Der Sohn des Donnergottes
abscheulichen Anweisungen und erwartete, daß er sie immer und auf der Stelle befolgte. Auch diesmal konnte er sich schon ausmalen, was ihn das Gartenfest wieder kosten würde. Fünfzehn Flaschen Rotwein, Bier, Stangenweißbrot, Salate, Käse, Wurst… Fünfhundert Finnmark würden da kaum reichen. Das schlimmste war, daß auch noch das ganze Wochenende im Eimer war. Es würde laut werden auf dem Hof, Türen knallen, betrunkene Idioten lauthals unter den Bäumen im Garten lachen und die Musik Tag und Nacht spielen.
Sampsa beschloß, möglichst schlechten Rotwein zu kaufen. Oder vielleicht sollte er es sogar mit alkoholfreiem versuchen? Wenn man den dann noch mit ein paar Löffeln Rhizinusöl versetzte, müßten Anelmas und Sirkkas Gäste das ganze Wochenende auf einem verkackten Weg zur Toilette rennen.
In diesem Moment kam Sampsa auf die Idee, die Kultfigur mit in den Wald zu nehmen, zu demselben Felsen, wo ihn sein Vater einst gelehrt hatte, vor dem Donnergott auf die Knie zu gehen. Sampsa hatte die Stelle seinen Opferstein genannt, und er pflegte von Zeit zu Zeit, wenn ihn die Welt mal wieder recht prüfte, einen kleinen Gottesdienst für den Donnergott abzuhalten. Ein Feuer auf der Felsplatte, ein bißchen Eßbares ins Feuer, vielleicht noch einen Schuß Schnaps in die Flammen… das wirkte Wunder.
Sampsa wickelte den Fischgott wieder in das Papier, schob eine kleine Flasche Whisky in die Brusttasche seiner Jacke und ging hinaus. Mit der Absicht, den Weg bis zum Waldrand entlang der Ackerraine abzukürzen, betrat er das Feld. Dort brummte ein roter Traktor. Nyberg, der benachbarte Bauer, arbeitete auf einem Ronkaila-Acker. Er schien Unkrautvernichtungsmittel auszubringen: Hinter dem Traktor befand sich ein großer Kunststoffbehälter, der einen Nebel giftiger Flüssigkeit auf das Feld sprühte. Schon seit Jahren war Sampsa gezwungen, Land an Nyberg zu verpachten, der darüber verfügte, als ob es sein Eigentum wäre. Nyberg war ein sechzigjähriger Mann mit rotem Gesicht und einer bösen Zunge. Man erzählte sich, er habe einige Menschenleben auf dem Gewissen, da er während des Krieges Aufseher in einem Gefangenenlager gewesen war.
Nyberg handelte die Pacht immer weiter hinunter. Er beklagte sich, die Böden seien noch von den Zeiten des alten Ronkainen ausgelaugt. Trotzdem hatte er es als Sampsas Pächter im Lauf der Jahre zu Wohlstand gebracht und war der vermögendste Mann im ganzen Dorf. Sampsa hätte sein Land immer wieder einmal gerne auch an andere Bauern verpachtet, aber Nyberg ließ es nicht zu: »Das Land, das ich in Ordnung gebracht habe, verpachtest du an keinen anderen als mich. Wenn du es selbst bestellst, dann ist das deine Sache, aber wenn du’s an Fremde verpachtest, treffen wir uns auf dem Amtsgericht.«
Sampsa hatte überhaupt keine Lust, Nyberg zu treffen und wollte gerade mit großen Schritten im Wald verschwinden, als der Nachbar ihn bemerkte und mit dem Traktor auf ihn zufuhr. Sampsa blieb nichts anderes übrig, als am Ackerrand zu warten, bis Nyberg den Motor ausschaltete und sich forsch vom Fahrersitz schwang.
»Mensch, der Sampsa! Wie läuft das Geschäft mit den Rockenaufsätzen?« fragte der Nachbar lachend. »Hör mal, ich habe mir überlegt, wie wär’s, wenn du für den Acker hier auch einen Entwässerungsgraben anlegen würdest? Heutzutage lohnt es sich sonst eigentlich nicht mehr, mit den großen Maschinen und der ganzen Technik.«
Sampsa wußte, daß er nicht die Mittel hatte, alle seine Felder zu drainieren. Mit leiser Stimme sagte er, wenn ein gewöhnlicher Acker nicht gut genug sei, müsse Nyberg seine Felder eben bei jemand anderem pachten.
»Jetzt werd doch nicht gleich böse. Ich meine ja nur, als guter Nachbar. Wenn das hier so bleibt, wird das Brachland, glaube mir.«
»Bestimmt«, gab Sampsa zu. »Aber ich kann mir die Entwässerung nun mal nicht leisten.«
Nyberg wechselte das Thema. Er erzählte, was er für den Herbst geplant hatte, gleich nach der Ernte.
»Ich werde die Felder am Fluß dazunehmen und bepflanzen. Und beim Kanal legen wir im Herbst einen neuen Durchlaß an, oder was meinst du? Du zahlst die Rohre, und ich verlege sie. Und noch etwas. Ich bin ein bißchen in deinem Wald herumspaziert. Könnte man da nicht ein paar Bäume anzeichnen? Ich brauche Holz, weil ich mit dem Schweinestall weitermachen will. Ich hole die Stämme zum Stockpreis raus, wir können bei Gelegenheit ja mal hingehen, dann zeige ich’s dir.«
»Ich habe eigentlich nicht
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