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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Golden glänzend wie die Tiere um sie herum stand sie strahlend und schön auf der Klippe, winkte mir fröhlich zu, tauchte ins Meer und kam nie wieder nach oben.
    Als mir schließlich klar wurde, daß selbst die Frau mit der stärksten Lunge nicht so lange hätte unter Wasser bleiben können, stieß ich einen lauten Schrei aus. Alle anderen Taucherinnen, die noch an seichten Stellen am Ufer standen, wateten erschrocken durch das hoch aufspritzende Wasser an Land, weil sie vermutlich glaubten, ich hätte die Rückenflosse eines Hais gesehen. Nach einigem Zögern schwammen die Mutigen von ihnen wieder zurück zu der Stelle, auf die ich wies und wo Ixinatsi ins Wasser gesprungen war. Sie tauchten bis zur Erschöpfung immer und immer wieder, ohne sie zu finden oder einen Hinweis darauf, was ihr zugestoßen war. »Unsere Frauen«, sagte eine brüchige Stimme neben mir, »werden nicht alle so alt wie ich.«
    Es war Kukú, die natürlich eilends herbeigekommen war. Sie hätte mir heftige Vorwürfe machen können, weil ich den Frieden in ihrem Reich gestört hatte und mitschuldig an Grilles Tod war. Doch die Worte der alten Frau klangen, als wollte sie mich trösten. »Kinu-Tauchen ist mehr als harte Arbeit«, sagte sie. »Es ist sehr gefährlich. Dort unten lauern räuberische Fische mit spitzen Zähnen oder Giftstacheln. Andere haben Tentakel, die sich um einen Menschen schlingen und ihn nicht mehr loslassen.« Sie stieß einen langen und tiefen Seufzer aus. »Ich glaube allerdings nicht, daß Ixinatsi einem solchen Fisch zum Opfer gefallen ist. Wenn sich Räuber in der Nähe befinden, warnen uns die Seelöwen durch ihr Bellen. Es ist leider wahrscheinlicher, daß sie verschlungen worden ist.«
    »Verschlungen?« wiederholte ich, wie vom Donner gerührt. »Kukú, wie kann eine Frau vom Meer verschlungen werden, in dem sie ihr halbes Leben verbracht hat?«
    »Nicht vom Meer … von der Kuchúnda.«
    »Was ist die Kuchúnda?«
    »Eine riesige Molluske, wie eine Auster oder eine Muschel, nur sehr viel größer. Sie ist so groß wie der Felsen, auf dem die Seelöwen dösen, und groß genug, um einen Seelöwen zu verschlingen. Hier in der Nähe gibt es mehrere Kuchúndachas, und wir wissen nicht immer, wo sie sich aufhalten, denn sie können wie Schnecken kriechen. Aber sie sind sichtbar, und man kann sie erkennen. Die Kuchúnda hat die große obere Schale wie eine Falle immer weit geöffnet, um sie über einer unvorsichtigen Beute zuschnappen zu lassen. Deshalb halten unsere Frauen gebührenden Abstand zu ihnen. Ixinatsi muß ganz von ihrer Arbeit in Anspruch genommen gewesen sein. Vielleicht hat sie eine außergewöhnliche Kinu gesehen, denn das kommt manchmal vor, wenn eine Auster mit geöffneten Schalen daliegt. Deshalb war sie unvorsichtig und hat vermutlich in ihrer Wachsamkeit nachgelassen …«
    Ich sagte niedergeschlagen: »Sie hat vorher versprochen, eine außergewöhnliche Perle für mich heraufzubringen.«
    Die alte Frau zuckte die Schultern und seufzte: »Die Kuchúnda hat bestimmt ihre Schale geschlossen, als Ixinatsi sich ganz oder zum größten Teil in ihr befand. Da sie nicht kauen kann, verdaut sie das Opfer langsam mit ihren zersetzenden Säften.«
    Mich schauderte bei der Vorstellung, und ich verließ unglücklich den Platz, von dem aus ich meine geliebte Grille zum letzten Mal gesehen hatte. Auch die Frauen wirkten traurig, doch sie klagten und weinten nicht. Sie schienen den Unglücksfall hinzunehmen, als sei er nichts Ungewöhnliches, sondern eher etwas Alltägliches.
    Der kleinen Tiripetsi hatte man bereits gesagt, daß ihre Mutter nicht wiederkommen werde, aber auch sie weinte nicht, so wie ich nicht weinte. Ich trauerte schweigend und verfluchte stumm die Götter, die sich wieder einmal ungebeten in mein Leben eingemischt hatten. Wenn sie in entscheidenden Augenblicken eingreifen mußten, um mich mit Nachdruck und Strenge auf den Weg und die Tage meiner Zukunft hinzuweisen, so haderte ich, denn sie hätten es tun können, ohne das Leben der unschuldigen, lebenslustigen und wundervollen Grille auf so schreckliche Weise zu beenden. Ich nahm von Tiripetsi und Kukü Abschied, aber von keiner der anderen Frauen, damit sie nicht versuchen würden, mich zurückzuhalten. Dorthin, wo ich ging, konnte ich das Kind nicht mitnehmen, und ich wußte, alle seine Tanten und Cousinen auf den Inseln würden sich liebevoll seiner annehmen.
    Im Morgengrauen legte ich den schönen Pelzmantel um, den Ixinatsi für mich

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