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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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legten den bewusstlosen Evan auf eine Decke. Ich wollte absteigen, sie brauchten mich, aber meine verkrampften Glieder gehorchten mir nicht. Das Pferd blieb geduldig stehen.
    »Hier.« Ich spürte feste Hände an meiner Taille und wurde so leicht zu Boden gehoben, als wäre ich ein kleines Kind. Er ließ mich sofort los, und meine Beine gaben unter mir nach. Ich hielt mich am Zaumzeug fest und keuchte über den Schmerz.
    »Du weinst um andere, aber nicht um dich selbst«, sagte Bran. »Ich frage mich warum? Jemand muss dir eine gewisse Selbstdisziplin beigebracht haben.«
    Ich holte einmal, zweimal tief Luft. »Es hätte wenig Sinn, oder?«, flüsterte ich mit trockenem Mund. »Könntest du mir zeigen, wo sie den Schmied hinbringen? Ich werde gebraucht.«
    »Kannst du laufen?«
    Ich versuchte einen Schritt, immer noch das Zaumzeug in einer Hand. Das Pferd bewegte sich seitwärts.
    »Nicht sehr überzeugend«, meinte Bran. »Zweite Kampfregel. Bluffe nicht, wenn du damit nicht durchkommen kannst. Dein Feind sieht deine Schwäche aus einer Meile Entfernung. Wenn du nicht die Kraft zum Kämpfen hast, gib es zu und zieh dich zurück. Versuche es später noch einmal oder setze stattdessen deinen Kopf ein. Wenn nötig, nimm Hilfe an. Hier.« Er streckte die Hand aus, und ich fand mich gestützt und in die Richtung eines niedrigen Eingangs geführt, der kaum mehr als ein hölzerner Türsturz über grob behauenen Pfosten war, ein alter Durchgang, der offenbar direkt in einen grasbewachsenen Hügel führte. Der Abend wurde immer seltsamer. Eine Eule schrie, und ich blickte auf. Über uns, durch das Gewebe der Zweige, konnte ich einen hauchdünnen Mond am schwarzen Himmel sehen. Ich spürte Brans Blick auf mir, als er mir weiterhalf, aber ich sagte kein Wort. Wir erreichten den Eingang, durch den die anderen verschwunden waren, und etwas ließ mich innehalten.
    »Ich denke, wir sollten nicht hier sein«, sagte ich, als eisige Kälte mich umfing, und dunkler Nebel schien uns beide zu umfassen, als wir dort vor der Tür standen. »Dieser Ort ist … es ist ein sehr alter Platz, einer der Alten. Wir sollten nicht hier sein.«
    Bran runzelte die Stirn. »Wir haben hier schon häufig Schutz gesucht«, sagte er und legte eine Hand lässig auf den uralten Türsturz, von dem winzige, undurchschaubare Gesichter zwischen den Spiralmustern, die ins Holz geschnitzt waren, auf uns niederschauten. Wenn je eine Hand tatsächlich dorthin gehört hatte, war es die seine. »Wer immer diesen Ort benutzt hat, ist lange weg; jetzt ist er ideal für uns, geheim, sicher, leicht zu bewachen, mit verborgenen Ausgängen, durch die wir rasch verschwinden können. Es ist ziemlich sicher.«
    Aber ich war von Schrecken erfüllt, einer eiskalten, finsteren Vorahnung, die ich schlecht erklären konnte und am allerwenigsten ihm. »Es ist Tod hier«, sagte ich. »Ich sehe es. Ich spüre es.«
    »Wie meinst du das?«
    Dann blickte ich zu ihm auf, und einen Augenblick lang sah ich statt des Gesichts eines harten, lebendigen jungen Mannes, halb mit Mustern überzogen, halb nackt, eine schreckliche Maske, aschefarben, den Mund im Tod starr verzogen, die grauen Augen starrend und leblos. Irgendwo hörte ich ein Kind schreien. Du hast mich losgelassen … du hast mich losgelassen … eine kleine Hand streckte sich verzweifelt aus, aber ich konnte sie nicht erreichen. Sie brachten mich weg, ich konnte nicht zu ihm …
    »Was ist es? Was siehst du da?« Er hatte die Hände auf meinen Schultern; sein Griff riss mich wieder in die Gegenwart.
    »Ich … ich …«
    »Sag es mir. Was hast du gesehen?«
    Ich musste mich anstrengen, ruhig zu atmen. Ich hatte zu tun, ich durfte mich nicht auf diese Weise überwältigen lassen.
    »Nichts. Es ist nichts.«
    »Du lügst nicht gut. Sag es mir. Was ist es, das dich so beunruhigt – du siehst mich an, und du siehst … etwas, das dich erschreckt. Sag es mir.«
    »Tod«, flüsterte ich. »Schrecken. Schmerz. Trauer und Verlust. Ich weiß nicht, ob es Vergangenheit oder Zukunft ist, was ich sehe, oder beides.«
    »Wessen Vergangenheit? Wessen Zukunft?«
    »Deine. Meine. Dieser Schatten umhüllt uns beide. Ich teile deinen Alptraum. Ich sehe einen Pfad, der gewunden und zerrissen ist. Ich sehe einen Weg, der ins Dunkel führt.«
    Wir standen schweigend da, die Nacht hinter uns, die Türöffnung vor uns.
    »Das hier ist unsere einzige Zuflucht in dieser Gegend«, sagte er nach einer Weile. »Wir haben keine andere Wahl.«
    Ich

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