Der Sohn des Alchemisten
schaute die anderen triumphierend an. »Was, wenn Jakob recht hat und sein Vater zum Goldmachen tatsächlich auf die Bühne soll?«
»Dann steht er dort oben und schaut recht dumm! Du redest in Rätseln!« Gil kratzte sich am Kopf.
»Aber mit ein wenig Glück kann er sich von der Bühne wegzaubern . . .«, meinte Pepe und lachte über ihre verdutzten Gesichter.
»Wegzaubern?«, wiederholte Marie verständnislos.
»Wie oft soll ich es euch noch sagen?«, fiel ihr Jakob genervt ins Wort. »Mein Vater ist kein Zauberer! Er ist ein Gelehrter.«
»Ich habe vorhin ein Mädchen mit einer Flöte beobachtet«, erklärte Pepe. »Erst stand es auf der Bühne und dann war es plötzlich weg. Als hätte es sich weggezaubert!«
Die anderen starrten Pepe an. Meinte er es ernst?
Pepe grinste. »Also muss es bei der Bühne einen Trick geben. Was haltet ihr davon, sie einmal genauer anzuschauen?«
»Husch, husch, hinein, wir haben die Hühner gefangen!«, hörten sie in diesem Augenblick Marthas Stimme aus der Küche rufen. »Kerl, du bist wieder mit Rupfen dran!«
Jakob stöhnte auf. »Sie ruft mich!«
»Dann musst du wohl hineingehen«, sagte Jorge. Sehr mitleidig klang er nicht.
»Aber . . . wir wollten doch zur Bühne und meinen Vater retten!« Jakob schaute mürrisch von einem zum anderen.
»Schicksal«, meinte Jorge. »Du bist eben unser bester Rupfer!«
»Sehr komisch!« Widerwillig machte sich Jakob auf den Weg in die Küche.
Pepe grinste. »Jetzt ist er wenigstens aufgeräumt. Nicht, dass er wieder auf dumme Gedanken kommt.«
Aber auch die anderen Kinder kamen nicht um ihre nächste Aufgabe herum, denn Martha reichte ihnen Eimer heraus, die sie am Brunnen auffüllen sollten.
»Wie gut, dass der Brunnen gleich bei der Bühne liegt«, flüsterte Pepe und kicherte. »Gleich wissen wir, wie man sich aus dieser Burg wegzaubern kann.«
Marie stellte staunend ihren Wassereimer ab. Wie viele Instrumente die Spielleute hatten! Auf der Bühne richtete gerade einer der Musiker eine Drehleier her, neben ihm stand der Dudelsackspieler und polierte seine Pfeifen. Trommeln und Schellenkränze lagen herum, weiter hinten konnte Marie ein Instrument mit vielen Saiten sehen, dessen Namen sie nicht kannte. An einem Querbalken waren über der Bühne rote und blaue Vorhänge befestigt, die im Wind flatterten.
»Da! Die da vorne habe ich gemeint!« Pepe deutete auf ein schwarzhaariges Mädchen, das am Rand der Bühne saß und Grütze aß. »Die ist vorhin einfach verschwunden.«
Als das Mädchen die Kinder näher kommen sah, schaute es überrascht auf.
»Prima«, rief es und deutete auf die Eimer, die sie amBrunnen aufgefüllt hatten. »Endlich bringt mir jemand was zu trinken!«
»Mund auf!« Gil grinste und schlenkerte mit seinem Eimer, dass das Wasser ein wenig herausschwappte. »Weit!«
»He!«, wehrte das Mädchen ab. »Ich wollte trinken, nicht baden!«
Gil begann zu lachen und die anderen fielen ein.
»Du spielst Flöte! Ich habe dich schon beobachtet«, stellte Pepe beiläufig fest.
Das Mädchen nickte geschmeichelt, zog eine fein geschnitzte Flöte aus ihrem Kleid und ließ einen hellen Triller erklingen. »Ich kann aber auch noch mehr! Jonglieren und Saltos – und natürlich übernehme ich die Frauenrollen in unseren Theateraufführungen. Mal bin ich die Prinzessin, mal die unglücklich verliebte Tochter. Heute spiele ich eine Frau, die der heilige Jakobus vor dem Ertrinken bewahrt hat. Ihr werdet schon noch sehen!«
Marie setzte sich neben das Mädchen an den Bühnenrand. »Ich bin Marie«, stellte sie sich vor. »Wie heißt du?«
»Zaida«, antwortete das Mädchen und griff wieder zur Grütze.
»Iss nicht zu viel! Wir kommen gerade aus der Küche und da gibt’s Würste, Fische, Speck, Hühner und Schweinsköpfe!«, sagte Gil. »Es ist das reinste Paradies!«
Zaida zuckte die Achseln. »Wir bekommen erst nach unserer Vorführung etwas davon ab. Der Graf war vorhinrecht unfreundlich zu uns und keiner von uns hat sich getraut, schon jetzt etwas vom Festschmaus herauszuhandeln. Kennt ihr den Grafen? Ich finde ihn ziemlich eitel! Andere hohe Herren reißen sich um uns, damit wir ein Loblied auf sie und ihre Burg singen!«
Marie musste daran denken, wie Gonzalo damals auf dem Markt beinah über Jakob hinweggeritten wäre. Ja, er war eitel und hartherzig!
» Wir
könnten dir ein paar Würste besorgen! Jetzt auf der Stelle! Wenn es der Graf schon nicht tut!«, meinte Pepe, einer plötzlichen Eingebung folgend.
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