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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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mit guten Gewissen keinen Einwand erheben. Ich mußte ihre Entscheidung achten. Ich hoffte nur, daß Zehenspitze, die inzwischen meisterhaft schoß, nicht plötzlich auf den Gedanken kommen würde, den nächstbesten Mann, nämlich mich, zu erschießen. Was meine Bedürfnisse anging, so würden wir auf unserem Weg bald ein Dorf oder eine Stadt erreichen, wo die Frauen nicht beschlossen hatten, die Annäherungen eines Mannes zurückzuweisen. Doch eines Nachmittags stießen wir völlig unerwartet mitten in der Tierra de Guerra auf einen Trupp berittener Spanier. Die meisten trugen Rüstungen und waren bewaffnet. Wir begegneten ihnen so unvermittelt, daß keine Möglichkeit bestand, unbemerkt zu entkommen. Es handelte sich allerdings nicht um Soldaten, die uns wegen des Überfalls auf die beiden Grenzposten verfolgten. Ich hatte immer ein wachsames Auge auf das Land in unserem Rücken gehabt. Wenn ich Anzeichen dafür gesehen hätte, daß sich uns ein Trupp aus dieser Richtung näherte, wäre es uns gelungen, der Gefangennahme zu entgehen. Doch diese Männer ritten von der einen Seite auf den Hügel, und wir kamen von der anderen. Das Zusammentreffen auf dem Gipfel überraschte sie ebensosehr wie uns.
    Ich konnte Zehenspitze nur auf poré sagen: »Sei still!« und kameradschaftlich den Arm heben, während der Reiter an der Spitze nach seiner Arkebuse am Sattelknauf tastete. Ich begrüßte den Mann freundlich, als seien wir beide es gewohnt, uns ständig zu treffen. »Buenas tardes, Amigo. Qué tal?«
    Ihm fehlten die Worte. »B-buenas t-tardes« Er hob zögernd die Hand, mit der er nach der Büchse gegriffen hatte, um meinen Gruß zu erwidern. Er sagte nichts mehr, sondern überließ das Reden zwei anderen Reitern in Uniformen, die ihre Pferde neben das seine trieben. Einer von ihnen stieß knurrend einen schmutzigen Fluch aus: »Me cago en la puta Virgen!« Er musterte meine unvollständige Uniform und die Armee-Brandzeichen unserer Pferde und fragte herrisch: »Quién eres, Don Mierda?«
    Obwohl mein Herz schneller schlug, hatte ich die Geistesgegenwart, ihm zu erzählen, was ich auch Pater Vasco gesagt hatte: Ich sei Juan Británico, Dolmetscher und Gehilfe des Notarius im Dienste des Bischofs von Mexico.
    Der Offizier grinste höhnisch und rief: »Y un cojón!« Das war ein vulgärer Ausdruck der Ungläubigkeit. »Ein Indio zu Pferde? Das ist verboten!«
    Ich war froh, daß er unsere sehr viel strenger verbotenen Arkebusen nicht sah, und sagte bescheiden: »Ihr reitet in Richtung der Stadt Mexico, Señor Capitán. Wenn Ihr wünscht, werde ich Euch dorthin begleiten. Bischof Zumárraga und der Notarius Alonso de Molina werden meine Aussage ganz sicher bestätigen. Sie haben die Pferde für meine Reise zur Verfügung gestellt.« Ich wußte nicht, ob der Offizier diese beiden Namen jemals zuvor gehört hatte, doch ihre Erwähnung schien seine Ungläubigkeit etwas zu mildern. Es klang weniger barsch, als er fragte: »Und wer ist der andere Mann?«
    »Mein Sklave und Diener«, log ich, froh, daß Zehenspitze beschlossen hatte, sich als Mann auszugeben. Ich nannte ihren Namen auf spanisch: »Se llama de Puntas.« Der andere Offizier lachte. »Ein Mann mit dem Namen Zehenspitzel Die Indios sind wirklich komisch.« Der erste Offizier lachte ebenfalls. Dann sprach er verächtlich meinen Namen bewußt falsch aus und fragte: »Und Ihr, Don Zonzón, was wollt Ihr hier?« Ich hatte mich inzwischen wieder gefaßt und konnte ungezwungen erwidern: »Eine besondere Mission, Señor Capitán. Der Bischof möchte wissen, von welcher Wesensart die Wilden hier in der Tierra de Guerra sind. Man hat mich geschickt, weil ich ihrer Rasse angehöre und mehrere ihrer Sprachen spreche, aber auch offenkundig mit spanischer und christlicher Vollmacht ausgestattet bin.«
    »Joder!« stieß er zwischen den Zähnen hervor. »Jeder kennt die Wesensart dieser Wilden. Sie sind bösartig, mordgierig und blutrünstig. Warum, glaubt ihr wohl, reiten wir in so großer Zahl?«
    Höflich erwiderte ich: »Ich beabsichtige, dem Bischof zu berichten, daß er das Wesen der Wilden vielleicht besänftigen kann, wenn er christliche Missionare schickt, die nach dem Vorbild von Pater Vasco de Quiroga Werke der Nächstenliebe unter ihnen vollbringen.« Ich wußte natürlich nicht, ob der Offizier diesen Namen schon einmal gehört hatte. Doch meine scheinbare Vertrautheit mit so vielen Männern der Kirche schien seinen Argwohn zu zerstreuen. Er sagte: »Wir befinden uns

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