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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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einen kurzen Augenblick. Ich sah Niamh, die mit ihrem Haar wie goldenes Feuer über einen Waldweg tanzt. Ein Kind, das zum Glücklichsein begabt ist. Und Sean, der sich beeilte, sie einzuholen. Ich sah meine Kinder und die des Roten. Und … und es gab noch ein Kind, ein Kind, das … ausgeschlossen war, am Rand, so dass ich es nicht genau sehen konnte. Aber dieses Kind warst nicht du, Tochter, da bin ich sicher. Wärst du es gewesen, dann hätte ich das gewusst, in dem Augenblick, in dem du zur Welt gekommen bist und man dich in meine Arme legte.«
    »Aber … aber warum war ich nicht da? Sean und ich haben dasselbe Alter. Warum kam ich in deiner Vision nicht vor?«
    »Ich hatte dieselbe Vision früher schon einmal«, sagte meine Mutter leise. »Als ich … aber beide Male warst du nicht da. Nur dieses andere Kind, ausgeschlossen aus dem Bild. Ich glaube, dass du irgendwie außerhalb des Musters stehst, Liadan. Wenn das so ist, könnte es dir große Macht verleihen. Gefährliche Macht. Es könnte dir gestatten … Dinge zu verändern. In diesen Visionen wurde nicht vorhergesagt, dass Seans Geburt noch ein zweites Kind bringen würde. Das trennt dich von allem. Ich habe lange Zeit geglaubt, dass das Feenvolk unsere Schritte führt. Dass sie ihre Pläne durch uns wahr machen. Aber du kommst darin nicht vor. Vielleicht hast du dadurch eine Art von Schlüssel.«
    Es war zu viel für mich. Dennoch, ich musste ihr glauben, denn meine Mutter sagte immer die Wahrheit, nicht mehr und nicht weniger.
    »Was ist dann mit dem dritten Kind in der Vision?«, fragte ich. »Dem Kind am Rand, im Schatten?«
    »Ich kann dir nicht sagen, wer das war. Nur … es war ein Kind, das alle Hoffnung aufgegeben hatte. Das ist etwas Schreckliches. Warum man es mir zeigte, weiß ich nicht. Du wirst es mit der Zeit vielleicht herausfinden.«
    Wieder schauderte ich. »Ich bin nicht sicher, ob ich das will.«
    Mutter lächelte und stand auf. »Diese Dinge neigen dazu, dich zu finden, ob du es willst oder nicht«, sagte sie. »Conor hatte Recht. Es gibt keinen Grund, dass du dich schuldig fühlst oder dir darüber Gedanken machst, was auf dich zukommen wird. Setze einen Fuß vor den anderen und folge deinem Weg. Mehr können wir ohnehin nicht tun.«
    »Hm.« Ich sah sie an. Das klang, als wäre mein eigener Weg ein wenig komplizierter, als mir lieb gewesen wäre. Ich verlangte nicht viel. Die Sicherheit und den Frieden von Sevenwaters, die Möglichkeit, meine Fähigkeiten gut zu nutzen und mich an der Liebe meiner Familie zu wärmen. Ich war nicht sicher, ob ich es in mir hatte, mehr als das zu tun. Ich konnte mich nicht als eine sehen, die vielleicht den Verlauf des Schicksals beeinflusste. Wie Sean darüber lachen würde, wenn ich es ihm erzählen würde!
    ***
    Die Tage zogen dahin, und Eamonn kehrte nicht zurück. Die Druiden verließen uns wieder, gingen leise in der Abenddämmerung in den Wald. Niamh wurde ungewöhnlich still und gewöhnte sich an, oben auf den Dachschindeln zu sitzen, über die Bäume hinauszuspähen und vor sich hin zu summen. Häufig, wenn ich beim Nähen oder der Vorbereitung von Obst zum Trocknen ihre Hilfe brauchte, war sie nirgendwo zu finden. An den Abenden wollte sie nicht reden, sondern lag nur lächelnd auf ihrem Bett, bis sich die Lider über ihre schönen Augen senkten und sie schlief wie ein Kind. Ich schlief weniger leicht. Wir hörten widersprüchliche Berichte aus dem Norden. Eamonn kämpfte an zwei Fronten. Er war aufs Gelände seines Nachbarn vorgestoßen. Er hatte sich bis hinter seine inneren Mauern zurückgezogen. Seine Gegner waren Nordmänner, die zurückgekehrt waren, um eine Küste zu erobern, die wir längst für sicher gehalten hatten. Sie hatten Siedlungen tief im Süden, an der Mündung eines großen Flusses, und sie versuchten, ihre Ländereien an der Küste entlang auszudehnen, selbst ins Herz unseres eigenen Landes. Es waren keine Nordmänner, sondern Briten. Sie waren keins von beidem, sondern Männer, die von weiter her kamen, Männer, die ihre Identität in einem geheimen, rätselhaften Muster auf der Haut trugen. Männer mit Gesichtern wie seltsame Vögel und große, wilde Katzen und Hirsche und Eber; Männer, die lautlos angriffen und gnadenlos töteten. Einer hatte ein Gesicht so schwarz wie der Nachthimmel. Vielleicht waren es nicht einmal Menschen, sondern Krieger aus der Anderwelt. Ihre Waffen waren so seltsam wie ihr Erscheinungsbild: heimtückische Röhren, durch die ein Pfeil

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