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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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halten.«
    »Warum schläft er nicht? Ihr wollt mir doch hoffentlich nicht erzählen, dass er sich beim Verschwinden des Monds in ein Ungeheuer verwandelt – vielleicht halb Mensch, halb Wolf?«
    Möwe kicherte. »Der doch nicht! Er kann nur nicht schlafen. Ich kann dir nicht sagen, warum. Es ist so, seit ich ihn kenne. Sechs, sieben Jahre. Er bleibt wach, bis es dämmert.«
    »Hat er Angst einzuschlafen?«
    »Er? Angst?« Schon die Idee schien ihm lächerlich vorzukommen.
    Möwe begleitete mich zurück zum Unterschlupf und ließ mich dort. Bran war drinnen, die Hand auf der Stirn des Schmieds, und sprach leise mit ihm. Es war nur eine Laterne angezündet, und sie breitete einen goldenen Schimmer über die Felswände und den Mann, der auf dem Strohsack lag. Sie berührte Brans Züge mit Licht und Schatten und ließ den grimmigen Mund weicher wirken.
    »Er ist wach«, sagte er, als ich hereinkam. »Gibt es etwas, wobei du Hilfe brauchst, bevor ich nach draußen gehe?«
    »Ich komme schon zurecht«, sagte ich. Schlange hatte auf meine Anweisung hin eine Schale Wasser mit ein paar der rasch schwindenden Heilkräuter vorbereitet, und ich stellte sie auf einen Hocker am Bett.
    »Du bist ein gutes Mädchen«, sagte Evan schwächlich. »Ich habe das schon öfter gesagt, aber ich werde es weiterhin sagen.«
    »Schmeichelei wird dir auch nicht helfen«, sagte ich und knöpfte sein schweißdurchtränktes Hemd auf.
    »Das weiß ich nicht.« Es gelang ihm, schief zu grinsen. »Es passiert mir nicht jeden Tag, dass eine schöne Frau wie du mich auszieht. Das ist es beinahe wert, den Arm dafür zu verlieren.«
    »Ach, lass das«, sagte ich und wischte ihm mit dem feuchten Tuch über den Körper. Er hatte schrecklich abgenommen; ich konnte die Rippen deutlich unter seiner Haut spüren und sah die tiefen Höhlen an seinen Schlüsselbeinen. »Du bist ohnehin zu dünn für meinen Geschmack«, sagte ich ihm. »Wir werden dich ordentlich auffüttern müssen. Du weißt, was das bedeutet: noch mehr Brühe, bevor ich dich schlafen lasse.«
    Sein Blick war so vertrauensvoll wie der eines treuen Hundes, als ich ihm über die Stirn fuhr.
    »Bran. Schlange hat den Topf mit Brühe zum Abkühlen am Kohlebecken gelassen. Könntest du mir davon etwas in einem Becher holen?«
    »Brühe«, sagte Evan angewidert. »Brühe! Könnt ihr einem Mann nichts Anständiges zu essen bringen?«
    Aber am Ende fiel es ihm schwer genug, sogar diese ein, zwei Schlucke zu trinken. Und ich musste Bran bitten, mir zu helfen und den Kopf des Schmieds zu heben, während ich ihm die Mixtur zwischen die Lippen löffelte. Evan würgte trotz seiner Anstrengungen.
    »Ganz langsam atmen, wie ich dir gesagt habe«, meinte ich leise. »Du musst versuchen, das im Magen zu behalten. Noch einen Löffel.«
    Bald war er erschöpft. Und er hatte nur so wenig gegessen! Schweißperlen standen ihm bereits auf der Stirn. Ich würde ein paar aromatische Kräuter verbrennen müssen, denn es gab keine Möglichkeit, ihm genug Schlaftrunk einzuflößen, um ihm etwas Erleichterung zu verschaffen. Er sprach nie von seinen Schmerzen, nur im Scherz, aber ich wusste, dass sie schrecklich waren.
    »Könntest du das Kohlebecken ein wenig weiter hereinschieben?«
    Bran sagte nichts, aber er tat, was ich ihm auftrug. Er beobachtete mich schweigend, als ich alles, was ich brauchte, aus meinem Gepäck holte, und die Mischung auf die noch immer glühenden Kohlen streute. Es war nicht mehr viel übrig. Aber drei Tage waren nicht lang. Ich gestattete mir nicht, über diesen Punkt hinauszudenken. Der durchdringende Geruch erhob sich in die Luft. Hanf, Fichtennadeln, Wacholder. Wenn es mir nur gelungen wäre, dem Mann ein wenig Tee einzuflößen, denn nur eine halbe Tasse Lavendel- und Birkenblättertee kann den Schmerz lindern und heilenden Schlaf bringen. Aber ich hatte nicht die Zutaten für einen solchen Tee, und Evan hatte nicht die Energie, ihn zu trinken. Außerdem war Mittsommer schon vorbei. Birkenblätter sind für diesen Zweck nur gut, wenn man sie frisch benutzt und im Frühling pflückt. Ich wünschte mir, dass meine Mutter bei mir wäre. Sie hätte gewusst, was zu tun war. Der Schmied wurde ruhiger, schloss die Augen halb, aber sein Atem ging schwer. Ich wrang das Tuch aus und begann aufzuräumen.
    »Was, wenn Conlai nie den Namen seines Vaters erfahren hätte?«, sagte Bran plötzlich vom Eingang her. »Was, wenn er zum Beispiel in der Familie eines Bauern oder bei heiligen Brüdern in einem

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