Der Sohn des Donnergottes
und nicht einmal ein Klappbett. Auch der Kiefer war noch empfindlich, so daß er beim Heulen weh tat.
Natürlich konnte Sampsa die bedauernswerte arme Frau nicht einfach mit ihrem Kind auf der Straße stehen lassen. Er ließ die beiden vorerst im Hinterzimmer seines Antiquitätenladens wohnen. Im Leben der Frau schien alles wieder ins rechte Geleis gekommen zu sein, vor allem als Sampsa sie als Ladenhilfe einstellte. Sampsa brauchte eine Angestellte, denn schließlich sollte er sich eigentlich auch um den Ronkaila-Hof kümmern und außerdem im Land herumreisen, um antike Möbel zu kaufen.
Nicht lange und es ergab sich, daß Sampsa, als er einmal über Nacht im Geschäft blieb, am nächsten Morgen neben Frau Moisander im selben Bett aufwachte. Für einige Monate wurde das gewissermaßen zur Gewohnheit, bis die Frau auf den Gedanken kam, zu all dem gezwungen worden zu sein.
Sampsa, der glaubte, bezüglich Frau Moisander ein Wohltäter zu sein, mußte nun erkennen, daß er in Wahrheit ein Bösewicht war, ein Wüstling, der eine alleinerziehende Frau, die sich in einer ausweglosen Lage befand, mißbrauchte. Im Lauf der Jahre machte sich die Frau immer mehr in Sampsas Haushalt breit. Sie behauptete, er habe ihr Leben zerstört, und wenn Sampsa dann vorschlug, sie solle ihre Sachen packen und verschwinden, stimmte sie ein unglaubliches Gezeter an. Frau Moisander war eine erfahrene Hysterikerin, die imstande war, ihren Vorgesetzten Jahr um Jahr derart zu unterdrücken, daß Sampsa nicht mehr wußte, wem das Geschäft nun eigentlich gehörte, der Hilfskraft oder ihm selbst.
Eines Tages beschloß er, sich zusammenzureißen. Er kündigte seiner Ladenhilfe und drohte damit, ihr Bettzeug höchstpersönlich auf die Straße zu tragen. Darüber geriet Frau Moisander dermaßen in Rage, daß sie laut schreiend hinausmarschierte und so lange auf der Straße heulte, bis Sampsa nichts anderes übrigblieb, als sie zu überreden, wieder in den Laden zu kommen. Sie drohte damit, sich in die Irrenanstalt einliefern zu lassen, falls Sampsa noch einmal das Wort Kündigung in den Mund nehmen sollte. Es zeigte sich, daß sie früher schon zweimal als Patientin dort war. Sampsa graute es vor einer Situation, in der seine Ladenhilfe in die Hysterieklinik käme und dort den Ärzten gegenüber behauptete, eine grausame Kündigung habe ihr Gemüt erschüttert.
Frau Moisander erledigte die Buchhaltung des Antiquitätengeschäfts derart nachlässig und unehrlich, daß Sampsa es mit der Angst zu tun bekam und fürchtete, wegen all der falschen Quittungen und Steuerbetrügereien im Gefängnis zu landen. Diese Angst machte sich Frau Moisander frech zunutze, sie erpreßte sich ständig neue Lohnerhöhungen, und schließlich lief es darauf hinaus, daß sich Sampsa vollkommen in ihrer Gewalt befand. Als Frau Moisanders Sohn achtzehn wurde, mußte Sampsa ihm ein Motorrad kaufen. Andernfalls hätte seine Mutter die Steuerfahndung angerufen und Sampsa wegen Steuerhinterziehung angezeigt.
All dem zum Trotz hielt Sampsa Ronkainen seinen Antiquitätenhandel aufrecht. Er liebte alte Gegenstände, insbesondere sammelte er Möbelstücke und Zubehör aus der Empirezeit. In seiner Sammlung befanden sich eine große Menge gustavianischer Möbel, von den späteren Epochen hatte es ihm vor allem der Jugendstil angetan. Es war mit viel Aufwand verbunden, einheitliche Zimmereinrichtungen zu beschaffen. Zwei oder gar drei Jahre konnten vergehen, bis eine einzige Sitzgruppe zusammengestellt war. In Sampsas Geschäft gab es auch viele kleinere Gegenstände, Gläser und Porzellan sowie bäuerliche Gerätschaften. Allein Aufsatzrocken für Spinnräder fanden sich annähernd zweihundert Stück im Laden. Kein einziges konkurrierendes Geschäft hatte so viele Aufsatzrocken zu bieten. Überdies waren Sampsas Rocken sehr alt und in gutem Zustand, man hätte sie jederzeit wieder in Gebrauch nehmen können.
Kurz vor zehn erschien Frau Moisander an ihrem Arbeitsplatz. Sie war eine fünfunddreißigjährige, schlanke, grau gekleidete und mit Makeup sparende Frau mit strenger Miene. Sie warf ihre graue Handtasche auf die Garderobe in der Eingangshalle und mäkelte:
»Hu, hier stinkt’s ja wieder mal schön nach Dreck und Staub! Wie ich diesen verschimmelten Plunder hasse!«
Sampsa hatte keine Lust, ihr zu antworten. Es war zwecklos, ihr vorzuschlagen, sich doch einen anderen Arbeitsplatz zu suchen, wenn sie diesen hier so verabscheute.
Über diese Möglichkeit hatte Frau
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