Der Sohn des Donnergottes
Ladens das Bett richten. Sampsa hatte erzählt, daß es zu diesem Zweck dort Laken und Bettzeug gäbe.
»Sie an, du hast ja tatsächlich ein bißchen gewischelt«, sagte Rutja zu Frau Moisander, als er von seinem Spaziergang zurückkam. »Dann kannst du mir jetzt das Bett machen, ich bleibe nämlich über Nacht hier.«
Widerwillig richtete Frau Moisander das Bett. Sie schüttelte die Laken aus, schlug die Kissen und fühlte sich gedemütigt. Da kam ihr eine teuflische Idee. Sie zog das Sofa ganz auf und machte das Bett für zwei. Anschließend verkündete sie ihrem Arbeitgeber, der sich im Saal mit der Buchhaltung beschäftigte, sie bliebe ebenfalls über Nacht. In ihrer Wohnung würden gerade die Wasserrohre repariert, und sie war nicht scharf darauf, die Nacht in einem Hotel zu verbringen – das alles war natürlich gelogen.
»Außerdem haben wir früher ja auch schon zu zweit hier geschlafen. Du hast mich sogar oft vergewaltigt, Sampsa, weißt du das nicht mehr?«
Rutja sagte, er könnte sich schließlich nicht alles merken und vertiefte sich wieder in seine Listen. Sampsa hatte in der Tat seltsames Zeug in seinen Laden geschafft. Wie es aussah, befanden sich im Lager mehr als zweihundert Rockenaufsätze, zwölf Deichseluhren, sechs Butterfässer, mehr als zweihundert verschiedene Flaschen und Dosen, drei silberne Kerzenständer, fünfzehn Service aus Alabaster… All das war mit einer kleinen, sauberen Handschrift im Warenbestandbuch aufgeführt. War ein Gegenstand verkauft worden, hatte man einen entsprechenden Vermerk gemacht.
Am Abend ging Rutja in ein Restaurant, um eine Flasche Weißwein zu trinken. Er hatte den Eindruck, daß es eine klare Verbindung zwischen Wein und Wohlbefinden gab. Man müßte auch im Himmel Wein und Essen einführen, dachte er, im Grunde könnte man dort sogar ein paar Restaurants eröffnen. Die kleineren Schutzgeister würden die Speisen servieren, aus der Hölle könnte man einen forschen Türsteher anfordern. Es war nur schlecht, daß die Götter im Gegensatz zu den Menschen weder Hunger noch Durst hatten.
Nachdem sie das Bett gemacht hatte, zog sich Frau Moisander ins Badezimmer zurück. Im Spiegel betrachtete sie ihr blasses Gesicht. Ob sie immer noch in der Lage wäre, auf einen Mann Eindruck zu machen? Sie mußte es an Sampsa erproben, auch wenn das Arbeit bedeutete. Seit Jahren legte sie keinen Wert mehr darauf, sich zu schminken. Ihr Haar hing strähnig und kraftlos herunter, sie hatte dunkle Augenringe und auf der Stirn zeigten sich griesgrämige Falten. Seufzend suchte sie in ihrer Handtasche nach Schminkutensilien, konnte aber nicht viel finden. Nachdem sie das Wenige im Gesicht verteilt hatte, betrachtete sie ihr Spiegelbild. Das sah immer noch nicht gut aus.
Aber Frau Moisander hatte nun mal beschlossen, ihren Arbeitgeber zu verführen. Falls das nicht funktionierte, konnte sie Sampsa immer noch bei der Steuerbehörde anzeigen.
»Ich gehe schnell etwas einkaufen«, sagte sie zu Rutja, der aus dem Restaurant zurückgekehrt war. Und sie ging tatsächlich in ein Geschäft, in eine Drogerie, wo sie verschiedene Kosmetikartikel kaufte. Auf dem Rückweg machte sie einen Abstecher in einen Friseurladen, wo sie sich eine wild aussehende Lockenperücke auslieh. Wieder im Badezimmer ging ihr durch den Kopf, daß ja glücklicherweise auch die Spirale noch an ihrem Platz war.
Das Resultat einer zweistündigen harten Plackerei war, daß Frau Moisander ihr Aussehen gründlich verändert hatte. Die unscheinbare Ladenhilfe war verschwunden, ebenso die Falten und die strähnigen Haare, die Haut sah nicht mehr grau aus, und die Fingernägel waren nicht mehr rissig. Statt dessen stand da eine hinreißende Schönheit erster Klasse; das wallende Haar kräuselte sich verführerisch auf der Stirn, die Wangen schimmerten rötlich, die Lider grünlich, als Frau Moisander das Zimmer betrat.
Inzwischen hatte sich Rutja in die Federn begeben. Frau Moisander löschte das Licht, zündete auf einem antiken Kerzenständer eine Kerze an und trat ans Bett, wo sie sich langsam entkleidete. Sie ging behutsam vor, zog sich quälend langsam aus. Rutja sah sie an und stellte fest, daß sie sich angemalt hatte. Sampsa hatte recht gehabt, die Frauen färbten sich tatsächlich das Gesicht. Na ja, alles in allem sah Frau Moisander in angemaltem Zustand und im flackernden Kerzenlicht gar nicht so übel aus.
»Du hast einmal gesagt, daß ich feste Brüste habe«, flüsterte Frau Moisander, wobei sie ihre
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