Der Sohn des Apothekers (German Edition)
Richtung Tennweide weiterfuhr. Drei junge Männer saßen
darin und der Wagen stammte nicht aus der Gegend. Einer der Männer trug eine
rote Baseballmütze und kam ihm irgendwie bekannt vor. Das war so gegen neun Uhr
in der Frühe. Er erinnert sich, weil sie noch einen Kasten Bier kauften, und
das am frühen Morgen.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter.«
»Das ist nicht besonders viel.«
»Hast du etwa mehr?«
Lisa nickte triumphierend. »Sarah Meierling arbeitet im Ferienhof
Winter in Waltenhofen und sie wohnt dort auch.«
Hanna war baff. »Wie hast du das herausgefunden?«
»Ich habe ein klein wenig gegoogelt und telefoniert«,
antwortete Lisa mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
*
Geschlagene fünfeinhalb Stunden musste Trevisan in dem kleinen
Wartezimmer auf der Station 7 ausharren, bis Margot zusammen mit Heide Sonntag
wieder auftauchte.
Rudolf Thiele hatte bereits
vor Stunden die Klinik verlassen. Zwischendurch hatte sich Trevisan für eine
halbe Stunde in die Cafeteria gesetzt. Unterwegs war er auf die beiden Kollegen
der Fahndung getroffen, die den Eingangsbereich im Auge behielten und Trevisan
versicherten, dass sich in den letzen Tagen nichts Ungewöhnliches ereignet
hatte. Nach einem Kaffee und einem Stück Apfelkuchen, das sehr nach Industrieware
schmeckte, ging er wieder nach oben, wo er sich weiter den Zeichnungen des
Apothekersohns widmete. Vierzehn davon zeigten die typischen Waldszenen, wie
auch schon die Bilder in seinem Zimmer. Immer waren zwei Strichmännchen, ein
Junge und ein Mädchen, darauf zu sehen. Doch nur auf drei dieser Zeichnungen
fand Trevisan den Teufel mit der Warze auf der Wange wieder. Er sortierte die
Bilder aus, um sie später Margot zu zeigen.
Ein kleines Radio in der Ecke bot die einzige Unterhaltung,
ansonsten blieb ihm nichts weiter übrig, als sich in Geduld zu üben. Als er
beinahe am Eindämmern war, hörte er Schritte im Flur.
»Jetzt hast du aber lange warten müssen … Wir brauchten erst
eine Weile, bis wir einen Zugang fanden«, sagte Margot.
Trevisan zeigte die Zeichnungen und erklärte, was er darauf
entdeckt hatte. Margot warf einen kurzen Blick darauf und nickte, dann legte
sie die Bilder wieder auf den Tisch zurück.
»Sollten wir sie nicht mitnehmen?«, fragte er verwirrt.
»Ich glaube nicht, denn die Bilder haben nicht viel mit dem
Verschwinden der Mädchen zu tun.«
»Und was hast du erfahren?«
»Das gehen wir am besten auf der Dienststelle durch, morgen. Du
darfst nicht vergessen, dass dies keine normale Unterhaltung war. Keine
Vernehmung, wie du sie kennst, wo du klare, präzise Fragen stellst und konkrete
Antworten darauf bekommst. Es waren mehr Floskeln, Verklausulierungen, aber
eines ist klar: Dieser Junge hat mit dem Verschwinden der Mädchen nichts zu
tun.«
Trevisan seufzte. »Das wussten wir bereits! Was hast du
erfahren?«
Margot hob abwehrend die Hände. »Ich brauche noch eine Weile,
um die Antworten genau zu analysieren. Der Junge hat autistische Züge, das ist
gar nicht so einfach. Erst einmal kann ich nichts dazu sagen.«
Sie verabschiedeten sich bei Heide Sonntag und der Ärztin und
bedankten sich für die Mithilfe. Unterwegs versuchte Trevisan mehrmals, etwas
über die Unterhaltung mit Sven zu erfahren, doch Margot wehrte ab.
»Du bist ja schlimmer als meine Beschuldigten«, gab Trevisan
sein Bemühen auf.
»Verstehe mich doch, ich muss mir über manche Dinge erst klar
werden, da brauche ich etwas Ruhe und muss noch einmal die bekannten Fakten
durchgehen. Weißt du, das ist sehr kompliziert, wenn jemand in Bildern zu dir
spricht. Manches kann da falsch gedeutet werden und deswegen brauche ich noch
etwas Zeit. Ich melde mich, wenn ich so weit bin.«
*
Trevisan lieferte Margot wie gewünscht am Maritim -Hotel
ab und wartete, bis sie ausgestiegen war. Ehe sie die Tür zuschlug, beugte sich
Trevisan auf den Beifahrersitz. »Und du kannst wirklich überhaupt noch nichts
sagen?«
Margot schüttelte den Kopf. »Ich bin mir noch nicht ganz im
Klaren, aber zumindest steht für mich fest, dass er die Halskette des Mädchens
nicht im Wald gefunden hat. So wie er sich ausdrückte, war sie plötzlich da,
wie hergezaubert lag sie in seiner Hand und glitzerte.«
»Wieso hat er die Kollegen dann in den Wald geführt«, fragte
Trevisan, »so wie es in den Akten steht?«
Margot winkte ab. »Deine Kollegen haben ihn offenbar
aufgefordert, ihnen die Stelle zu zeigen, wo er die Kette fand. Sie selbst
hatten den Wald ins Spiel gebracht und
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