Der Sohn des Apothekers (German Edition)
VW-Bus hat sich
geklärt. Die Insassen, ein unbescholtenes Paar, haben absolut nichts mit dem
Fall zu tun. Sie haben nur einen Campingplatz gesucht.«
»Ist das wahr?«
»Ermittelt und verifiziert.«
»Aber das würde ja bedeuten, dass …«
»… dass es keine zwingende Verbindung nach Dänemark gibt«,
vervollständigte Trevisan Engels Satz.
»Aber dann …«
»Ja, genau, wir stehen mit den Ermittlungen wieder am Anfang«,
erklärte Trevisan.
Engel ließ sich niedergeschlagen auf seinen Sessel fallen. »Was
machen wir jetzt?«
Trevisan zog sich einen Stuhl an den Schreibtisch. »Wissen Sie,
Kollege Engel, der Fall ist kalt, eiskalt. Es gibt sehr viele Ungereimtheiten
und ich glaube, die Kollegen haben damals den Fehler gemacht und sich allzu
früh auf einen Tatverdächtigen fixiert. Aus diesem Grund haben sie manche
Spuren nicht weiter verfolgt oder sich mit lapidaren Phrasen abspeisen lassen.
Wir müssen dafür sorgen, dass wieder Bewegung in die Sache kommt. Wir müssen
Staub aufwirbeln. Nur wenn es uns gelingt, die Tage von damals in den Köpfen
der Leute wieder aufleben zu lassen, wird es uns gelingen, die Täter zu verunsichern.«
»Was können wir tun?«
»Zunächst möchte ich mit dem Jungen sprechen«, antwortete
Trevisan. »Er ist in Langenhagen untergebracht, aber er ist ein Zeuge. Wir
bräuchten nötigenfalls einen Beschluss zur richterlichen Vernehmung.«
Engel kratzte sich an der Stirn. »Das wird aber nicht leicht
werden, er steht unter Betreuung.«
»Wir müssen es versuchen. Es sind polizeiliche Ermittlungen und
nötigenfalls müssen wir das zuständige Gericht über den Beschluss entscheiden
lassen.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, antwortete Engel.
»Außerdem werde ich Ihnen einen Antrag auf eine
DNA-Reihenuntersuchung zukommen lassen, Sie müssen den zuständigen Staatsanwalt
von der Dringlichkeit überzeugen. Darüber hinaus werden wir jetzt schon einen
Presseartikel über die Reihenuntersuchung in den örtlichen Medien verbreiten,
das sorgt für Verunsicherung.«
Engel wurde blass um die Nase. »Einen Massen-Gentest …
Aber das wurde doch schon damals verworfen, weil der Fundort des Rucksacks
nicht mit dem Tatort korrespondiert, deswegen war der Staatsanwalt der Ansicht,
es fehlen ausreichende Verdachtsmomente.«
»Dann überzeugen Sie den Staatsanwalt, dass dies unser einziges
Mittel ist und er den Antrag unbedingt beim zuständigen Gericht stellen muss.
Die Begründung ist einfach: Wir gehen davon aus, dass der Rucksack bewusst dort
deponiert wurde, um vom Tatort und dem möglichen Täter abzulenken.«
Engel bekam große Augen. »Ja, Trevisan, haben Sie denn einen
konkreten Verdacht?«
Trevisan lächelte. »Nein, aber ein Gefühl und das hat mich
bislang noch nie getrogen.«
Engel überlegte, schließlich stimmte er zu. »Und was machen
wir, wenn es nicht klappt?«
»Ich mache erst einmal Urlaub in Tennweide – inkognito,
versteht sich. Es sollte jemand dort sein, wenn wir auf den Busch klopfen,
damit man sehen kann, welche Blätter es von den Ästen weht.«
»Wenn das nur gut geht … Der Chef macht mir die Hölle heiß.«
»In der Ungewissheit ist die Hoffnung ein getreuer Begleiter«,
sagte Trevisan.
»Wie bitte?«
»Nichts. Aber ich verlasse mich auf Sie. Wir müssen da durch
und zwar schnell, wenn wir vorankommen wollen.«
18
Tennweide lag friedlich in der untergehenden Sonne eines
verklingenden Frühlingstages. Der Mai hatte begonnen und die Temperaturen
kletterten auf angenehme fünfundzwanzig Grad.
Trevisan war in den Ort zurückgekehrt
und Frau Meierling hatte ihn nach dem Abendessen zu einem Glas Wein auf der
Terrasse eingeladen. Auf die Frage, ob er denn einen erholsamen Tag gehabt
hätte, war er ausgewichen und hatte das Gespräch auf den Ort und die Einwohner
von Tennweide gelenkt. Begonnen hatte er damit, sich zu wundern, dass er nur
wenige Menschen auf den Straßen sehe – und natürlich über den etwas sonderbaren
Gemischtwarenladen, der sich Elektro-Staufert nannte. Das Essen im Klosterkrug hatte er gelobt und auch die schöne Umgebung gewürdigt, wobei er wieder bei den
verschwundenen Mädchen gelandet war, denn überall hingen inzwischen Fahndungsplakate
in den Schaufenstern.
»Die Polizei muss wohl sehr verzweifelt sein, wenn sie nach so
langer Zeit versucht, Zeugen zu finden«, bemerkte er.
Rosi Meierling schenkte sein Weinglas noch einmal voll. »Ach,
wissen Sie, Herr Trevisan, wenn Sie mich fragen, dann haben die es von Anfang
an
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