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Der Sohn des Apothekers (German Edition)

Der Sohn des Apothekers (German Edition)

Titel: Der Sohn des Apothekers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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gefaselt«,
fügte Hanna hinzu.
    Trevisan ließ sich auf einem Stuhl nieder. Er warf einen Blick
auf die Uhr über dem Computertisch. Es war kurz vor acht und Trevisans
Müdigkeit war wie weggewischt.

36
    »Ich wäre euch dankbar, wenn ihr bleiben würdet«, sagte
Trevisan und rieb sich die überanstrengten Augen. »Ich nehme ihn mit ins
Vernehmungszimmer, ihr könnt ja durch den Spiegel …«
    Lisa warf einen besorgten Blick auf die Uhr. »Ich hatte meinen
Friseurtermin schon mal verschoben …«
    »Ich bleibe auf jeden Fall«, sagte Hanna. »Schließlich will ich
wissen, was Klein zu sagen hat.«
    Lisa atmete tief ein und kramte ihr Handy aus der Tasche. »Ich
verschiebe den Termin. Hat ja noch Zeit.«
    »Danke!«, antwortete Trevisan und öffnete die Tür. »Dann hören
wir uns mal an, was der Oberkommissar zu sagen hat.«
    Mit dem Fahrstuhl fuhr er ins Erdgeschoss. Unterwegs bereitete
er sich schon einmal mental auf einen bevorstehenden Konflikt mit Klein vor.
Nach seinem Besuch in der Polizeistation und dem Treffen beim Gentest ahnte er
nichts Gutes. Klein konnte sehr unbequem werden. Dennoch war Trevisan
entschlossen, diesem Kollegen, der sich in seinem Zuständigkeitsbereich wie ein
Gutsherr aufführte, die Stirn zu bieten, auch wenn er sich im Augenblick
ausgelaugt und kraftlos fühlte. Als er die Tür zur Sicherheitsschleuse öffnete
und den Vorraum betrat, in dem die Besucher warten konnten, bis sie abgeholt
wurden, stellte er sich auf ein Streitgespräch ein, doch Klein saß ruhig und in
sich zusammengesunken auf der Bank und starrte abwesend auf den Boden. Er trug
eine Jeans, ein weißes T-Shirt und darüber eine beige Jacke. Seine Uniform hing
wohl zu Hause im Schrank. Nur kurz blickte er auf.
    »Entschuldigen Sie, ich hatte noch zu tun«, grüßte Trevisan.
»Sie wollen mit mir reden.«
    Klein nickte.
    »Dann kommen Sie mal mit.«
    Trevisan gab dem Wachhabenden hinter der Glasscheibe ein
Zeichen und dieser öffnete die Sicherheitstür. Klein trug einen
Besucherausweis. Trevisan wunderte sich, denn hätte Klein sich mit seinem
Dienstausweis ausgewiesen, wäre ein Besucherausweis nicht erforderlich gewesen.
    Er führte Klein zum Fahrstuhl und war erstaunt über den wortkargen
und in sich gekehrten Kollegen, den er auf ganz andere Weise kennengelernt
hatte.
    Ruhig folgte Klein ihm in das Vernehmungszimmer und erst als er
sich auf den Stuhl niedergelassen hatte, warf er ihm einen scheuen Blick zu.
»Ich muss mit Ihnen reden«, sagte er.
    »Zuvor muss ich Ihnen aber noch etwas erklären«, eröffnete
Trevisan das Gespräch. »Es muss Ihnen klar sein, dass wir Ermittlungen führen
und dass Ihr Sohn Bestandteil dieser Nachforschungen ist. Das ist keine
Schikane, wir tun nur unsere Arbeit und das versuchen wir gewissenhaft und ohne
Ansehen der Person …«
    Klein hob abwehrend die Hände. »Ich weiß.«
    Trevisan wies auf den langen Spiegel an der Wand. »Ich möchte
Sie darauf hinweisen, dass sich Kollegen von mir hinter der Scheibe aufhalten
und dieses Gespräch mitverfolgen.«
    »Das ist mir klar, Trevisan«, antwortete Klein ruhig. »Ich bin
hier, weil ich endlich einen Schlussstrich unter diese Sache machen muss. Seit
drei Jahren kann ich nicht mehr richtig schlafen, seit dieser Zeit schleppe ich
diese Schuld mit mir herum. Und immer wieder denke ich daran. Manchmal wache
ich mitten in der Nacht schweißgebadet auf. Es muss endlich ein Ende haben.«
    Trevisan blickte Klein erwartungsvoll an. »Also, weshalb sind
Sie gekommen?«
    »Ich habe einen großen Fehler gemacht«, fuhr Klein fort, »einen
entsetzlichen Fehler, der nicht wiedergutzumachen ist. Aber ich spüre, dass es
mich innerlich zerreißt. Vor Tagen, als dieser Journalist auftauchte und Fragen
stellte, da war es plötzlich wieder so wie damals vor drei Jahren. Ich kann
nicht mehr, ich bin am Ende. Haben Sie Kinder, Trevisan?«, fragte Klein und
warf ihm einen beschwörenden Blick zu.
    Trevisan nickte.
    »Dann wissen Sie, wie es ist«, sagte Klein. »Man ist ständig
nur in Sorge. Wenn sie klein sind und schreien, sorgt man sich um ihre
Gesundheit, man fragte sich, ob sie vielleicht etwas Falsches gegessen haben
oder krank sind, und man wartete sehnsüchtig darauf, dass sie endlich sprechen
können. Und man hofft, dass die Sorgen weniger werden, aber je größer die
Kinder werden, umso größer werden auch die Sorgen.«
    »Erzählen Sie mir, was damals geschehen ist«, sagte Trevisan
mit ruhiger Stimme.
    »Kevins Mutter starb, als er sieben Jahre

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