Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
ebenfalls auf einer Mission der Nächstenliebe. Unser Gouverneur von Neugalicien, Nuño de Guzmán, hat diesen Trupp zusammengestellt, um vier Männer in die Stadt Mexico zu geleiten. Es sind drei tapfere christliche Spanier und ein treuer Moro-Sklave, die lange in der fernen Kolonie Florida verschollen waren. Aber wie durch ein Wunder haben sie sich bis hierher in die Nähe zur Zivilisation durchschlagen können. Sie wollen die Geschichte ihrer Wanderungen Cortés selbst erzählen.«
    »Ich bin überzeugt, Ihr werdet sie unversehrt zu ihm bringen, Señor Capitán«, sagte ich. »Doch es wird spät. Mein Sklave und ich wollten eigentlich noch weiterreiten. Aber vor weniger als einer halben Legua sind wir an einer guten Wasserstelle vorbeigekommen, die ausreicht, damit Euer ganzer Trupp dort lagern kann. Wenn Ihr erlaubt, werden wir zurückreiten, um sie Euch zu zeigen, und mit Eurer Erlaubnis dort ebenfalls die Nacht verbringen.«
    »Das ist ein Angebot, Don Juan Británico«, sagte er leutselig. »Reitet voraus!«
    Zehenspitze und ich wendeten die Pferde. Während der Trupp klirrend und schleppend und rasselnd hinter uns her ritt, übersetzte ich für sie das Gespräch mit dem Offizier.
    Sie fragte schließlich mit zitternder Stimme: »Warum im Namen des Kriegsgottes Curicáuri willst du die Nacht bei ihnen verbringen?«
    »Weil der Offizier den Schlächter Guzmán erwähnt hat«, erwiderte ich. »Dieser Mann hat dein Land Michihuácan verwüstet und erobert. Ich hatte geglaubt, hier im Norden seien keine Spanier. Ich will herausfinden, was Guzmán so weit von seinem Neugalicien entfernt tut.«
    »Wenn es sein muß«, seufzte sie ergeben. »Und du, Zehenspitze, sei bitte stumm und unauffällig. Laß die Weißen ihr Wild für das Abendessen selbst jagen. Auf keinen Fall darfst du einen Donnerstock hervorholen, um deine Schießkünste unter Beweis zu stellen.« Der Offizier setzte sich neben mich ans Lagerfeuer. Er hieß Tallabuena und hatte nur den Rang eines Teniente. Doch ich redete ihn schmeichlerisch immer wieder mit ›Capitan‹ an. Während wir beide knuspriges gebratenes Hirschfleisch kauten, verriet er mir alles, was ich über den Gouverneur Guzmán wissen wollte. »Nein, nein, er ist nicht so weit im Norden. Er residiert immer noch in Neugalicien. Der schlaue Guzmán ist nicht so dumm, seinen dicken Hintern hier in der Tierra de Guerra unnötigen Gefahren auszusetzen. Aber seine Hauptstadt liegt direkt an der Nordgrenze von Neugalicien, und er hofft, sie zu einer schönen großen Stadt zu machen.«
    »Wieso?« fragte ich. »Die alte Hauptstadt von Michihuácan liegt weit im Süden, am Ufer des Binsensees.«
    »Guzmán ist kein Fischer. In seiner Heimatprovinz Galicien in Altspanien wird Silber geschürft. Er hofft natürlich, sein Vermögen auch hier mit Silber zu machen. Deshalb liegt seine Hauptstadt in einer Gegend nahe der Küste, wo seine Prospektoren reiche Adern von Silber und anderen Erzen entdeckt haben. Er hat sie Compostela genannt. Bis jetzt leben dort nur er, seine treuesten Anhänger, die unvermeidlichen Speichellecker und seine Truppen. Aber er wird bald einheimische Sklaven zusammentreiben, die in den Bergwerken unter Tag schuften müssen, um das Silber abzubauen. Mir tun die armen Teufel jetzt schon leid.«
    »Mir auch«, murmelte ich und beschloß, daß Zehenspitze und ich in nordwestlicher Richtung weiterziehen würden, um nicht unversehens in Compostela zu landen. Es beunruhigte mich, daß der Mörder Guzmán die neue Hauptstadt in solch einer Nähe zu meiner Heimatstadt Aztlan gegründet hatte – nach meiner Schätzung nicht mehr als hundert Lange Läufe entfernt. »Don Juan«, sagte Tallabuena schließlich. »Kommt mit und lernt die Helden der Stunde kennen.« Er führte mich zu dem Platz, wo die drei Helden saßen und aßen. Sie wurden hingebungsvoll von einer Reihe Soldaten bedient, die ihnen die besten Stücke Hirschfleisch vorlegten, ihre Becher mit Wein aus den Lederschläuchen füllten und darin wetteiferten, ihnen den kleinsten Wunsch von den Augen abzulesen. Außerdem befand sich ein Mann in der Reisekleidung eines Mönchs bei ihnen, der sich noch unterwürfiger um ihre Gunst zu bemühen schien. Die Helden, so konnte ich sehen, waren Weiße, aber die Sonne hatte sie so sehr verbrannt, daß ihre Haut dunkler war als meine. Der vierte Mann, von dem ich annahm, daß er bestimmt ein ebensolcher Held war, aß abseits allein und wurde von niemandem bedient. Er war schwarz. Selbst

Weitere Kostenlose Bücher