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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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die Menschen nicht zu beunruhigen. Dann geschah, was man vorhergesehen hatte, und man fühlte sich schrecklich schuldig. Hätte ich es ihnen nur gesagt, hätte ich sie nur gewarnt  … im Augenblick behielt ich die Vision für mich. Und ich fragte Sean nicht, was er mit dem Bemalten Mann besprochen hatte und worin der Preis für einen solchen Dienst wohl bestand. Ich wusste, dass er es mir nicht sagen würde. Aber wir waren vorsichtig miteinander, und es war unangenehm. Es war, als würde das, was jeder von uns von Bran wusste, uns so misstrauisch machen, als ob unser einzelnes Wissen zusammengefügt auf irgendeine Weise gefährlich werden könnte. Von meinem Vater hörten wir nichts, und langsam ging der Herbst in den Winter über und die Ernte war zu Ende. Die Zeit, um das Vieh zum Schlachten auszuwählen, war bereits vorüber, und die Ernte war untergebracht und Butter und Käse für die kalte Jahreszeit beiseite geschafft. Alle im Haushalt waren irgendwie unruhig, und drunten in der Siedlung erkrankten einige an einem üblen Husten.
    »Wo ist Iubdan, wenn ich ihn brauche?«, hörte ich Liam murmeln, wenn er auf dem Hof umherging und alle möglichen Leute ihn gleichzeitig mit Fragen bedrängten.
    Der Mond vollzog einmal, zweimal seinen Kreislauf, und die Nächte wurden kälter. Ich entzündete meine Kerze, sah zu, wie mein Kind wuchs und spürte eine Kälte in der Luft, die nicht nur mit dem Winter zusammenhing. Ich dachte an den Bemalten Mann, der irgendwo außerhalb des Waldes unterwegs war, vielleicht sogar außerhalb der Grenzen von Erin selbst, auf einem gefährlichen Auftrag. Einem selbstmörderischen Auftrag. Mein Bruder war ungewöhnlich schweigsam, und ich konnte ihm ansehen, wie unruhig er war. Er und Liam unterhielten sich lange allein und einmal mit Seamus Rotbart, der innerhalb von zwei Tagen kam und wieder ging. Irgendetwas stand bevor, und sie sprachen nicht darüber. Niemand erwähnte Fionns Tod. Ich hielt meinen Mund. Aber ich fürchtete um Bran und sagte mir, wenn ich jemals die Gelegenheit haben sollte, werde ich es ihm das nächste Mal offen sagen. Es war einfach kein Leben, immer so warten zu müssen; die kurzen Augenblicke, die wir miteinander verbrachten, damit zu verschwenden, uns zu verabschieden. Ich würde ihn vor die Wahl stellen, sein Leben zu ändern, seine Fähigkeiten anderen Zielen zuzuwenden oder mir für immer den Rücken zu kehren. Und dennoch, ich glaubte zu wissen, wie seine Antwort lauten würde, und fürchtete, es ihn aussprechen zu hören.
    Dann kam eine Nacht, in der meine Visionen zu zahlreich und zu finster wurden, und ich war gezwungen, sie mit anderen zu teilen. Vielleicht hatte ich zunächst geschlafen, vielleicht waren es nur Alpträume. Es waren nur Fragmente, als wären in meinem Geist viele Zeiten und Orte zusammengekommen und umhergewirbelt und dann wie giftige Pfeile wieder auf mich eingedrungen. Ich sah einen uralten Mann, der allein durch die leeren Hallen von Sevenwaters ging, die knorrigen Finger um einen Eibenstock geschlungen, auf den er sich stützte. Er murmelte vor sich hin: Sie sind alle weg … keine Söhne, keine Töchter  … wie kann der Wald gerettet werden, wenn es in Sevenwaters keine Kinder gibt? Und ich sah, dass dieser verkrüppelte alte Mann mein Bruder Sean war. Das Bild änderte sich abrupt. Einen Augenblick lang war alles dunkel, und ich befand mich an einem engen Ort, meine Beine verkrampft und eingezwängt, und ich konnte nicht atmen. Es war heiß, so heiß und eng, und jemand schrie, aber es war so schwer, Luft zu bekommen, und der Schrei war kaum mehr als ein Flüstern: Wo bist du? Ich riss abrupt die Augen auf und fand mich keuchend und zitternd auf meinem Bett in Sevenwaters, und als mein Entsetzen nachließ, erkannte ich, dass es nicht vollkommen dunkel war, denn die kleine Kerzenflamme brannte immer noch. Mein Herz klopfte heftig, und ich spürte kalten Schweiß auf der Haut. Und es war noch nicht vorüber, denn in dem stillen Zimmer sah ich eine weitere Vision: zwei Menschen, die miteinander stritten, Aisling und ihren Bruder. Hinter ihnen sahen die gemeißelten Geschöpfe in der Halle von Sidhe Dubh Unheil verkündend zu. Das kannst du nicht tun!, rief Aisling, die Augen geschwollen vom langen Weinen. Du hast bereits zugestimmt! Du hast dein Wort gegeben! Eamonns Miene war kalt wie die eines Briten, der ein Urteil abgibt und eine Strafe verkündet. Dieses Bündnis ist nicht mehr angemessen, sagte er. Ich habe meine

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