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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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volle Wahrheit über die Sünde erfuhr, die sie begangen hatten. Ohne die Last dieser Schuld, so glaubten wir, würde sie es besser hinter sich lassen und neu beginnen können. Wir haben sie gut verheiratet, sie war weit weg und sicher von allem Schaden. Was Sean anging, so wollte niemand, dass er losrannte, das Schwert in der Hand, und Wiedergutmachung von Ciarán verlangte. Sean sollte ein Anführer sein, weise wie sein Onkel und sein Vater. Es war das Beste, dass er es nicht wusste. Und wenn er es nicht erfahren sollte, konnten wir es auch kaum dir erzählen.«
    »Was ist mit Ciarán?«, fragte ich grimmig. »Denn es kommt mir vor, als sei er von alldem am schlechtesten behandelt worden. Sein ganzes Leben war eine Lüge.«
    »Wir sagten ihm an jenem Abend die Wahrheit.« Conor klang wie ein alter Mann, müde und traurig. »Ich konnte nicht weniger tun. Was er und Niamh getan hatten, war eine Abscheulichkeit und gegen jedes Gesetz der Natur.«
    »Sie handelten in vollkommener Unschuld.« Meine Stimme zitterte.
    »Das gebe ich zu«, sagte er ernst. »Es war dennoch verboten und konnte in keiner Weise gutgeheißen werden. Es war das Beste, dass Niamh heiratete und von vorn begann. Was Ciarán angeht, er hat seinen eigenen Weg gewählt. Darin sah ich den Einfluss seiner Mutter, der sich wieder einmal über uns erhob.«
    Ich warf einen Blick hinauf zu Fiacha, der oben auf der Weißdornhecke saß und sein Gefieder putzte. Endlich hatte mein Onkel mir die Wahrheit gesagt. Aber es war vollkommen klar, dass ich nicht im Stande sein würde, den Gefallen zu entgegnen. Nicht jetzt und vielleicht niemals. »Weißt du, wohin Ciarán gegangen ist, als er von Sevenwaters floh?«, fragte ich vorsichtig. »Glaubst du, dass Lady Oonagh immer noch lebt und dass er sie aufgesucht hat?«
    »Einige Dinge scheinen zu schrecklich, als dass man sie laut aussprechen könnte. Ja, das ist möglich. Und wie er sie erreichen konnte … nun, es gibt Möglichkeiten. Ciarán kennt sich aus; er könnte eine solche Reise unternommen haben, obwohl das unklug wäre. Ich habe nichts von ihm gehört, seit er von hier weggegangen ist, Liadan.«
    »Du hast ihn weggeschickt, obwohl du wusstest, dass er so etwas versuchen könnte?«
    »Ich habe ihn nicht weggeschickt. Er hätte bei uns bleiben können. Er war – er war ein hervorragender Schüler und zu großen Dingen fähig, ausgesprochen gut, was die Künste des Geistes und die der Magie angeht. Es war nicht notwendig, dass er uns verließ. Die Gefahr durch seine Abstammung hätte viel besser im Rahmen des heiligen Kreises beherrscht werden können, in unserer Gemeinschaft. Er selbst hat sich entschieden zu gehen. Er selbst hat sich entschieden, es hinter sich zu lassen. Ich habe versagt, Liadan. Ich habe ihn verraten, und am Ende auch meine Familie.«
    »Du hast mir einmal gesagt«, sagte ich, »ich sollte keine Schuld empfinden, weil die Dinge sich entwickelten, wie sie sich entwickeln mussten. Das war vor langer Zeit, am Anfang dieser langen Geschichte. Nun höre ich dich sagen, dass es irgendwie deine Schuld ist. Vielleicht irrst du dich, was das angeht, vielleicht ist alles Teil eines Musters, eines so großen Musters, dass wir nicht mehr davon erkennen können als den winzigen Teil, zu dem wir gehören. Das war es, was das Feenvolk mir gesagt hat, dass wir es nicht verstehen könnten, und dass unsere Entscheidungen daher manchmal fehlerhaft seien. Es kommt mir manchmal so vor, als wären wir nichts weiter als Marionetten, deren Fäden sie ziehen, wie es ihnen passt. Aber ich glaube, wir haben größere Macht, als sie zugeben wollen, oder warum sonst sollte es für sie so wichtig sein, ob ich einen Weg beschreite oder den anderen? Warum wäre es sonst so wichtig, dass Johnny in Sicherheit bleibt? Vielleicht sind es tatsächlich wir kleinen Menschen, die die Prophezeiung erfüllen, ganz gleich, was sie uns erzählen.«
    »Und immerhin«, meinte Conor leise »waren es menschliche Kraft und Durchhaltevermögen, die bewirkten, dass Lady Oonaghs schwarzer Zauber rückgängig gemacht wurde, nicht die Einmischung der Túatha De. Du sagst also, dass ich mich in Bezug auf Ciarán geirrt haben könnte?«
    »Nach allem, was du mir erzählst, ist er weder schwach noch unwissend. Trotz seines Zorns ist er sicher ein junger Mann, der seine Entscheidungen vorsichtig und mit einiger Klugheit trifft. Ich kann nicht glauben, dass er, nur weil er ihr Sohn ist, in seinem Leben Böses tun muss. Das zu sagen wäre, als

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