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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Schüssel Wasser und eine Haarbürste, während sie in frische Unterwäsche schlüpfte und dann das Kleid über den Kopf zog. Sie drehte mir den Rücken zu, und ich begann, die vielen kleinen Haken zu schließen. Sie atmete immer noch schwer, was meine Aufgabe nicht leichter machte.
    »Du kannst dich wieder umdrehen, Aisling«, meinte ich trocken. »Vielleicht könntest du mit den Haaren helfen. Es ist beinahe Zeit zum Abendessen.« Aisling war geschickt mit den Fingern und besser darin, in der geringen Zeit, die uns noch blieb, mit den zerzausten Locken meiner Schwester etwas Vernünftiges anzufangen. Sie begann, die Haarbürste gleichmäßig durch Niamhs goldenes Haar zu ziehen.
    »Wo um alles in der Welt bist du gewesen?«, fragte sie staunend. »Du hast Stroh im Haar und Blätter, und was sind diese kleinen blauen Blüten?« Sie bürstete weiter, mit so unschuldiger Miene wie eh und je.
    »Du hast uns heute Nachmittag gefehlt«, meinte ich, während ich immer noch an ihrem Kleid beschäftigt war. »Wir haben den Frühlingswein ohne dich gemacht.«
    »Willst du mich dafür etwa tadeln?«, sagte Niamh, drehte sich hin und her, um ihre Röcke zurechtzuzupfen, und verzog das Gesicht, als die Haarbürste eine besonders zerzauste Stelle fand.
    »Es war nur eine Aussage, keine Frage«, meinte ich. »Ich bezweifle, dass irgendjemand außer Aisling und mir gemerkt hat, dass du weg warst. Diesmal zumindest. Wir sind gut ohne dich zurechtgekommen, also brauchst du dich deshalb nicht schuldig zu fühlen.«
    Sie sah mir sehr direkt in die Augen, sagte aber kein Wort – nicht solange Aisling da war. Aisling sah nur das Gute an Menschen und hatte keine Ahnung von Heimlichtuerei und Tücke. Sie war so harmlos wie ein Schaf, obwohl dieser Vergleich vielleicht ein wenig ungerecht war. Sie mochte schlicht sein, aber nicht einfältig.
    Als die ganze Familie am Abendbrottisch saß, spürte ich wieder dieses Unbehagen. Unsere Mahlzeit war einfach. Zum Teil, weil meine Mutter kein Fleisch anrührte, aßen wir immer recht schlicht, hauptsächlich Getreide und Gemüse von den Bauernhöfen, die zur Festung gehörten. Janis hatte ein großes Repertoire an schmackhaften Eintöpfen und guten, ehrlichen Broten, und es ging uns hervorragend dabei. Die Männer aßen vielleicht einen gebratenen Vogel oder zwei, und hin und wieder wurde für sie ein Schaf geschlachtet, denn sie arbeiteten schwer, sei es nun auf den Bauernhöfen oder als Krieger, und sie waren nicht immer zufrieden mit einer Mahlzeit aus Kürbis und Bohnen und Roggenbrot. An diesem Abend freute ich mich zu sehen, dass es Mutter gelang, ein wenig Suppe und ein Stück Haferbrot oder zwei zu essen. Sie war so dünn geworden, dass sie der Nordwind sicherlich hätte davontragen können, und es war nie leicht gewesen, sie zum Essen zu überreden. Während ich sie beobachtete, spürte ich Iubdans Blick auf mir, und ich sah ihn nur kurz an, denn ich konnte seine Miene nicht ertragen. Sein Blick sagte, dies ist ein langer Abschied, und dennoch genügt die Zeit nicht. Ich habe keine Möglichkeit, damit zurechtzukommen, ich kann es nicht lernen. Ich würde mich anklammern und anklammern, bis meine Hand nur noch Leere umfängt.
    Niamh saß sauber und ordentlich wie eine Katze da, aß ihre Suppe und schlug den Blick nieder. Nicht ein Haar war, wo es nicht hingehört hätte. Das viel sagende Glühen der Wangen war verschwunden, ihre Haut golden und glatt im Licht der Öllampen. Ihr gegenüber saß Sean mit Aisling neben sich, und sie flüsterten miteinander und hielten sich unter dem Tisch an den Händen. Nach dem Abendessen gab es keine Geschichten, nicht an diesem Abend. Stattdessen zog sich die Familie auf Liams Anweisung in eine kleine ruhige Kammer zurück, wo man unter sich war, und überließ die Männer und Frauen des Haushalts ihren Liedern und dem Bier am Küchenfeuer.
    »Du hast Neuigkeiten, Liam«, sagte mein Vater, sobald wir uns hingesetzt hatten. Ich goss Wein ein, zunächst meiner Mutter, dann meinem Onkel, meinem Vater, Sean, und schließlich den beiden anderen Mädchen.
    »Danke, Liadan.« Liam nickte mir anerkennend zu. »Ich habe tatsächlich Neuigkeiten, die ich bis jetzt zurückgehalten habe, denn Aisling sollte die Erste sein, die es erfährt. Gute Neuigkeiten, Kind«, fügte er hastig hinzu, als Aisling erschrocken den Kopf hochriss, weil sie zweifellos das Schlimmste befürchtete. »Es geht deinem Bruder gut, und er sollte noch vor Beltaine hier sein, um dich

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