Der Sohn des Haeuptlings
jetzt endlich mal in Frieden laßt. Aber gut, schießen Sie los, Herr Staatssekretär.“
Jetzt hörte Mister Webster eine ganze Weile nur zu. Dabei blickte er zwischendurch zu seiner Frau hinüber. Seine gute Laune hatte sich längst aus dem Staub gemacht.
„Hören Sie zu, Füller, ich war damit einverstanden, daß ich ins Außenministerium überwechsle. Das war okay. Und es war auch klar, daß ich nach Berlin gehe“, Mister Webster paffte ziemlich verärgert seinen Zigarrenrauch ins Zimmer. „Aber das sollte erst im Winter passieren, und bis dahin hab ich’s mir nach drei Jahren ohne Ferien verdient, daß ich, Himmeldonnerwetter, auch mal in der Sonne liege und den lieben Gott einen guten Mann sein lasse!“
„Was wir Ihnen alle wünschen würden“, antwortete Mister Fuller aalglatt aus dem siebenundneunzigsten Stockwerk seines Wolkenkratzers mit den dunklen Fenstern. „Aber die Russen verlangen plötzlich die Verhandlungen mit der Alliierten Kontrollkommission schon im nächsten Monat. Und genau für diese Verhandlungen will man Sie ja haben. Was sollen wir machen, Webster, es brennt wieder mal —“
und ich darf Feuerwehr spielen, wie immer, was?“
„Sie dürfen nicht, Sie müssen —“
„Freundlichen Dank“, knurrte Mister Webster. „Und wann soll ich in Berlin sein?“
„Am besten schon gestern ...“
„Keine Witze“, mahnte Mister Webster. „Also, wann muß ich fliegen?“
„Können Sie mir keine angenehmere Frage stellen?“
„Weichen Sie nicht aus“, regte sich Mister Webster auf.
„Spätestens in zwei Wochen.“
„Da haben wir den Salat“, sagte Mister Webster, als er etwa zehn Minuten später den Hörer wieder auflegte.
Gleich darauf stand Pennyfull in der halboffenen Tür. „Entschuldigen Sie, Mister Tesu wartet draußen.“
„Ach ja, ich habe bei dem schönen Wetter doch lieber im Garten decken lassen“, bemerkte Mister Webster. „Danke, Pennyfull, wir kommen gleich.“
„Das paßt mir gar nicht“, brummte Mister Webster, der mit seinen Gedanken noch bei dem Telefongespräch war. Er zerdrückte seine Zigarre im Aschenbecher. „Das paßt mir überhaupt nicht!“
Aber wie er dann mit seiner Frau zusammen in den
Garten trat, ließ er sich von seinem Ärger nichts mehr anmerken.
„Guten Morgen, Tesu“, rief er, anscheinend wieder in bester Laune.
Tesu hatte neben dem Tisch gewartet, der unter einem breiten, zitronengelben Sonnenschirm gedeckt war. Sein blauschwarzes Haar, das er sich wieder im Nacken geknotet hatte, war noch ziemlich naß. Er deutete in die Richtung von Mrs. Webster eine leichte Verbeugung an. Aber dann wandte er sich voll und ganz dem Herrn des Hauses zu. Und Mister Webster nahm den Jungen jetzt einfach bei der Schulter, führte ihn zu einem der drei Stühle und sagte: „Bitte!“ Dabei setzte er sich, und Pennyfull schenkte zuerst den Erwachsenen Tee und dann dem Jungen Kakao in die Tassen.
,Nur keine Umstände’, dachte Mister Webster. ,Je selbstverständlicher alles abrollt, desto besser.’ Er legte also Tesu gleich drei frischgebackene Brötchen auf den Teller, holte die Butter heran und stellte die Marmelade daneben. Gleichzeitig fing er an, sich selbst zu bedienen, damit Tesu sehen sollte, wie man mit all den verschiedenen Löffeln, Messern und Gabeln umging. Tesu begriff sofort, und hantierte bald genauso selbstverständlich wie die Websters. Es dauerte gar nicht lange, da mußte Jenny neuen Kakao aufsetzen und neue Brötchen bringen.
Unterdessen summte immer das Telefon vom Haus her.
Dabei kam Mister Webster einmal vom Apparat zurück und bemerkte, daß er vermutlich heute abend noch schnell nach Washington fliegen müsse und auf dem Rückweg wohl auch New York mitnehmen würde. Aber spätestens übermorgen sei er zurück. Das hörte sich so an, als würde er nur mal schnell einen Sprung zur nächsten Straßenecke machen, um sich Zeitungen zu holen.
Als Jenny schließlich das Geschirr wieder vom Tisch räumte und Pennyfull ihr dabei behilflich war, lehnte sich Mister Webster in seinen Gartenstuhl zurück und sagte: „Jetzt bitte keine Telefonate mehr. Auch wenn der Kaiser von China persönlich anruft. Es wird euch schon eine Ausrede einfallen.“
„Keine Telefonate“, wiederholte Pennyfull.
„Nix stören“, grinste Jenny. „Verstanden!“
Als sie jetzt allein waren, blickte Mister Webster eine Weile zu dem kleinen Springbrunnen hinüber, der in der Sonne glitzerte, und dann holte er zwei große schwarze Zigarren aus
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