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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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gewalttätigen und selbstgefälligen Nachbarn, schon seit Jahren empfand er so. In vielerlei Hinsicht war er gezwungen gewesen, die Abhängigkeit von diesem Mann zu akzeptieren, im Grunde tobte da unten einer herum, der ihn Jahr um Jahr ausnahm und sich dann auch noch vor allen im Dorf beklagte, daß es sich eigentlich nicht lohne, Land von Ronkainen zu pachten. Sampsa faßte den Entschluß, Nyberg endlich einen ordentlichen Denkzettel zu verpassen. Er stieg in Rutjas Gestalt die Treppe hinunter, so daß die Kraft des Sohns des Donnergottes in seiner Brust pulsierte, und er gar nicht imstande war, auch nur eine Spur von Furcht zu empfinden.
    Nyberg hingegen begann zu ahnen, bei diesem Besuch nicht mit seinen bloßen Fäusten auszukommen. Dennoch wollte er es versuchen. Was da den Raum betrat, war eine riesige Bestie, eine pelzige, grauenhafte Kreatur. Nyberg hätte sich am liebsten aus dem Staub gemacht, als die Gestalt näher kam. Plötzlich fiel ihm ein kleines Ereignis aus Kriegszeiten ein. Es war Nacht gewesen, als er auf einem von Fackeln erleuchteten, tief verschneiten Pfad Wache geschoben hatte, auf der einen Seite Stacheldraht, auf der anderen Seite die finstere Stadt Aunus. Da war ein Schneeball über den Stacheldrahtzaun geflogen und gleich darauf noch ein zweiter. Sie waren von der Seite der Gefangenen auf die Seite der Freiheit geworfen worden. Konnten erwachsene russische Kriegsgefangene Schneebälle formen wie es die Kinder in Finnland taten? Diese beiden Schneebälle erzeugten in Nyberg eine derartige Furcht, daß er die Maschinenpistole von der Schulter riß und das ganze Magazin in die Finsternis hinein leerschoß. Am nächsten Morgen fand man an der Ecke vom Depot zwei steif gefrorene Bewohner von Aunus.
    Jetzt war die Atmosphäre ähnlich. Nyberg wartete, daß die Bestie bei ihm war. Dann würde er zuschlagen, und wenn er mit aller Kraft zugeschlagen hatte, würde er sich, so schnell er konnte, davonmachen.
    Sampsa sah, daß Nyberg bereit war, sich auf ihn zu stürzen. Nichtsdestotrotz ging er geradewegs die Treppe hinunter in die Stube auf den Nachbarn zu. Nybergs Faust rauschte mit der Absicht durch die Luft, Sampsas Kopf zu treffen, und ein Bein bereitete sich zum Tritt vor. Mit einer blitzschnellen Bewegung nahm Sampsa ihn in den Schwitzkasten und begann, ihn zu schlagen.
    Einen Moment lang hatte er Lust, seinen Nachbarn umzubringen, aber dann schreckte er aus seinem göttlichen Zorn auf und begnügte sich damit, seinen Pächter kräftig durchzuschütteln, er knuffte ihn ein bißchen, wischte mit ihm ein ordentliches Stück Boden und Wand ab und beförderte ihn schließlich über die Veranda auf die Außentreppe, von wo er in weitem und hohem Bogen bis an den Anfang der Birkenallee flog. Anschließend schloß Sampsa die Haustür, löschte die Lichter und kehrte wieder zu seinen Büchern zurück. Auf seinem Gesicht lag ein spöttisches, zufriedenes Lächeln. Er war nicht einmal außer Atem geraten.
    Mit dreckverschmiertem und blutigem Gesicht schleppte sich Nyberg über die Birkenallee heimwärts, wobei er sich den Bauch hielt und humpelte. Er hatte sich kaum das Gesicht gewaschen, als seine Frau kam und ihm mitteilte, von Ronkaila sei angerufen und nach seinem Befinden gefragt worden. Nyberg knurrte, bedeutete seiner Frau, aus dem Weg zu gehen, und schleppte sich zum Telefon.
    »Da ist eine Bestie drin, ruft die Polizei! Ich werde dieses Wolfshaus jedenfalls nicht mehr betreten!«
    Schwer atmend ließ sich Nyberg aufs Bett fallen. Als seine Frau fragte, was eigentlich passiert sei, stammelte er:
    »Ich habe gekämpft, mit diesem… ach!« Dann drehte sich Nyberg zur Wand und keuchte schwer.
    Anelma blieb nichts anderes übrig, als den Ortspolizeidirektor von Suntio anzurufen, der sich die atemlose Erklärung der Frau einen Moment lang anhörte und dann Schutzmann Vahtonen befahl, nachzuschauen, was in Pentele eigentlich los war.
    Vahtonen fragte, worum es sich handelte, und als er hörte, auf dem Ronkaila-Hof wüte angeblich eine pelzige Menschenbestie, wurde er nachdenklich.
    »Vor kurzem ist eine Regel in Kraft getreten, derzufolge man nicht mehr allein zu einem Notruf fahren darf. Soll ich Huimala zu Hause abholen?«
    Eine Stunde nach dem Notruf fuhren die Schutzleute Vahtonen und Huimala im Streifenwagen nach Pentele und über die Birkenallee auf den Ronkaila-Hof. Dann vernahmen sie zunächst Anelma, Sirkka und Rami. Letzteren fragten sie nach seinen Papieren, aber die hatte die fragliche

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