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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Eingang in die Kammer. Es war Morgen. Ich setzte mich auf. Die Kammer war leer, der Boden nackt, alle Anzeichen, dass sich Menschen hier aufgehalten hatten, verschwunden – alles bis auf meine Decke und meine kleine Tasche und mein Werkzeug. Und der Schmied lag neben mir und schlief und atmete schwer.
    Wieder sah ich mich um. Nichts. Sie waren alle verschwunden. Sie hatten mich allein gelassen. Keine Angst, Liadan, sagte ich mir, als mein Herz schnell zu schlagen begann. Ich würde nicht viel Zeit haben, bevor Evan erwachte und mich brauchte. Also musste ich Wasser finden. Sehen, ob es möglich war, ein Feuer zu machen. Darüber hinaus konnte ich nichts planen.
    Neben meiner Tasche befanden sich eine kleine Schüssel und ein Eimer. Mit diesen Dingen in der Hand ging ich durch den schmalen Eingang und zwinkerte, als ich in einen wunderschönen Sommermorgen hinaustrat.
    »Am Nordende des Hügels gibt es einen Bach und einen Tümpel, wo du dich waschen kannst.«
    Er hatte mir den Rücken zugewandt und einen Bogen über der Schulter, aber der rasierte Kopf und die bizarre, geschmückte Haut machten sofort deutlich, mit wem ich es zu tun hatte. Ich war beinahe ebenso wütend wie erleichtert und wurde unvorsichtig. »Du! Von dir hätte ich am wenigsten erwartet, dass du hier bleibst.«
    »Hättest du vielleicht einen anderen vorgezogen?«, fragte er und drehte sich um. »Einen, der dir schmeichelt und süße Worte spricht?«
    »Rede keinen Unsinn!« Ich war entschlossen, ihm nicht zu zeigen, dass ich mich allein geglaubt hatte. Ich wollte nicht, dass er von meiner Angst erfuhr. »Es wäre mir am liebsten, wenn keiner von euch hier geblieben wäre. Warum bist du nicht bei deinen Männern? Sie blicken zu dir auf. Der Hauptmann. Beinahe so etwas wie ein Gott. Ich verstehe nicht, wie du sie losschicken und zurückbleiben kannst. Du hättest einen anderen hier lassen können, um mich zu bewachen.«
    Er sah mich aus halb geschlossenen Augen an. Die Morgensonne betonte das Hell und Dunkel des Musters auf seinem Gesicht.
    »Es gibt nicht einen, dem ich bei dieser Aufgabe über den Weg trauen würde«, sagte Bran. »Ich habe gesehen, wie sie dich anschauen.«
    »Ich glaube dir nicht.« Das war Unsinn.
    »Außerdem«, meinte er lässig und steckte den Bogen in einen Riss zwischen den Felsen, »ist es eine gute Übung. Sie müssen lernen, mit dem Unerwarteten zurechtzukommen und selbst das Kommando zu übernehmen, wenn das notwendig wird. Sie müssen lernen, immer bereit zu sein. Es gibt andere Anführer unter ihnen. Sie werden diese Herausforderung bestehen.«
    »Wie … wie lange werden sie weg sein?«
    »Lange genug.«
    Da mir nichts mehr zu sagen einfiel, ging ich zum Bach, um mir das Gesicht und die Hände zu waschen und Wasser für meinen Patienten zu holen. Es gab einen stillen Tümpel zwischen den Felsen, und als ich den Eimer hineintauchte, stellte ich mir halb vor, meine Schwester da zu sehen, taillenhoch im Wasser, umschlungen von den Armen ihres Geliebten, ihr feuriges Haar und ihren weißen Körper. Arme, schöne Niamh. Ich hatte kaum einen Augenblick an sie gedacht, seit ich mich von ihr verabschiedet hatte. Sie würde inzwischen in Tirconnell sein und lernen, sich mit ihrem neuen Leben unter Fremden zurechtzufinden. Ich schauderte. Ich konnte mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben als in Sevenwaters, ich wollte niemals so weit von allem entfernt sein, was so sehr zu mir gehörte. Wenn man jemanden liebte, konnte man das vielleicht tun, ohne sich entzweigerissen zu fühlen. Aber die Wälder hielten alle fest, die dort geboren waren, und sie können nicht weit reisen, ohne sich bald nach ihrer Heimat zu sehnen. Im Herzen fürchtete ich um meine Schwester. Und was Ciarán anging – niemand wusste, welchen Weg er eingeschlagen hatte.
    Der Tag ging weiter. Evan hatte Schmerzen, schwitzte, übergab sich und redete Unsinn. Bran erschien und verschwand wieder, sprach wenig, half mir, den Schmied zu heben und umzudrehen, machte Wasser heiß und tat, worum ich ihn bat. Ich musste widerstrebend zugeben, dass er recht nützlich war. Einmal, als Evan schlief, rief er mich hinaus, befahl mir, mich hinzusetzen und gab mir einen Teller mit Eintopf und trockenem Brot und einen Becher Bier.
    »Tu nicht so überrascht«, sagte er, setzte sich mir gegenüber auf den Boden und begann selbst zu essen. »Du musst essen. Und es ist sonst niemand da, der für dich sorgen könnte.«
    Ich schwieg.
    »Oder glaubst du etwa, du wärst

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