Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
gehen, den mein Vater bestimmt hat.“
    Kuguah hatte sich erhoben und umarmte den Jungen.
    Dann nahm sich der Häuptling der Apachen wortlos sein Totem vom Hals. Er hatte es bisher immer mit großen, weißen Perlen zusammen an einem Lederband auf der Brust getragen. Es war ein kleiner, aus Hickory geschnitzter Adler, das Symbol für Macht und Weisheit. Seine Augen bestanden aus zwei funkelnden Edelsteinen, und die Flügel waren aus purem Gold.
    „Es hat schon über das Leben unserer Väter gewacht, und auch ich bin ein alter Mann geworden im Schutze dieses Totems“, sagte Kuguah. „Nun mag es dich beschirmen, bis du zu uns zurückkommst.“
    Schon eine ganze Weile hatte Pennyfull unbemerkt seinen Kopf durch die Öffnung des Zeltes gesteckt, und er hatte auch schon den Mund geöffnet, um etwas zu sagen.
    Aber dann schwieg er doch und wartete, bis der Häuptling seinem Sohn das Totem um den Hals gelegt hatte.
    „Sein Wert ist groß“, sagte Kuguah dabei. „Aber nicht deshalb sollst du es an deinem Körper tragen. Mein Herz ist nur ruhig, wenn seine schützende Kraft immer bei dir ist.“
    „Haben Sie irgendwelches Gepäck, Mister Tesu?“ wagte Pennyfull jetzt zu fragen. „Entschuldigung, wenn ich störe, aber wir haben eine lange Fahrt vor uns und wollen los, bevor es wieder so schrecklich heiß wird.“
    Von diesem Augenblick an schien die Zeit Sprünge zu machen.
    Gerade hatte sich Wah-ta-Wah noch im Zelt von ihrem Sohn verabschiedet, als draußen bereits die Limousine zu hören war. Sie hielt, die Türen wurden geöffnet.
    Tesu trug seinen nagelneuen Kopfputz und seinen Tomahawk wie eine Reisetasche unter dem Arm, als er zwischen Kuguah und Tokana ins Freie trat.
    Obgleich heute Viehmarkt war, hatte sich doch fast das ganze Volk der Apachen eingefunden, und dieses Mal nicht nur zu Ehren von Mister Webster. Die Nachricht von der großen Reise Tesus war bis ins letzte Tipi gedrungen.
    Und jetzt wiederholte sich eigentlich wieder, was sich schon bei der Ankunft des amerikanischen Regierungsbeamten abgespielt hatte.
    Die Websters umarmten die älteren Krieger der Reihe nach, bis schließlich nur noch der Häuptling übrigblieb.
    „Mein roter Bruder darf sicher sein, daß ich ihm seinen Sohn gesund zurückbringe.“
    „Ich danke meinem großen, weißen Bruder“, antwortete Kuguah. Er zeigte mit dem ausgestreckten Arm zum See hinunter, über dem ein dicker Dunst lag, so daß man ihn kaum erkennen konnte. „Wenn Nebel über dem Wasser liegt, wissen wir, daß der Himmel die Erde besucht hat.“ Der Häuptling lächelte ein wenig. „Eure Reise steht unter einem guten Zeichen.“
    Dieses Mal nahm Mrs. Webster neben Pennyfull im Fond der schwarzen Limousine Platz. Tesu sollte neben ihrem Mann sitzen, um bei der Fahrt einen freien Blick durch die Windschutzscheibe zu haben.
    Der Motor lief schon, als Tesu zuerst Tokana und dann seinen Vater noch ein letztes Mal umarmte. Dann lief er die paar Schritte bis zum Wagen, setzte sich in das weiche Polster, und Mister Webster beugte sich an ihm vorbei, um die Türe zu schließen.
    „Buah — hu! Buah — hu!“ brüllte es plötzlich, und eine Vielzahl von Trommeln schlug dazwischen.
    Tesu saß wie erstarrt und blickte geradeaus.
    Die Krieger der Apachen, die Frauen und Kinder machten jetzt wieder einen Höllenspektakel.
    Mitten in diesem Durcheinander stand nur Kuguah zusammen mit Chingachgook und seinen ältesten Kriegern stumm, und ohne sich zu rühren. Aber auch Tokana stand wie leblos im Gedränge der schreienden und jubelnden Menschen.
    Als ihre Rufe und Trommeln längst nicht mehr zu hören waren und der schwere, schwarze Straßenkreuzer etwa zwei Stunden später schon wieder über die schmale Serpentinenstraße an steilen Felswänden vorbei talabwärts rollte, saß Tesu immer noch genauso, wie er beim Einsteigen in den Wagen Platz genommen hatte — hinter der Windschutzscheibe und neben Mister Webster auf dem breiten Beifahrersitz. Seit Beginn der Reise blickte er immer nur geradeaus und sprach kein einziges Wort. Er hatte nur ein paarmal dankend abgelehnt, als ihm Mrs. Webster Bonbons, eine Coca oder Schokolade anbot.
    Die Hitze war wieder unerträglich, und Mister Webster hatte es vorgezogen, die Fenster geschlossen zu halten und dafür die Klimaanlage einzuschalten.
    Die Erde war verbrannt.
    Bestimmt hatten sich Klapperschlangen und Scheltopusiks in den Schatten der Steine verkrochen.
    Seit einer Viertelstunde waren immer wieder die Spitzen der Black Hills zu

Weitere Kostenlose Bücher