Der Sohn des Apothekers (German Edition)
gutgetan. Der war oft bei Rosi und Sarah.
Damit hat sich das Mädchen etwas dazuverdient, denn Rosi konnte ihr ja nicht viel
bieten.«
Trevisan erhob sich und dankte dem Oberkommissar, doch noch
bevor er das Zimmer verlassen hatte, meldete sich Klein noch einmal zu Wort.
»Komisch war nur, dass Sarah kurz nach dem Verbrechen an den Radfahrerinnen dem
Ort den Rücken kehrte. Ich glaube, sie war kein einziges Mal in den letzten
drei Jahren hier, um Rosi zu besuchen. So ist es nun einmal, die Kinder werden
flügge. Wenn ich mich bei unserer Jugend so umschaue, dann gibt es nur wenige,
die hierbleiben wollen, die meisten gehen irgendwo studieren oder auf
weiterführende Schulen. Kevin merkt das jetzt auch langsam. Schade, wenn diese
Einsicht früher gekommen wäre, dann … Na ja, Schreiner werden auch gebraucht
und nicht jeder kann Doktor werden.«
»Ja, da haben Sie recht«, antwortete Trevisan.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Lisa, als sie im Wagen Platz
genommen hatten.
»Wir fahren zu Rosi Meierling«, antwortete Trevisan. Er warf
einen Blick auf sein Handy und aktivierte die Tastensperre, doch das Display
blieb dunkel, der Akku war leer. Er dachte schon, dass er den Anruf von Hanna
verpasst hatte, auf den er sehnsüchtig wartete.
41
Viertel nach neun. Dunkle Wolken hatten sich über dem
kleinen Ort am Steinhuder Meer zusammengebraut und legten sich wie ein Schleier
über das Land. Trevisan parkte den Wagen gegenüber dem Wohnhaus von Rosi
Meierling.
»Hast du dein Handy bei dir?«, fragte er Lisa. »Mein Akku ist
leer.«
Lisa zeigte nach hinten in den Kofferraum. »Im Koffer, soll ich
es holen?«
Trevisan schüttelte den Kopf und warf einen Blick auf das
geräumige Wohnhaus in der Höhingstraße. Aus der Küche drang Licht nach draußen.
Bevor er allerdings die Treppen zur Haustür hinter sich brachte, schaute er
sich den Parkplatz und die einfachen Betongaragen an, die Rosi Meierling auf
ihrem Grundstück für ihre Gäste hatte aufstellen lassen. Enttäuscht musste
Trevisan feststellen, dass die Garagen noch nicht einmal über Fenster
verfügten. Rosis Auto, ein gelber Ford Ka, war der einzige Wagen, der auf dem
geschotterten Platz neben ihrem Haus stand.
Lisa wartete an der Treppe, bis Trevisan heftig atmend
zurückkehrte. »Und, hast du was entdeckt?«, fragte sie, doch er zuckte im
Schein der Straßenlaterne nur mit der Schulter.
»Jetzt werden wir Rosi mal
richtig auf den Zahn fühlen«, sagte er entschlossen. Gemeinsam gingen sie auf
den Treppen des Hanghauses nach oben und traten vor die hölzerne Tür.
Trevisan klingelte und wartete, doch aus dem Haus war nichts zu
hören. Er klingelte erneut, klopfte schließlich auch noch gegen die Tür und
rief Rosis Namen. Beinahe fünf Minuten vergingen, ehe sie Schritte hörten und
die Tür einen Spalt geöffnet wurde.
Rosi Meierling hatte eine Sicherheitskette vorgelegt. Im Schein
der Hausbeleuchtung sah Trevisan, dass ihre Miene finster war. »Was willst du?«
»Ich muss mit dir reden.«
Rosi Meierling warf Lisa einen geringschätzigen Blick zu. »Wer
ist das, deine Tochter?«
Trevisan schüttelte den Kopf. »Ich bin dienstlich hier«,
entgegnete er. »Das ist meine Kollegin.«
Rosi wandte sich wieder ihm zu. »Ich will aber nicht mit dir
reden.«
Sie schickte sich an, die Tür zu schließen, doch Trevisan trat
einen Schritt vor und schob seinen Fuß in den Türspalt. »Ich werde nicht gehen,
ich werde hier stehen bleiben«, sagte er kalt. »Und wenn du die Tür zuschlägst,
dann werde ich Verstärkung holen und die Tür aufbrechen lassen.«
Rosi Meierling wurde unsicher. »Dazu hast du kein Recht.«
»Ich soll dir Grüße von Sarah ausrichten«, fiel ihr Trevisan
ins Wort.
Rosi Meierling zögerte.
»Das Gespräch mit ihr war sehr interessant«, fuhr Trevisan
fort. »Was ist nun?«
Die Frau überlegte und senkte den Blick zu Boden, schließlich
atmete sie tief ein und nestelte an der Sicherheitskette. Trevisan nahm den Fuß
wieder aus dem Türspalt. Rosi Meierling öffnete, wandte sich wortlos um und
ging den Flur entlang in Richtung Küche. Trevisan warf Lisa einen Blick zu,
schließlich folgten sie ihr.
Als Trevisan am Bad vorbeikam, warf er einen verstohlenen Blick
durch die halb geöffnete Tür, vor der Waschmaschine stand ein leerer
Wäschekorb. Sie betraten die Küche, wo Rosi Meierling vor dem Küchenschrank ein
Bügelbrett aufgestellt hatte und Wäsche bügelte. Während Lisa an der Tür stehen
blieb, trat Trevisan vor das
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