hatte. Heute hatte sie ein uraltes Kleid angezogen, das einmal blau gewesen war, und ihr langes Haar war mit einem einfachen Leinenstreifen zurückgebunden. Dieses Kleid, dieser Ring, diese Hände hatten alle ihre eigene Geschichte, und bei dieser Geschichte verharrten meine Gedanken, als ich meine eigene Schale mit Kräutern zubereitete.
    »Gut«, sagte Mutter, die mich beobachtet hatte. »Ich möchte, dass du das nicht vergisst und im Stande bist, den Prozess auch mit anderen Kräutern durchzuführen. Diese Tinktur wird die meisten

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