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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Bruder ist bereit, dich mit in seine Heimat zu nehmen. Dein Auge wird dort eine neue Welt erblicken. Ein großes Glück für dich. Ein großes Glück für unser ganzes Volk, wenn du einmal im Rat der Krieger meinen Platz einnimmst —“
    Tesu war trotz aller indianischen Würde sichtbar bewegt. „Und — wann wird das sein?“
    „Tesu wird uns schon morgen verlassen.“
    Das war wie ein Donnerschlag.
    Der Kopfschmuck war jetzt noch das einzige, was bei Tesu an einen Krieger erinnerte. In Wirklichkeit stand da ein hilfloser Junge von fünfzehn Jahren, der es einfach nicht fassen konnte, daß sein bisheriges Leben von einer Sekunde zur anderen so sehr verändert sein würde.
    Tesu sagte kein Wort. Aber er sah mit großen, nassen Augen in die Gesichter der Krieger und zu seinem Vater. Was sollte Kuguah diesen traurigen, hellblauen Augen antworten?
    Das einzige, was er ihnen sagen konnte, war das: „Auch ich bin betrübt, wenn Tesu in die Ferne geht. Aber Tesu wird zurückkommen, und dann wird die Freude seines Vaters größer sein als alle Freuden zuvor.“
    Mister Webster war aufrichtig betroffen. Er machte unwillkürlich einen Schritt auf Tesu zu. Aber der Junge wich ihm aus.
    „Darf Tesu den Rat des Stammes wieder verlassen?“ fragte er.
    „Mein Sohn mag seinen Abschied vorbereiten“, erwiderte Kuguah.
    „Ich bedauere es jetzt“, meinte Mister Webster, als der Sohn des Häuptlings den Raum verlassen hatte, „daß ich meinem roten Bruder diesen Vorschlag gemacht habe.“
    Kuguah schwieg.
    Doch dann sah er plötzlich auf, und seine Stimme war so ruhig wie immer. „Die Sprache unseres Herzens ist warm und schön wie ein Tag im Frühling. Die Sprache unseres Verstandes ist von eisiger Klarheit wie der Winter. Auch wenn wir den Frühling mehr lieben, können wir dem Winter nicht entfliehen ...“
    Während Kuguah diese Worte sprach, drängte sich draußen Tesu durch die Gruppen der tanzenden und fröhlichen Menschen.
    Tesu suchte Tokana. Er fand ihn im Kreis junger Krieger.
    Wortlos griff Tesu nach der Hand des Freundes und zog ihn mit sich fort. Erst nach langem Lauf durch die Wälder blieb Tesu wieder stehen. Für eine kurze Sekunde nur. Dann fiel er plötzlich, wie von einem Pfeil getroffen, zur Erde. Sein ganzer Körper bebte. Tesu hatte das Gesicht in seine Arme vergraben und weinte.
    Tokana saß aufrecht an der Seite seines Freundes und blickte zu den Zelten hinüber.

Diese verdammte indianische Gelassenheit

    Mister Webster verhandelte mit Kuguah, seinem Berater Chingachgook und dem Rat der Krieger bis in die Nacht hinein. Verträge mußten besprochen, wieder geändert und schließlich unterschrieben werden.
    Kuguah hatte kaum drei Stunden geschlafen.
    Jetzt saß er mit seiner Frau Wah-ta-Wah im Halbdunkel seines Wohnzeltes und wartete auf Tesu.
    Es war kaum größer als alle übrigen Zelte des Stammes. Hier führte Kuguah sozusagen sein Privatleben. Hier war auch Tesu geboren und aufgezogen worden, und hier nahm man die täglichen Mahlzeiten zu sich. Denn zum prächtigen Tipi des Häuptlings hatten Frauen keinen Zutritt.
    Kuguah rauchte eine lange Ahornpfeife und saß nahe am kleinen Zeltfeuer. Die Schultern vorgebeugt, hing er schweigend seinen Gedanken nach.
    Wah-ta-Wah saß dem Häuptling gegenüber. Was sie tun konnte, war getan. Alle die wenigen Dinge, die Tesu mit sich nehmen sollte, waren in zwei großen, ledernen Indianertaschen verpackt, die eigentlich zum Sattelzeug des Häuptlings gehörten. Die Kleidung, die Tesu tragen
    sollte, lag bereit. Von den buntbestickten Mokassins bis zur indianischen Jagdkleidung aus weichem Hirschleder.
    Die Morgendämmerung war längst vorüber. Jetzt kam schon das erste Licht des Tages von Osten her durch die Öffnung an der Zeltspitze.
    Von draußen waren immer mehr Stimmen zu hören. Dazwischen das Geräusch von Wasserpumpen, klappernden Blecheimern und Pferdegeschirr. Von den Weiden brüllte das Vieh herüber.
    Tesu kam mit Tokana.
    Plötzlich standen die beiden jungen Krieger vor Kuguah und Wah-ta-Wah.
    In ihren Gesichtern war keine Spur mehr von den langen Stunden, die sie fast nur schweigend in dieser Nacht gemeinsam verbracht hatten.
    Als der Mond immer mehr vom neuen Tag verdrängt worden war, hatten sie sich bei den Wasserfällen in den See gestürzt. Schwimmend und tauchend wie junge Delphine, die sich im Spiel jagen und umkreisen, hatten sie Abschied voneinander genommen.
    „Tesu ist bereit“, sagte der Sohn des Häuptlings. „Ich werde den Weg

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