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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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hatten beide oft genug Spanier auf Pferden gesehen, deshalb war uns nicht ganz unbekannt, wie man aufsaß. Zehenspitze brauchte meine Hilfe. Ich stieg auf mein Pferd, indem ich mich zuerst auf einen Baumstumpf stellte. Die Pferde nahmen das alles widerstandslos hin. Scheinbar waren sie es gewohnt, nicht von einem bestimmten Herrn geritten zu werden, sondern von jedem, der sie brauchte. Ich stieß meinem Tier die nackten Fersen in die Flanken, damit es sich in Bewegung setzte, und versuchte, es nach links im Kreis zu lenken, um in der Nähe unseres Lagers zu bleiben. Ich hatte das bei anderen Reitern gesehen. Sie zogen offenbar an einem Zügel, um den Kopf des Pferdes in die gewünschte Richtung zu bringen. Aber als ich heftig am linken Zügel zerrte, erreichte ich nur, daß das Pferd mich mit dem linken Auge von der Seite ansah. Es war ein beinahe vorwurfsvoller Blick, der zweierlei besagte: ›falsch‹ und ›du bist dumm‹. Ich fand es in Ordnung, daß mir das Pferd etwas beibringen wollte, und legte eine Pause ein, um nachzudenken. Vielleicht hatten die Reiter nur scheinbar den Kopf der Pferde in die eine oder andere Richtung gezogen. Nach einigen Versuchen fand ich heraus, daß ich den rechten Zügel nur leicht an den Pferdehals zu legen brauchte, damit sich das Tier wie gewünscht nach links wandte. Ich erklärte es Zehenspitze, und es funktionierte! Wir saßen beide zufrieden in unseren Sätteln, während die Pferde gemächlich links im Kreis herumgingen.
    Als nächstes streifte ich die Flanken meines Pferdes mit den Fersen, damit es schneller liefe. Es fiel in den wiegenden Gang, den die Spanier Trote nennen, und wieder hatte ich etwas gelernt. Bisher hatte ich angenommen, es sei bequemer, auf einem Ledersattel zu sitzen, dessen angenehme Rundung das Hinterteil stützt, als auf etwas so Starrem wie einem Icpáli-Stuhl. Das war ein Irrtum. Der Trab hatte mich noch nicht lange durchgeschüttelt, als ich zu fürchten begann, mein Rückgrat werde wie ein Pfeil meinen Schädelknochen durchbohren. Das Pferd fand eindeutig auch kein Vergnügen daran, meinen ständig auf und ab hüpfenden Körper zu tragen. Es drehte den Kopf, sah mich von neuem mit einem vorwurfsvollen Blick an und ging wieder langsam. Zehenspitze hatte ebenfalls das kurze Erlebnis der schmerzhaften Stöße gehabt und stöhnte laut. Deshalb beschlossen wir, jeden Versuch, schneller vorwärtszukommen, bis auf weiteres zu verschieben. Zuerst mußten wir das einfache Sitzen auf dem Pferderücken lange genug üben. Also ritten wir für den Rest des Tages im Schritt, führten die beiden anderen Pferde an Leinen hinter uns her und waren alle sechs mit diesem gemächlichen Tempo zufrieden. Doch als wir kurz vor Sonnenuntergang eine Wasserstelle fanden, an der wir übernachten wollten, wurden Zehenspitze und ich blaß vor Schreck. Wir waren beide so steif, daß wir nur langsam und schwerfällig aus dem Sattel steigen konnten. Wir hatten nicht bemerkt, daß unsere Schultern und Arme vom Halten der Zügel weh taten. Die Rippen schmerzten, als seien wir mit Keulen geschlagen worden, und wir hatten das Gefühl, man habe uns Keile zwischen die Beine getrieben. Waden und Gesäß waren nicht nur verkrampft und zittrig, weil wir den ganzen Tag den Pferdeleib umklammert hatten, sondern auch wund gerieben vom Leder des Sattels. Es fiel mir schwer zu verstehen, woher diese Schmerzen kamen, da wir so langsam und gemächlich geritten waren. Ich begann mich zu fragen, wieso die Weißen Pferde als Beförderungsmittel nützlich fanden. Jedenfalls waren Zehenspitze und ich so wund, daß wir nicht daran denken konnten, gleich mit den Schießübungen zu beginnen. An diesem Abend mußte sich Zehenspitze nicht gegen meine Annäherungsversuche wehren.
    Am nächsten Tag entschlossen wir uns trotzdem, wieder zu reiten. Wir besaßen wenigstens noch andere Kleidung, die uns besser schützte als die Mäntel, die unsere Beine nackt ließen. Ich holte die spanischen Sachen hervor, die ich eingepackt hatte. Zehenspitze weigerte sich zwar zunächst, etwas aus der Hinterlassenschaft der beiden Grenzposten zu tragen, doch ich überredete sie, das Hemd, die Hose und die Stiefel anzuziehen, die ich mir in der Stadt Mexico gekauft hatte. Natürlich waren ihr die Sachen viel zu groß, aber sie erfüllten ihren Zweck. Ich zog die Militärstiefel, das blaue Hemd und die Uniformhose des Soldaten an. Als wir uns auf den Weg machten, versuchte ich, das ungesattelte Pferd zu reiten, das keine Last

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