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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Mannschaft gerade in kurzen, schnellen Spurts zwischen den leeren Toren hin und her.
    „Wir wären schon in der ersten Liga, wenn wir immer so viel trainieren könnten“, meinte Herr Kliemann, als ihn die Presseleute begrüßten.
    Üblicherweise bekam er seine Mannschaft nämlich höchstens zweimal in der Woche zusammen und dann auch immer nur abends nach dem Beruf, denn selbstverständlich waren die Bad Rittershuder Spieler keine Profis. Jetzt hatten sich die Arbeitgeber im Hinblick auf das Münchner Pokalspiel großzügig gezeigt.
    „Wir würden gern ein paar Fotos von Ihnen und der Mannschaft machen“, meinte Herr Kubatz. „Es stört nicht, unser Fotograf mischt sich einfach unter Ihre Leute und knipst drauflos.“
    „Jetzt die Bälle“, brüllte Herr Kliemann zum Spielfeld hin. „Jeder zuerst mal für sich!“ Zu den Presseleuten sagte er daraufhin: „Natürlich kann Ihr Fotofritze auf den Platz, er soll nur aufpassen, daß er keine Kugel vor die Fresse kriegt.“
    Die Spieler betätigten sich inzwischen als Jongleure und versuchten, den Ball möglichst lange abwechselnd mit dem linken, dann wieder mit dem rechten Fuß und zwischendurch auch mit dem Kopf in der Luft zu halten.
    „Prima, Karle“, rief Herr Kliemann einem jungen Spieler zu. Er hatte einen blonden Schopf und arbeitete als Finanzamtsanwärter.
    „Mamma mia“, lachte ein schwarzhaariger Italiener. Er war Kellner in Rinaldos Eisdiele und spielte Linksaußen.
    „Avanti, Spaghetti“, brüllte Herr Kliemann. Anschließend sagte er leiser: „Unser Italiano ist in der letzten Zeit immer schneller geworden.“
    „Und das da drüben sind die Brüder Langhammer?“ fragte Chefredakteur Kubatz.
    „Beide bei der Post“, erklärte Redakteur Hildesheimer.
    „Der größere im Tor“, ergänzte Herr Kliemann. „Und der schmale mit dem schwarzen Krauskopf spielt Libero. Einer besser als der andere.“ Er blickte sich um. „Und seit neuestem haben wir sogar Zuschauer beim Training. Fast mehr als sonst bei unseren Spielen.“
    Tatsächlich standen so etwa dreihundert Menschen rund um den Platz herum.
    Unter ihnen saßen auch Jungen aus dem Prinz-Ludwig-Gymnasium und Maximilianschüler wie Spatzen nebeneinander auf dem Holzgeländer. Sie hatten vor einer halben Stunde noch mit Theaterdirektor Friedebold in der Freilichtbühne geprobt, anschließend ihre zwei Mark kassiert und waren dann auf ihren Fahrrädern hierher geflitzt.
    „Schlaf nicht ein, du Flasche“, brüllte Otto Hugendubel, genannt Sputnik, und hielt dabei seine Hände als Trichter vor den Mund.
    Die Mannschaft hatte inzwischen ein Spiel sieben gegen sieben begonnen, und Erich Pieper, der bei der städtischen Straßenbahn angestellt war, hatte tatsächlich eine klare Flanke verpaßt. Er lief jetzt ziemlich sinnlos hinter ihr her.
    Die Herren Müller und Pohmann hatten ihren Waldlauf unterbrochen und lehnten in Trainingsanzügen an einem hölzernen Würstchenstand, der verschlossen war.
    „Natürlich sind Sie in München auch dabei?“ fragte der Mann mit den etwas abstehenden Ohren, ohne seinen Blick vom Spielfeld zu nehmen.
    „Aber klar“, meinte der Bademeister. „Das ist ja fast ein historischer Tag. Und außerdem trainiere ich doch die Jugendmannschaft, ich sagte es ja schon. Ich gehöre also zur Familie sozusagen.“
    „Ich hab’ mir über Ihre finanziellen Probleme Gedanken gemacht“, erklärte Herr Müller ein wenig später. „Vielleicht essen wir heute abend zusammen. Ich hätte da so ganz bestimmte Vorstellungen. Einverstanden?“
    „Aber selbstverständlich“, antwortete Herr Pohmann, und dann sagte er noch: „Sie, das wäre ja fabelhaft, Herr Müller. Wenn Sie mir helfen könnten, meine ich.“
    „Ihre Taktik am Sonntag?“ fragte Chefredakteur Kubatz inzwischen den Trainer der Bad Rittershuder Elf.
    „Angreifen, nichts als angreifen“, antwortete Herr Kliemann. „Und schreiben Sie, daß wir über den linken Flügel kommen. Vielleicht lesen das die Bayern und fallen auf die Schnauze!“
    „Sie kommen in Wirklichkeit also nicht über den linken Flügel?“ wollte Herr Hildesheimer wissen.
    „Seh’ ich so blöd aus, daß Sie glauben, ich verrate Ihnen mein Rezept?“ fragte Herr Kliemann lachend.
    Im gleichen Augenblick machte es ein paarmal hintereinander „klick“.
    „War ich auch gut im Licht?“ fragte der Trainer.
    „Könnte gar nicht besser sein“, versicherte der junge Fotograf.
    Am nächsten Morgen war eines der Fotos von dem lachenden Herrn

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