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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Lufthansa-Jumbo auf dem O’Hare International Airport bei Chicago von der Startpiste abhob, hatte Tesu die schwarze Jenny und dicht neben ihr den jungen Herrn Langhans mit ihren ausgestreckten Armen noch eine ganze Weile im Blickfeld gehabt. Er saß direkt am Fenster und winkte zurück.
    Mister Webster und seine Frau neben ihm waren in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, weil man sich zum Start ja anschnallen mußte. Sie konnten sich also nur so weit Vorbeugen, wie es ihnen die Gurte erlaubten. Trotzdem erkannten auch sie die beiden Gestalten auf der Aussichtsplatte des Flughafen-Restaurants noch ziemlich genau.
    Doch bald wurden die schwarze Hausbesorgerin und der junge Mann mit den Sommersprossen rund um die Nase kleiner, weil die Maschine schnell und steil in den Himmel stieg. Schließlich schob sich Nebel vor das Fenster und deckte alles zu.
    Der Düsenriese war in die erste weiße Wolke hineingeflogen.
    Fast im selben Augenblick konnte man entferntes Summen und Poltern hören.
    „Meine Damen und Herren“, erklärte die Stimme einer Stewardeß aus den Bordlautsprechern. „Seien Sie nicht beunruhigt. Das Geräusch ist normal. Wir haben die Fahrwerke eingefahren.“
    Der Jumbo war so etwas Ähnliches wie ein fliegendes Haus aus Metall und Glas mit zwei Etagen. Die Websters hatten ihre Plätze im Erdgeschoß und ganz vorn im Bug der ersten Klasse. Und zwar wegen Mister Websters schwarzer Zigarren auf der rechten Seite. Links durfte nämlich nicht geraucht werden.
    „Ein ungeheurer Kasten“, meinte der Amerikaner später. „Runde siebzig Meter lang und kann auf einen Schlag über dreihundertfünfzig Passagiere transportieren. Kommt, wir sehen uns mal um.“
    Sie spazierten zuerst durch die breiten Gänge zwischen den Sitzen der Passagiere im unteren Teil des Flugzeugs, kletterten dann über eine runde Treppe nach oben, wo sich eine elegante Bar befand.
    Mister Webster gab einem stubsnäsigen Steward seine Visitenkarte. „Für den Kapitän, wenn Sie so freundlich wären“, sagte er.
    Der hellblonde Bursche in seiner blauen Uniform war im ersten Augenblick ein wenig verwundert und blieb stehen, ohne sich zu rühren.
    „Er weiß Bescheid“, fügte Mister Webster jetzt hinzu. „Selbstverständlich“, lächelte der junge Steward jetzt und verschwand in der Richtung zum Cockpit.
    „Für mich ist es immer wieder wie ein Wunder, daß sich ein so tonnenschwerer Vogel überhaupt in der Luft halten kann“, bemerkte Mister Webster, während er sich mit seiner Frau und Tesu zu einem Orangensaft an die Bar setzte. „Bringt in der Stunde fast tausend Kilometer hinter sich, und das in einer Höhe von etwa elf- oder zwölftausend Metern.“
    „Dabei hat man das Gefühl, daß man nur ganz gemütlich durch die Gegend bummelt, wenn man zum Fenster hinausblickt“, meinte seine Frau.
    „Es ist wirklich wie ein Wunder“, sagte Tesu nachdenklich.
    „Und so wie wir“, fuhr Mister Webster fort, „hängen in manchen Stunden gleichzeitig bis zu fünfzigtausend Passagiere in etwa zweihundert Maschinen über dem Atlantik in beiden Richtungen in der Luft. Man kann sich das kaum vorstellen —“
    „Der Kapitän würde sich über Ihren Besuch freuen“, sagte in diesem Augenblick der junge Steward mit der Stubsnase.
    „Ich bleibe hier und warte inzwischen“, meinte Mrs. Webster. „Wenn es aber zu lange dauert, leere ich eine Flasche Whisky nach der anderen. Das ist eine ernstzunehmende Drohung.“
    Das Cockpit wirkte wie ein ovaler Balkon ganz vorn auf der Nase des riesigen Flugzeuges. Wenn nicht rundherum Glas gewesen wäre, hätte man glauben können, daß man sich im Freien befindet. Wohin man blickte, war nur strahlend blauer Himmel, und wenn es in eine Wolke der gewaltigen Kumulustürme hineinging, die manchmal bis in diese Höhe hinaufragten, war man plötzlich wie geblendet, bis sich die Waschküche wieder in durchsichtigen Dunst auflöste und schließlich der klare Himmel zurückgewonnen war.
    Tesu stand wie erstarrt neben Mister Webster. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Sir“, sagte der Kapitän. „Mein Name ist Jürgen Frank, und man hat mich vor dem Start informiert. Was kann ich für Sie tun?“
    „Eigentlich wollte ich Ihnen nur meinen jungen Freund Tesu vorstellen“, erwiderte Mister Webster und erzählte ganz kurz, daß der Junge Indianer und der Sohn des Häuptlings der Apachen sei. „Es ist sein erster Flug, und ich möchte Sie bitten, daß er vielleicht eine Weile im Cockpit mitfliegen

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