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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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keine.
    Die Wachen banden mir die Arme seitlich am Körper fest, bevor sie mich am nächsten Morgen zum Gouverneur führten. Doch auf eine Geste von ihm nahmen sie mir die Fesseln ab und traten beiseite. Neben etlichen anderen Soldaten befanden sich G’nda Ké, Bruder Marcos und sein Führer Esteban im Raum. Sie verhielten sich alle so ungezwungen, als seien sie Coronado gleichgestellt.
    Der Gouverneur sagte zu mir: »Ich habe Yeyac von der Teilnahme an dieser Unterhaltung befreit, denn offen gestanden, kann ich den falschen Hijoputa nicht ausstehen. Nach unserem letzten Gespräch halte ich Euch, Juan Británico, für einen ehrenhaften und aufrichtigen Mann. Deshalb biete ich Euch hier und jetzt das gleiche Bündnis an, das mein Vorgänger, Gouverneur Guzmán, mit diesem Yeyac geschlossen hat. Ihr werdet freigelassen, und der andere Reiter, der zusammen mit Euch gefangengenommen wurde, ebenfalls.« Auf eine Geste führte ein Soldat aus einem angrenzenden Raum den Tícitl Ualíztli herein. Der Arzt wirkte mürrisch und sah mitgenommen aus, schien aber unverletzt zu sein. Seine Anwesenheit komplizierte meinen Fluchtplan etwas, machte ihn jedoch nicht undurchführbar. Ich freute mich, daß ich vielleicht in der Lage sein würde, Ualíztli mitzunehmen. Ich winkte ihn neben mich und wartete darauf, den Rest des sogenannten Angebots des Gouverneurs zu hören. Er fuhr fort: »Es wird Euch erlaubt, an den sogenannten Ort Aztlan zurückzukehren und Eure Herrschaft dort wieder anzutreten. Ich verbürge mich dafür, daß weder Yeyac noch ein anderer seiner Anhänger Eure Souveränität anfechten wird.« Er ballte die Fäuste. »Und wenn ich den verdammten Maricón umbringen muß, um das zu verhindern!« Er beruhigte sich wieder und fuhr mit einem diplomatischen Lächeln fort: »Ihr und Euer Volk werdet unbeeinträchtigt durch meine Feldzüge oder meine Eroberungen Euer angestammtes Land behalten und dort in Frieden leben.« Er lächelte noch einmal betont verbindlich. »Mit der Zeit werden die Azteca und wir Spanier es vielleicht nützlich finden, Handel zu treiben und andere Verbindungen aufzubauen, aber nichts dergleichen wird Euch aufgezwungen werden.«
    Er machte eine Pause und wartete ab. Da ich schwieg, fuhr er mit großem Nachdruck fort. »Als Gegenleistung garantiert Ihr, daß Ihr keine weitere Rebellion in Neugalicien, Neuspanien oder einem anderen Land Seiner Majestät in der NEUEN WELT anführen und auch nicht unterstützen werdet. Ihr werdet diesen Banden von Aufrührern im Süden befehlen, die Überfälle zu beenden. Und Ihr werdet schwören, wie Yeyac es getan hat, jedes Vordringen der lästigen Indios aus dem Norden in die Tierra de Guerra zu verhindern. Was sagt Ihr dazu, Juan Británico? Seid Ihr einverstanden?«
    Ich erwiderte: »Ich danke Euch, Señor Gobernador, für die schmeichelhafte Einschätzung meines Charakters und für Euer Vertrauen darauf, daß ich ein gegebenes Wort nicht brechen werde.« Ich verneigte mich leicht. »Ich halte Euch ebenfalls für einen ehrenhaften Mann. Aus diesem Grund werde ich Euch nicht mißachten und keine Schande über mich bringen, indem ich Euch mein Wort gebe und es dann breche.« Er runzelte die Stirn, doch ich fuhr unbeeindruckt fort: »Es muß Euch voll und ganz bewußt sein, daß das, was Ihr mir und meinem Volk anbietet, nur das ist, was wir schon seit jeher haben und worum wir immer kämpfen werden. Wir Azteca haben Euch und allen anderen weißen Männern deshalb den Krieg erklärt. Tötet mich auf der Stelle, Señor, und ein anderer Azteca wird unsere Krieger in diesen Kampf führen. Ich lehne deshalb mit allem Respekt das angebotene Bündnis ab.«
    Coronados Gesicht hatte sich verfinstert, während ich sprach. Ich bin sicher, er wollte mich wütend verwünschen und in seine christliche Hölle schicken, doch in diesem Augenblick kam Esteban, der die ganze Zeit gemächlich im Raum auf und ab gegangen war, in meine Reichweite.
    Ich legte blitzschnell den Arm um seinen Hals, drückte ihn eng an mich und zog mit der freien Hand das Stahlmesser aus der Scheide an seinem Gürtel. Esteban bemühte sich, so gut es ging, freizukommen, ließ jedoch davon ab, als ich ihm die Klinge an den Hals drückte. Ualiztli sah mich staunend von der Seite an. »Soldaten!« schrie G’nda Ké durch den Raum. »Tötet den Mann!« Natürlich verstand sie niemand, denn sie sprach Náhuatl. Doch jeder wußte genau, was sie meinte. »Tötet sie beide!«
    »Nein!« rief Bruder Marcos

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