Der Sohn des Apothekers (German Edition)
nickte.
Engel erhob sich und schoss aus dem Konferenzzimmer. An der Tür
wäre er beinahe mit Lisa zusammengestoßen, die gerade eintreten wollte.
»Halten Sie sich an meine Anweisungen«, blaffte Engel noch
einmal, ehe er den Flur entlangstürmte und um die Ecke verschwand.
»Was hat der denn?«, fragte Lisa entgeistert.
»Kalte Füße«, antwortete Hanna.
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»Teufelchen war ganz schön angefressen«, brummelte Lisa und
ließ sich vor dem Computer nieder. »Was meinst du mit kalten Füßen?«
Hanna winkte ab. »Er macht sich in die Hosen, weil sich die
Väter der Jungs über einen Anwalt beim Präsidenten beschwert haben. Wir würden
Unschuldige verfolgen, meinen sie. Und jetzt hat unser Teufelchen eine Heidenangst,
dass er wegen uns in gefährliches Fahrwasser gerät. Schließlich steht bald eine
Beförderung an und da will er nicht negativ auffallen.«
Lisa rief das Internetportal auf und wählte eine Übersicht von
Hotels und Pensionen im Allgäu aus.
»Und was machst du, wenn ich fragen darf?«, fragte Hanna.
»Ich recherchiere«, antwortete Lisa kurz angebunden. Sie
starrte auf den Bildschirm.
»Ich bin noch einmal die Mitteilungen durchgegangen, die nach
unserem Presseaufruf eingegangen sind«, berichtete Hanna. »Die meisten können
wir vergessen, aber ich habe noch die Meldung eines Tankstellenbetreibers in
Neustadt gefunden, der ich zunächst keine Bedeutung beigemessen hatte.
Vielleicht eine vage Spur.«
Ȇber was habt ihr eigentlich gestern gesprochen? Ich war ja
nicht eingeladen.«
Der bissige Unterton in Lisas Stimme ließ Hanna aufhorchen.
»Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen oder bist du mit dem falschen Fuß
aufgestanden?«
Lisa wandte sich zu Hanna um. »Was läuft da zwischen dir und
Trevisan?«
»Was … Wie … kommst du … Ich meine …«
»Glaubst du, ich bin blöde?«, setzte Lisa nach. »Ich sehe doch,
welche Blicke ihr euch zuwerft. Und außerdem habe ich den Eindruck, dass ihr
anders miteinander umgeht, wenn ich in der Nähe bin. Gestern habt ihr es noch
nicht einmal für notwendig gehalten, mich über euer Treffen zu informieren. Ich
dachte, wir sind ein Team, aber da liege ich wohl falsch.«
»Bist du vielleicht eifersüchtig?«
»Blödsinn, aber ich kann es verdammt nicht leiden, wenn man
mich wie das fünfte Rad am Wagen behandelt. Ich dachte, dass wir mehr sind als
Arbeitskolleginnen.«
Hanna räusperte sich. »Das war ein ganz spontanes Treffen hier.
Wir hatten uns am Samstag zum Essen verabredet und Trevisan hat mir Margot
vorgestellt. Er hatte mit ihr vor Jahren zu tun, als sie den Wangerlandmörder
überführten. Es lag keinesfalls in unserer Absicht, dich irgendwo auszugrenzen,
glaub mir. Das war einfach nur … Niemand hat darüber nachgedacht und Trevisan
meinte, man sollte dir ein halbwegs freies Wochenende gönnen.«
»Hast du dich mit ihm abgesprochen?«
Hanna erhob sich, umrundete den Tisch und setzte sich bei Lisa
auf die Schreibtischkante. »Ehrlich, ich … das heißt: wir … wollten dich nicht
kränken. Du gehörst zum Team genauso wie Trevisan oder ich.«
Lisa lehnte sich im Stuhl zurück und schaute Hanna ins Gesicht.
»Er gefällt dir.«
Hanna lächelte. »Er ist wie ein einsamer Wolf«, antwortete sie
verträumt. »Er liebt seine Tochter und er träumt von einer Familie und einem
funktionierenden Familienleben.«
Lisa lächelte. »Du bist in ihn verknallt, dacht ich mir es
doch.«
Hanna nickte. »Ich weiß nicht … Mehr als alles andere liebt er
seine Tochter, aber ich glaube er … er wäre schon der Richtige. Er hatte eine
Wochenendbeziehung, aber das ging in die Brüche.«
»Du bist solo, er ist solo, was soll’s – einen Versuch ist es
doch wert, oder?«
»Ich weiß es noch nicht, ich bin mir nicht sicher. Er ist
zärtlich und er hört einem zu, man hat das Gefühl … Aber ich habe einen Sohn
und ich weiß nicht … Wir werden sehen. Aber bitte, zu niemandem ein Wort.«
»Ich schweige wie ein Grab.«
Hanna erhob sich und ging zurück zu ihrem Platz. Für einen
Augenblick dachte sie an Trevisan, ehe sie sich wieder ihrer Arbeit widmete.
»Dann sag mir mal, was du herausgefunden hast«, sagte Lisa.
»Was … wie…?«
»Na, die Meldung, der Hinweis!«
Hanna kramte in dem Papierstapel, der vor ihr lag. »Ach ja,
stimmt, wo hab ich ihn denn?«
»Nun mach schon!«
Hanna zog das Fax hervor. »Der Tankwart einer Tankstelle in
Neustadt hat am Tag, als die Mädchen verschwanden, einen dunklen PKW
beobachtet, der dann in
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