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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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immer nur einmal gesummt, und gleich darauf hatte man Pennyfulls flüsternde Stimme gehört.
    Als die Sonne schon ziemlich hoch am Himmel stand, war Mister Webster der Meinung, daß er fürs erste und für den Anfang genug geredet hätte. Er nahm also wieder seine schwarze Zigarre in die Hand.
    „Und jetzt würde ich mich freuen, Tesu, wenn du künftig zu meiner Frau auch Mistress Webster sagen würdest, so wie du heute schon ein paarmal Mister Webster zu mir gesagt hast. Sie ist nämlich ein verdammt netter Kerl, und ich wette, du brauchst gar nicht allzu lange, um das selber zu merken.“
    „Mistress Webster“, sagte Tesu ganz ernsthaft über den Tisch hinüber.
    „Ich danke dir, Tesu“, lächelte Mrs. Webster. Mehr sagte sie nicht. Aber ihre Augen waren ein wenig feucht geworden. Zum Glück konnte man das hinter der dunklen Sonnenbrille nicht sehen.
    „Und jetzt, zum Donnerwetter, wird endlich die Friedenspfeife geraucht!“ Mister Webster hatte bereits ein kleines Taschenmesser herausgeholt und schnitt am Ende der Zigarren herum. Einmal für Tesu und einmal für sich selbst.
    „Bitte!“ Mister Webster hatte ein Streichholz angezündet und wollte Feuer geben.
    Aber Tesu pustete das Streichholz wieder aus und blickte zu der Frau des Hausherrn hinüber. Dabei grinste er zum erstenmal, wie eben Jungen seines Alters grinsen, wenn sie dazu einen Grund haben.
    „Was ist jetzt wieder los?“ Mister Webster machte mit dem ausgepusteten Streichholz in der Hand kein besonders intelligentes Gesicht.
    „Mistress Webster“, bemerkte Tesu und zwinkerte mit seinen hellblauen Augen über den Tisch hinüber zu dem Gartenstuhl, in dem Mrs. Webster saß.
    Jetzt hatte der Amerikaner begriffen, schmunzelte zuerst und lachte dann schallend los. Er öffnete noch einmal die silberne Dose und wandte sich an seine Frau.
    „Es tut mir leid, Liz, aber unser junger Freund besteht darauf.“ Er präsentierte Mrs. Webster die dritte Zigarre auf seiner Handfläche wie auf einem Tablett.
    „Wohl bekomm’s!“ Dabei zündete er von neuem ein Streichholz an und gab Feuer. Zuerst seiner Frau, dann Tesu und schließlich sich selbst. Die drei nahmen einen ersten, kräftigen Zug und sahen sich ernst und schweigend an. Aber das dauerte nicht allzu lange. Dann lächelten sie.
    Hierauf ließ Mrs. Webster für alle drei Orangensaft kommen, und ihr Mann sagte: „Leider hab’ ich jetzt noch eine verdammt blöde Neuigkeit in der Tasche, Tesu —“
    Als Jenny die Gläser auf den Tisch stellte, hatte Mister Webster gerade die Sache mit seiner vorgezogenen Versetzung erklärt.
    Nach dem ersten Schluck war er bei der Frage angekommen, was jetzt unter den neuen Umständen mit Tesu passieren sollte. „Meine Frau kommt natürlich mit nach Berlin“, erklärte er. „Und für dich gibt es drei verschiedene Möglichkeiten.“
    Tesu versuchte, sich inzwischen ganz schnell daran zu erinnern, wo Berlin überhaupt lag. Jedenfalls irgendwo in Europa, da war er ziemlich sicher.
    „Entweder lasse ich dich zu deinem Vater zurückbringen und hole dich dann wieder, wenn mein Auftrag erledigt ist“, schlug Mister Webster vor. „Oder du bleibst hier, ich melde dich in einer Schule an, und Jenny kümmert sich zusammen mit Pennyfull um dich.“ Er nahm wieder einen Zug aus seiner schwarzen Zigarre. „Schließlich gibt es noch die dritte Möglichkeit, du kommst mit uns nach Berlin, und dann sehen wir —“
    „Drittens“, unterbrach Tesu den Amerikaner, ohne lange zu überlegen.
    Mister Webster hatte gerade das Glas mit dem Orangensaft am Mund und verschluckte sich jetzt beinahe. „Wie du das so einfach dahinsagst, ohne nachzudenken und mit einem völlig gleichgültigen Gesicht, das ist mir direkt unheimlich.“
    Aber natürlich hatte sich Tesu Gedanken gemacht, wenn auch blitzschnell. Es ging nicht, daß er jetzt schon wieder zu seinem Stamm zurückkehrte. So schön es auch gewesen wäre, wieder in der Prärie, am See und bei Tokana zu sein. Aber sein Vater und der Rat der älteren Krieger wären bestimmt enttäuscht gewesen. Sie erwarteten von ihm, daß er für das Volk der Apachen neues Wissen und neue Erfahrungen aus den Ländern der Weißen zu den Zelten zurückbrachte. Und hier allein bei Jenny und diesem unausstehlichen Pennyfull bleiben? Da flog er doch lieber mit den Websters nach Berlin. Mit ihnen hatte er jetzt endgültig Freundschaft geschlossen, und so etwas ließ sich ja nicht jeden Tag wiederholen.
    „Schön, fliegen wir also alle zusammen

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