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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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seinen Donnerstock abgefeuert. Er wußte sehr gut, wie man ihn gebraucht!« Der Dolmetscher wiederholte meine und seine Worte auf spanisch für den Gouverneur.
    Ich dachte: Du warst ein guter Mann, Comitl, ein echter Mexicatl und ein alter Adler bis zum Ende. Du genießt inzwischen die Freuden von Tonaticuan. Doch ich mußte anfangen, mir über meine eigene Lage Gedanken zu machen, denn Coronado sah mich wütend an und sagte: »Wenn sein Kamerad so geschickt im Umgang mit einer Arkebuse war, muß er es ebenfalls sein. Sag der verdammten Rothaut, wenn er mir nicht augenblicklich alles gesteht …«
    Doch der Gouverneur wurde unterbrochen. Drei andere Männer betraten den Raum, und einer rief erstaunt: »Weshalb machen Eure Exzellenz sich die Mühe, einen Dolmetscher einzusetzen? Dieser Indio spricht kastilisch so fließend wie ich!«
    »Wie?« fragte Coronado verwirrt. »Woher wißt Ihr das? Wie könnt Ihr das wissen?«
    Bruder Marcos de Niza lächelte fromm und erwiderte selbstzufrieden: »Wir Weißen sagen gerne, wir könnten die verdammten Rothäute nicht voneinander unterscheiden. Aber dieser ist mir aufgefallen, als ich ihn das erste Mal gesehen habe. Er ist für einen Mann seiner Rasse ungewöhnlich groß. Außerdem trug er spanische Kleidung und ritt ein Armeepferd, ein Grund mehr, ihn nicht zu vergessen. Das war damals, als ich Cabeza de Vaca in die Stadt Mexico begleitete. Der Teniente, der den Trupp führte, erlaubte diesem Mann, die Nacht in unserem Lager zu verbringen, weil …«
    Coronado unterbrach ihn: »Das ist alles höchst sonderbar. Aber spart Euch Eure Erklärungen für später, Bruder Marcos. Im Augenblick brauche ich wichtigere Informationen. Ich glaube, wenn ich sie dem Gefangenen entlockt habe, wird er nicht mehr so groß sein.« Die Dienste des Dolmetschers waren wieder notwendig, denn jetzt erhob der Mann, der mit dem Lügenden Mönch hereingekommen war, seine Stimme – mein verräterischer Vetter Yeyac. Er verstand kaum ein Wort Spanisch, doch offenbar hatte er den Sinn von Coronados Bemerkung erfaßt.
    Yeyac protestierte auf náhuatl, und der Dolmetscher übersetzte: »Eure Exzellenz halten ein blankes Schwert in der Hand und sprechen davon, Stücke von diesem Mann abzuschneiden. Ich kann Eurer Exzellenz versichern, daß eine Obsidianklinge schärfer ist als Stahl und daß man damit noch kunstvoller schneiden kann. Ich habe Eurer Exzellenz vielleicht nicht berichtet, daß ich die Kugel aus einem Donnerstock im Leib trage und diesen Umstand ihm zu verdanken habe. Doch ich erinnere auch daran, daß Eure Exzellenz sein Zerhacken und Zerstückeln mir versprochen haben.«
    »Ja, ja, schon gut«, brummte Coronado gereizt und stieß das Schwert heftig zurück in die Scheide. »Bringt Euer verwünschtes Obsidianmesser her. Ich werde die Fragen stellen, und Ihr könnt an ihm herumschneiden, wenn er unbefriedigende Antworten gibt.«
    Jetzt erhob Bruder Marcos Einwände. »Eure Exzellenz, als ich diesen Mann das erste Mal traf, behauptete er, ein Abgesandter des Bischofs Zumárraga zu sein. Außerdem stellte er sich als Juan Británico vor. Ganz gleich, ob er auch nur in die Nähe des Bischofs gekommen ist, irgendwann ist er unwiderruflich getauft worden und hat einen christlichen Namen erhalten. Also ist er ein Abtrünniger, mit größter Wahrscheinlichkeit sogar ein Ketzer. Daraus folgt, daß er in erster Linie der kirchlichen Jurisdiktion untersteht. Ich werde ihn mit Freuden verhören, schuldig sprechen und zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilen.«
    Ich begann bereits zu schwitzen, und dabei hatte ich noch kein Wort von der dritten Person gehört, die Yeyac und den Lügenden Mönch begleitete. Es war G’nda Ké. Natürlich wunderte es mich nicht, sie in dieser Gesellschaft zu sehen. Selbstverständlich stand sie auf der Seite der Sieger, nachdem sie den Hinterhalt überlebt oder bereits im voraus davon gewußt hatte. Dem Dolmetscher schien es schwindlig zu werden, weil er sich von einem zum anderen wenden mußte, während er die Unterhaltung für die verschiedenen Teilnehmer übersetzte.
    Jetzt wiederholte er auf spanisch, was die falsche Schlange G’nda Ké sagte: »Mein guter Bruder, dieser Juan Británico mag ein Verräter an Eurer heiligen Mutter Kirche sein. Doch Eure Exzellenz Coronado, er war ein sehr viel größerer Verräter an Eurer Provinz! Ich kann den Beweis dafür erbringen, daß er für die zahllosen Überfälle unbekannter und bisher nicht gefaßter Aufrührer in ganz

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