Der Sohn des Donnergottes
Person nicht bei sich. Huimala schrieb etwas in sein Notizbuch, und Vahtonen meinte, in Zukunft täte der Kamerad gut daran, seinen Personalausweis mit sich zu führen, zumal er aussah wie ein Halbstarker. Dann konnte man sich endlich um die eigentliche Angelegenheit kümmern.
Die Polizisten klopften an die Tür des alten Hauses, die erneut verschlossen war. Sie fragten, wer zuletzt durch die Tür gegangen war.
»Nyberg ist als letzter durchgeflogen«, erklärte Rami. Die Ordnungshüter beschlossen, den erwähnten Landwirt Nyberg zu vernehmen. Dieser lag zu Hause mit verbundenem Kopf in der Kammer und war nicht so recht in Erzähllaune. Immerhin bekamen sie aus ihm heraus, daß er nicht wußte, wer ihn angegriffen hatte, und es auch gar nicht wissen wollte. Er äußerte lediglich, sie sollten ihre Arbeit machen, dann würden sie schon sehen. Er habe seinen Teil dazu beigetragen. Als man sich erkundigte, ob er eventuell Ansprüche auf die Bestie geltend zu machen habe, erwiderte der Befragte, über die ganze Sache nicht mehr sprechen zu wollen. Er behauptete, mit all dem nichts zu tun zu haben, was die Verletzungen, die er sich zugezogen hatte, allerdings nicht so recht bestätigen wollten. Wie festzustellen war, hatte der Mann am Kopf einige leichte Prellungen abbekommen, an beiden Seiten leichte Schürfwunden, geradeso, als hätte ihn jemand mit großen Fäusten gepackt, sowie ein paar blaue Flecken an den Hüften, die bei einer Berührung empfindlich weh taten.
Nach alldem kehrte die Amtsgewalt nach Ronkaila zurück.
»Aufmachen, im Namen des Gesetzes!« rief Wachtmeister Huimala auf der Treppe zum alten Haus. Vahtonen sicherte von der Seite. Als drinnen nichts zu hören war, bedienten sich die Polizisten des Schlüssels, den ihnen Anelma gegeben hatte, und drangen in den Wohnraum ein. Er war leer und verlassen. Nachdem sie das gesamte Erdgeschoß durchsucht hatten, gingen sie nach oben. Auf halbem Weg trat ihnen ein entsetzlich großer, pelziger Mann entgegen, der mit tiefer Stimme sagte:
»Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich fordere Sie auf, das Haus zu verlassen, sofern Sie keinen offiziellen Durchsuchungsbefehl haben.«
Beide Polizisten stellten augenblicklich fest, daß sie die entsprechende Erlaubnis nicht hatten, zumindest nicht schriftlich. Daher traten sie mit allem Anstand den Rückzug an, machten die Tür hinter sich zu und erklärten Anelma, den Fall mit dem Ortspolizeidirektor beraten zu müssen.
Auf dem Weg nach Suntio kamen sie jedoch überein, daß es nicht lohnte, dem Ortspolizeidirektor von der Sache zu berichten. Wachtmeister Huimala, der ein bemerkenswert religiöser Mensch war, schlug vor, zuerst mit dem Pfarrherrn Salonen zu sprechen, der beide Polizisten in den fünfziger Jahren konfirmiert hatte. Er schien der richtige Mann für den Umgang mit einer solchen Angelegenheit zu sein. Erst nachdem sie mit Salonen über alles, was geschehen war, gesprochen hätten, könnten sie dem Ortspolizeidirektor die Sachlage darlegen.
»Es kann nämlich sein, daß der Direktor uns nicht so recht versteht. Er ist noch ein junger Mann, er hat noch nicht mit richtigen Teufeln zu tun gehabt«, erwog Polizist Vahtonen, während er das Polizeiauto auf dem Hof des Gemeindehauses parkte.
»Ich finde auch, das ist eine viel zu tollkühne Geschichte, um sie der Verantwortung der Polizei zu überlassen«, stimmte Wachtmeister Huimala mit blassen Lippen zu.
15
Die Polizisten schilderten dem Pfarrherrn Salonen, was sich auf Ronkaila zugetragen hatte. Salonen hörte aufmerksam zu, denn Dinge aus der jenseitigen Welt interessierten ihn schon von Amts wegen. Als Huimala und Vahtonen die Annahme äußerten, in dem Haus gehe etwas Übernatürliches vor, versprach der Pfarrherr zu helfen, so gut er könne. Er fragte nach Details beim Aussehen des Gespenstes, nach Stimme und Verhalten, und machte sich Notizen.
»Wirklich interessant«, sagte er. »Auf die Schnelle ist es unmöglich zu sagen, um welches Phänomen es sich handelt, aber es muß etwas Außergewöhnliches sein. Ich habe bisher noch nie gehört, daß sich Gespenster – sofern es sie überhaupt gibt – gewalttätig benommen hätten.«
»Doch, Nyberg hat eindeutig Prügel bezogen«, bestätigte Wachtmeister Vahtonen.
»Er sah aus, als wäre er einem Bären in die Quere gekommen«, unterstrich Wachtmeister Huimala.
Pfarrherr Salonen versprach, das Gespräch mit dem Gespenst zu suchen. Beim Reden klärte sich vieles, behauptete er. Alle drei stiegen ins
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