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Der Sohn des Apothekers (German Edition)

Der Sohn des Apothekers (German Edition)

Titel: Der Sohn des Apothekers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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falsch angepackt und sich viel zu früh auf den armen Sven gestürzt. Dabei
gäbe es genügend andere hier im Ort, denen ich so etwas eher zutrauen würde.
Aber Gott sei dank ist der Täter ja nicht aus Tennweide, wie man hört.«
    »So wie das in der Zeitung steht, ist das aber nicht mehr so
klar.«
    »Na ja, die Zeitungen, da weiß man ja nie, ob es stimmt oder
nicht. Aber lassen Sie uns von etwas anderem reden. Sie leben in Hannover und
sind Beamter?« Rosi Meierling hob ihr Weinglas und prostete Trevisan zu.
    »Richtig«, antwortete Trevisan, ohne näher darauf einzugehen.
»Der Wein ist wirklich gut.«
    »Ja, ein edler Tropfen. Ich habe ihn von einer Bekannten, die
im Frankenland wohnt und bei mir Stammgast ist. Sie bringt mir immer mal eine
Kiste mit.«
    Sie saßen noch eine ganze Weile auf der Terrasse, bis es
langsam dunkel wurde, und redeten über dies und das. Trevisan erzählte von
seiner Tochter, von seinem Leben in Wilhelmshaven und der Nordsee und musste
sich darauf konzentrieren, nicht zu viel zu verraten. Rosi Meierling erzählte
von ihrem Leben als alleinstehende Frau in diesem kleinen Ort und berichtete
von den Nachstellungen so mancher männlicher Zeitgenossen, die sie für Freiwild
hielten.
    »… und eines habe ich mir geschworen«, sagte sie. »Keinen aus
dem Ort!«
    Noch bevor sie ausgesprochen hatte, drang ein lautes,
basslastiges und rhythmisches Wummern durch die anbrechende Dämmerung,
begleitet von einem Motorengeräusch. Immer lauter wurde der Lärm und dann
schoss ein dunkler Wagen mit voll aufgedrehten Boxen und einer Geschwindigkeit
weit über dem Erlaubten über die Straße. Trevisan schaute ihm nach, aber so
schnell konnte er weder Kennzeichen noch Typ erkennen, bevor der Wagen in
Richtung Wiesenweg verschwand. Noch eine geraume Zeit waren das Wummern der
Musik und der Lärm des hochtourigen Motors zu hören.
    »Das ist ganz schön unvernünftig«, bemerkte Trevisan. »Da
braucht nur jemand über die Straße zu gehen, schon ist es passiert.«
    »Das sieht ihm wieder ähnlich«, antwortete Rosi Meierling. »Ich
dachte, wir hätten erst wieder am Wochenende das Vergnügen.«
    »Sie kennen ihn?«
    Rosi Meierling nickte bedrückt. »Ja, leider viel zu gut …
Manche können sich eben alles erlauben. Das ist Kevin, normalerweise ist er nur
am Wochenende hier. Er ist zurzeit bei der Bundeswehr. Ein ganz übles
Früchtchen, kann ich Ihnen sagen.«
    »Oh, Sie kennen ihn aber genau.«
    »Und ob. Ist der Sohn unseres Dorfpolizisten. Ein ganz schön
verzogenes Bürschchen. Er ist mit ein Grund, dass ich froh bin, dass Sarah weit
weg von hier ist.«
    Trevisan nahm einen Schluck Wein. »Sein Vater hat die Zügel
wohl etwas schleifen lassen.«
    »Zügel? Es gab keine Zügel«, antwortete Rosi Meierling. »Die
Mutter ist gestorben, als Kevin zehn war. Sein Vater hat ihn erzogen oder
besser gesagt, verzogen. Ich glaube, wenn er nicht wäre, dann säße Kevin längst
schon in einem Gefängnis. Was hat der nicht schon alles angestellt! Er war sechzehn,
als er einen Traktor klaute und ihn zu Schrott fuhr. Aber der Vater hat es
geregelt. Mit Geld selbstverständlich. Ich glaube, er hat Kevin nie Grenzen
gesetzt. Aber die beiden sind eine verschworene Gemeinschaft, da kommt niemand
dazwischen, das können Sie mir glauben.«
    »Sie kennen offenbar beide gut?«
    Rosi Meierling schaute etwas verträumt auf ihr Weinglas. »Ja,
es gab eine Zeit, da dachte ich, es könne etwas werden mit mir und Thomas,
Kevins Vater, aber das war ein Irrtum. Wissen Sie, nachdem mein Mann starb, war
es nicht leicht und es gab Momente, in denen ich gerne einen Mann im Haus
gehabt hätte. Thomas war allein. Aber es ging nur ein paar Wochen gut, der
Junge hat alles kaputt gemacht. Er wollte seinen Vater mit niemandem teilen und
Thomas hat zu ihm gehalten.«
    »Das tut mir leid«, sagte Trevisan einfühlsam.
    »Das muss Ihnen nicht leid tun«, sagte die Frau mit bitterem
Unterton. »Es ist besser so, dieser jähzornige und unausstehliche Junge hätte
mir gerade noch gefehlt. Und beinahe hätte er meine Tochter kaputt gemacht. Sie
war sechzehn und dieser Kerl hätte sie in den Abgrund gerissen.«
    »Hat er ihr etwas angetan?«
    »Ja, das hat er«, sagte Rosi Meierling kalt. »Oder wie würden
Sie es nennen, wenn Sie Ihre Tochter mit sechzehn Jahren betrunken und wahrscheinlich
auch bekifft halbnackt aus dem Wald abholen müssten, weil sie sich den Magen
aus dem Leib kotzt und hinterher zwei Tage auf der Intensivstation

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