Der Sohn des Bannsängers
Instrument hereingereicht. Buncan schloß es liebevoll in den Arm, untersuchte es gründlich nach Beschädigungen. Anscheinend war es unversehrt. Erst als er zufrieden war, wandte er sich an die gespannt wartenden Otter.
»Etwas Einfaches«, sagte er. »Gerade genug für eine Demonstration.«
»Mist, am liebsten würde ich die ganze verdammte Stadt plattmachen.« Squill war schamlos enttäuscht.
»Wie war's, wenn wir die Stäbe auflösen würden?« Neena lächelte die Ratte liebenswürdig an. »Würde das als Beweis genügen?« Der Kommandant versteifte sich ein wenig. Zum erstenmal wirkte er leicht verunsichert. Die beiden Murmeltiere hingegen zeigten keinerlei Reaktion.
»Das wäre interessant«, räumte Multhumots Begleiter ein. Buncan verneigte sich leicht und schickte sich an, den Gesang der Otter zu begleiten.
»Es fehlt die Freiheit mir Will endlich raus und fort von 'ier.
'ier stinkt's mir, jetzt reicht's mir Weg mit den 'enkern, will zu unsern Stänkern. Wir und unsre Freunde, das meinen wir.«
Der Nebel, der sich diesmal materialisierte, war dunkel und bedrohlich. Er verdichtete sich zu einer kompakten Kumuluswolke, die erst grollte und dann blitzte. Die Murmeltiere waren fasziniert und wichen nicht von der Stelle, während der Kommandant ein paar Schritte in Richtung Ausgang machte.
Winzige Blitze liefen die Gitterstäbe hinauf und hinunter und wanden sich um das Metall, auf der Suche nach den Stellen, wo die Stäbe mit Wand und Boden verbunden waren. Das Wetterleuchten verwandelte die Gesichter der Bannsänger und des Spielers in grobe Reliefe. Am Ende des Korridors versammelten sich angstvoll lauschend Wachposten und Verwaltungsbeamte.
Multhumot hob gelassen die beiden kurzen Arme und murmelte vor sich hin. Sein Kollege holte ein Fläschchen aus seinem weiten Gewand und spritzte den Inhalt auf die Stäbe. Die Flüssigkeit roch durchdringend nach Zitrone und Ammoniak.
Buncan rümpfte die Nase, als ihn der Geruch erreichte, und gleichzeitig wußte er, daß die Otter mit ihren weit empfindlicheren Nüstern ihn kaum würden ignorieren können.
Eine zweite Wolke erschien auf dem Gang. Sie war strahlend weiß, rein und flaumig und silberdurchwirkt. Nach Multhumots Anweisungen trieb sie zielstrebig auf die Zelle zu. Buncan bemühte sich, sie nicht zu beachten, während die Otter angestrengt weiterrappten.
Die elfenbeinfarbene Wolke berührte die andere Wolke, die sich über die Gitterstäbe ausgebreitet hatte. Blitze zuckten über die Berührungsstelle hinweg, und beißender Ozongeruch lag in der Luft. Der dunkle Nimbus, den Buncan und seine Freunde heraufbeschworen hatten, begann in kleine, harmlose Wölkchen auseinanderzubrechen.
Als ein heller Strahlenblitz aufflammte, kniffen alle die Augen zusammen. Der Geruch nach Zitrone und anderweltlichem Raumdeodorant war stärker denn je. Obwohl sie so entschlossen sangen und spielten wie zuvor, vermochten Buncan und seine Kameraden die dunkle Wolke nicht zu regenerieren.
»Soviel zu eurer erbärmlichen Zauberei.« Multhumots Kollege wirkte erfreut. »Wir Hygrianer können sie hinwegfegen, sie aus dieser Dimension hinwegschwemmen, sie mittels desinfizierender Beschwörungen wirkungslos machen. Von nun an wird diese Zelle weißer als weiß und quietschrein sein, all euren Bemühungen, sie mit eurem fremdländischen Banngesang zu besudeln, zum Trotz.«
»'ört mal Leute, damit lassen wir sie nicht durchkommen!« platzte Squill wütend heraus. »Probieren wir's noch mal, Kumpel.«
»Ich weiß nicht, Squill.« Buncan ließ müde die Finger sinken.
»Ich fühle mich im Moment nicht besonders. Vielleicht sollten wir erst mal drüber nachdenken.«
»Laß uns jetzt nicht 'ängen, Bunkie«, flehte Neena ihn an. Buncan straffte sich mühsam. »Also gut. Noch einmal.«
»Jetzt wollen wir's den Scheißkerlen mal richtig zeigen.«
Squill beriet sich halblaut mit seiner Schwester. Als sie sich über den Text geeinigt hatten, begannen sie zu singen.
Der Nebel, der diesmal aus der Duar quoll, zeigte ein pulsierendes, zorniges Rot, das kreischte und schnatterte. Dem messerscharfen Text der Otter entsprachen scharlachrote Klingen, die aus dem schillernden Nebel zum Vorschein kamen. Während die Wolke unaufhaltsam auf die Gitterstäbe zutrieb, flitzten sie emsig auf und ab, auf der Suche nach etwas, das sie durchschneiden könnten.
IX
Der Kommandant machte ein langes Gesicht und zog sich ans andere Ende des Ganges zurück, wo er sich neben der Tür niederhockte.
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