Der Sohn des Bannsängers
dem Spiel.« Er zögerte. »Es gibt nur eines, was ihm helfen könnte.«
»Und das wäre?«
Viz beugte sich vor, bis sein Schnabel nur noch eine Daumenbreite von Buncans rechtem Auge entfernt war. »Man müßte ihm seinen Panzer wiedergeben.«
»Das soll wohl ein Witz sein. Gugelund hat doch bereits gesagt, daß wir kaum noch Geld haben.«
Der Madenhacker straffte sich. »Nun, du hast mich gefragt. Weißt du, wenn er da eben von Ehre und Tugend und Ritterlichkeit dahergeredet hat, dann hat er das wortwörtlich so gemeint. Er nimmt das ganze Zeug ernst, in diesem ganzen gewaltigen Körper ist nämlich kein einziger falscher Knochen. Wenn er nüchtern ist, ist er das edelmütigste Geschöpf auf Erden.«
Buncan musterte die gewaltige Gestalt Snaugenhutts und versuchte sich vorzustellen, wieviel es kosten würde, einem solchen Koloß eine Rüstung zu besorgen. Das wäre, als versuchte man, ein Schiff zu panzern. Was das Nashorn gewissermaßen ja auch war: ein Landschiff auf vier Beinen.
»Ausgeschlossen«, meinte er zu Viz. »Gugelund hat auch nicht annähernd genügend Geld.«
»Schade. Aber es gibt sowieso keine Garantie dafür, daß es klappen würde.« Der Madenhacker schaute nachdenklich drein.
»Obwohl ich's schon gern mal ausprobiert hätte.« Er beugte sich wieder vor. »Ich habe ein ziemlich gutes Gehör. Hast du nicht erwähnt, daß du Bannsänger bist?«
Buncan nickte. »Meine Ottergefährten und ich. Wir arbeiten zusammen.«
»Warum bannt ihr dann nicht einfach seine Rüstung wieder herbei?«
»Glaubst du, daran hätte ich noch nicht gedacht?« Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Wir sind nur zu dritt komplett. Ich spiele die Duar, und die beiden rappen.« Als er das verdutzte Gesicht des Madenhackers sah, setzte er hinzu: »Das ist eine Art Gesang.«
»Habt ihr es schon mal als Duo versucht?«
»Eigentlich nicht. Wir haben so gut als Trio zusammengearbeitet, daß ich eine gewisse Scheu davor habe, was Neues zu probieren. Wenn's nur ein bißchen danebenhaut, kann die Bannsingerei seltsame Wirkungen hervorbringen.«
»Versucht's halt mal«, drängte ihn Viz. »Wenn's schiefgeht, sprechen wir euch von jeglicher Verantwortung frei.« Der Vogel hob beide Flügel ein wenig an. »Es ist ja nicht so, als ob wir beide noch etwas zu verlieren hätten.«
Buncan überlegte. »Also gut. Ja. Versuchen wir's halt mal.« Squill war skeptischer, aber die Vorstellung, Buncan könnte es allein probieren und tatsächlich zu singen anfangen, bewog ihn schließlich, doch mitzumachen.
Buncan begann zu spielen, und der Otter improvisierte zögernd ein paar Zeilen dazu, eine Art Verhüllungsrap, der zu aller Überraschung tatsächlich eine kleine Nebelwolke um den verwirrten Snaugenhutt hervorbrachte. Die Wolke war nicht besonders dicht und hielt nicht lange vor, doch das Ergebnis war eindeutig metallischer Natur.
Als der Song endete, war Snaugenhutt von Kopf bis Fuß von einem glänzenden, metallischen Material umhüllt. Ihre anfänglichen Hoffnungen zerstoben jedoch, als sie herausstellte, daß selbst Viz den Metall- ›Panzer‹ mühelos mit dem Schnabel zerfetzen konnte. Der Banngesang hatte funktioniert, doch ohne Neenas Mitwirkung hatte er sich als wenig wirkungsvoll erwiesen.
»Was ist das für ein Zeug?« Der Madenhacker spuckte einen silbrigen Fetzen aus, der trudelnd zu Boden flatterte.
Buncan pellte ein Stück von Snaugenhutts Schulter ab. »Sieht aus wie etwas, das mein Vater mal aus der Anderwelt mitgebracht hat. Meine Mutter benutzt es beim Kochen.«
»Das ist zwar hübsch«, nörgelte Viz, »aber als Panzer total unbrauchbar.«
»Mir ist warm«, stöhnte Snaugenhutt. »Holt mich hier raus.« Mit vereinten Kräften hatten die entmutigten vier das Nashorn bald befreit.
»So! Jetzt bin ich dran.« Buncan und die anderen schauten zum aufgebrachten Squill hin. »Das 'eißt, wenn ihr diesen alten Burschen wirklich an'euern wollt.« Er funkelte das Nashorn an, das seinem Blick allerdings nicht standzuhalten vermochte.
»Ich weiß nicht.« Snaugenhutt war kaum zu verstehen. »Ich weiß nicht, ob ich noch was tauge. Ob mit oder ohne Panzer.«
Viz flatterte zu seinem Gefährten und landete auf dessen Schädel. »Aber bestimmt taugst du noch was, Snaug. Körperlich bist du fit. Was dir fehlt, ist der Kampfgeist.«
Das Nashorn leckte sich über die Lippen. »Wo du gerade von Geistigem sprichst...«
»NEIN!« Viz hüpfte so weit vor, bis er sich hinunterbeugen und Snaugenhutt direkt ins Auge blicken
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