Der Sohn des Apothekers (German Edition)
ihm zugespielt. Die Täter
mussten über ihn Bescheid wissen und sie mussten wissen, dass er unter Verdacht
stand.«
»Sarah?«
Trevisan überlegte. »Das glaube ich nicht, aber die Täter
müssen sich in ihrem Umfeld bewegt haben. Das kann nur jemand aus dem Ort gewesen
sein.«
»Womit wir wieder bei Kevin, dem Polizistensohn, wären«,
folgerte Lisa.
»Ich weiß nicht.« Trevisan fuhr sich durch die Haare. »Ich
denke, Klein sagt die Wahrheit. Nachdem nicht seine DNA am Rucksack ist und es
keine Übereinstimmung im Dorf gibt, scheidet auch sein Sohn aus, du weißt doch,
Verwandtschaft ersten Grades.«
»Und auch die anderen scheiden aus, denn alle waren beim Test.«
Lisa legte ihren Kopf gedankenverloren auf ihre gefalteten Hände und starrte
auf die Sprudelperlen ihrer Cola. Auch Trevisan schwieg nachdenklich.
»So, jetzt bringe ich euch ins Hotel«, sagte der bayerische
Kollege und stellte sein geleertes Weißbierglas mit einem lauten Poltern auf
den Tisch.
»Belfort trieb sich schon eine ganze Weile im Ort herum«,
murmelte Trevisan gedankenverloren. »Er wurde in den Wald gelockt und
niedergeschlagen, nachdem er Fotos an dieser Kiesgrube gemacht hat. Ich dachte
zuerst, die Täter wollten ein Gespräch mit Sven Thiele verhindern, aber dann
hätten sie auch schon früher zuschlagen können.«
»Wahrscheinlich sind die Leichen dort versteckt und die Täter
wollten verhindern, dass man sie findet«, sagte Lisa.
»Er hat im ganzen Ort und der Umgebung Bilder gemacht«,
antwortete Trevisan. »Wieso sollte er gerade diese Kiesgrube in seinem Bericht
hervorheben? Das war doch nur ein Ort, wie es viele in der Gegend gibt.«
Der dickliche Kriminalbeamte aus Kempten schaute Trevisan
fragend an. »Können wir?«
Trevisan schüttelte den Kopf. »Rosi Meierling vermietet
Ferienwohnungen. Vielleicht hat sie so etwas wie einen Stammgast. Ich war
kürzlich bei ihr, da hat sie Wäsche gewaschen. Eigentlich lebt sie alleine …
Und Schuhe … Ich bekam Schuhe von ihr, dabei hatte ihr Mann beide Beine bei
einem Unfall verloren und saß … Verdammt noch mal …« Trevisan verschluckte
den Rest des Satzes. Er sprang auf. »Gibt es hier eine Autovermietung?«, fragte
er seinen Kollegen aus Kempten.
»Sicher!«
»Wir müssen sofort zurück nach Hannover.« Trevisan schaute auf
seine Armbanduhr.
»Jetzt?!«, warf Lisa entsetzt ein. »Das Hotel ist doch gebucht.«
»Es ist wichtig«, wehrte Trevisan ab. »Ich muss nach Tennweide,
heute noch. Hier kommen wir nicht weiter und verplempern nur unsere Zeit.«
*
Die Sandgrube lag direkt an der L 360, die von Mardorf nach
Schneeren führte und auch über Feldwege vom Bannsee aus zu erreichen war. Ein
rostiges Tor verwehrte die Zufahrt. Engel hatte den Betreiber ausfindig gemacht
und das Öffnen der Tore organisiert. Dabei hatte er auch erfahren, dass die
Grube schon seit fast fünf Jahren nicht mehr betrieben wurde und die Firma etwa
drei Kilometer nördlich von Schneeren zwei weitere Gruben dieser Art
unterhielt.
Es war ein trockener, sonniger Tag und die Temperaturen
kletterten auf beinahe 28 Grad. Hanna hatte Zuflucht im Schatten eines Baumes
gesucht und beobachtete die Szenerie. Inmitten der Grube hatte sich ein See
gebildet, beinahe vierhundert Meter lang und dreihundert Meter breit, in dem
verführerisch das klare, blaue Wasser im Sonnenlicht glitzerte. Zwei
Schlauchboote der Polizei-und Rettungstaucher schwammen auf dem See und in der
Ferne, am gegenüberliegenden Ufer, durchkämmten Kolleginnen und Kollegen der
Bereitschaftspolizei in Kette Stück um Stück das Gebiet. Unterhalb ihres
Standortes durchsuchten Hundeführer das Gelände, auf dem noch die alte rostige
Förderanlage und ein Container standen. Dort waren sie auf höhlenartige
Auswaschungen gestoßen, die bis zu drei Meter tief in die brüchige Felswand
reichten. Nur die Hunde durften auf Engels Anweisung diese einsturzgefährdeten
Höhlen durchsuchen.
Der Polizeihubschrauber hatte dreimal das Gelände überflogen.
Auf den Bildern seiner Spezialkamera wurden feinste Bodenunterschiede
erkennbar. Es war fraglich, ob nach dieser langen Zeit eine damals ausgehobene
Grube noch zu sehen sein konnte. Aber Engel hoffte mit Hilfe der Spezialkamera
weitere Höhlen, Gruben und Verwerfungen ausfindig zu machen, die längst schon
überwuchert waren.
Trotz des geschlossenen Tores, das hatte Engel bereits am
frühen Morgen überprüft, hätte man leicht und sogar mit einem Wagen auf das
Gelände der Kiesgrube gelangen
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