Der Sohn des Bannsängers
zubereitet worden war. In Chichurogs Zelt herrschte bei Gastgebern und Gästen gleichermaßen Zufrieden- heit. Zur Überraschung der Otter gab es sogar ein Tablett aus poliertem Holz mit einem großen Haufen Trockenfisch darauf.
»In der Nähe gibt es vom Wasser ausgewaschene Höhlen«, erklärte ihr Gastgeber, »in denen farblose, blinde Fische leben.« Der Meerkater lächelte. »Aber geschmacklos sind sie nicht, das kann ich versichern. Ihr Fleisch ist zart und saftig und stellt eine willkommene Abwechslung dar.«
Damit waren auch die letzten Zweifel der Otter so wirkungsvoll ausgeräumt, als habe man sie mit einem scharfen Messer herausgeschnitten. Selbst der stets argwöhnische Gugelund mußte zugeben, daß man sie nicht freundlicher hätte aufnehmen können.
Viz kam mit merklich angeschwollenem Bauch ins Zelt geflogen und landete auf Buncans Schulter.
»Laß dir nicht anmerken, daß ich dir was erzähle, aber wir stecken in Schwierigkeiten.«
Buncan winkte lächelnd eine obstbeladene Meerkatze weiter.
»Was willst du damit sagen?«
»Rat mal. Es geht um Snaug.«
Diesmal fiel es Buncan erheblich schwerer, die Fassung zu bewahren. »Erzähl mir nicht, sie hätten ihn betrunken gemacht.«
Man hätte meinen können, Viz säubere Buncan mit dem Schnabel das Ohr. »Es muß passiert sein, als ich hier bei euch war. Ich weiß nicht, ob sie's absichtlich getan haben oder ob's ihm einfach nur geschmeckt und er um mehr gebeten hat. Snaug kann man so leicht nichts abschlagen. Ist ja auch egal. Jedenfalls liegt er jetzt völlig weggetreten flach auf der Seite und schnarcht wie ein Abzugsschacht aus der Hölle. Ich glaube nicht, daß er vor morgen früh wieder aufstehen, geschweige denn laufen kann.«
»Was redet ihr da?« Chichurog beugte sich vor, und Buncan erinnerte sich auf einmal, gelesen zu haben, daß Meerkatzen ein außergewöhnlich gutes Gehör hätten. »Euer großer Freund schläft bereits?« Der Dorfführer stieß ein scharfes, kreischendes Bellen aus, ähnlich dem Gelächter der Otter, bloß in einer höheren Tonlage.
»Er wird bestimmt gut schlafen. Wie ihr alle. Morgen begehen wir dann die Zeremonie.«
Buncan nahm betont schüchtern die Duar von den Schultern, legte sie sich auf den Schoß und tat so, als prüfe er die Saitenspannung. Er bemühte sich, seiner Stimme einen unbekümmerten Ton zu verleihen. »Was für eine Zeremonie?«
»Die Zeremonie der Fruchtbarkeit.« Chichurog blickte zum Zeltdach hoch. »Morgen nacht haben wir Vollmond. Wir müssen für eine reiche Ernte Sorge tragen.«
Buncan entspannte sich wieder. Für einen Moment hatte sein angeborenes Mißtrauen die Oberhand gewonnen. »Wie sieht die Zeremonie der Fruchtbarkeit aus?« Wie immer sie begangen wurde, überlegte er, bedrohlich klang das jedenfalls nicht.
»Ihr habt unsere Felder gesehen.«
»Ebenfalls in prachtvollem Zustand.« Gugelund schmeichelte ihrem Gastgeber nach Kräften.
Chichurog quittierte das Kompliment mit einem Kopfnicken.
»Wir sind stolz auf das, was wir der Tamas-Wüste abgerungen haben. Unsere Felder ernähren uns nicht nur; sie ermöglichen es uns, an einem Ort in Wohlstand zu leben, wo nur wenige andere überleben können. Wir pflegen sie, als hinge unser Leben davon ab, was ja auch der Fall ist. Die Xi-Murogg sind viele Jahre in der Tamas-Wüste umhergewandert, bis sie diesen Ort entdeckten und sich hier niederließen. Seitdem haben wir die Erde dieses Canons gehegt und gepflegt wie unser eigenes Fleisch. Wir verfügen über reichlich Arbeitskräfte und ausreichend Wasser. Lediglich ein einziger Mangel macht uns das Leben schwer.«
»Das habe ich mir fast schon gedacht«, meinte Gugelund.
Worüber reden die eigentlich? dachte Buncan. Obwohl er der Unterhaltung aufmerksam gefolgt war, hatte er auf einmal das Gefühl, den Faden verloren zu haben.
Chichurog blickte Gugelund offen ins Gesicht. »Du bist aufmerksam, Reisender. Zahlreiche erfolgreiche Ernten haben den Boden ausgelaugt und geschwächt. Der Regen schwemmt von den Wänden ein paar Nährstoffe herunter, doch das reicht bei weitem nicht aus. Unser Quellwasser ist klar und rein, womit uns in diesem Fall auch nicht geholfen ist. Wir verwenden den Dung der Reit- und Zugtiere als Dünger, doch damit erzielen wir keine ausreichende Wirkung.
Daher nehmen wir jede Gelegenheit wahr, unsere kostbaren Felder mit zusätzlichem Dünger zu versorgen.«
Gugelund lächelte geziert. »Wenn Sie unsere persönlichen Ausscheidungen verwenden möchten, wäre
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