Der Sohn des Haeuptlings
darf.“
„Aber selbstverständlich“, meinte Kapitän Frank. „Und die ganze Crew freut sich, einen echten Häuptlingssohn als Gast zu haben.“
„Besten Dank“, meinte Mister Webster. „Ich lasse Sie dann wieder allein, damit meine Frau nicht auf dumme Gedanken kommt.“ Er kniff das linke Auge zu, und der Flugkapitän lächelte höflich.
Schon ein paar Minuten später saß Tesu hinter dem Kapitän, blickte gespannt geradeaus zu den Wolken, die auf das Flugzeug zukamen, beobachtete fasziniert die Unmenge von Instrumenten mit ihren zitternden Nadeln und aufblitzenden Lichtern, antwortete auf eine vergnügte Frage des Copiloten und nahm dankend von der Schokolade, die ihm der erste Ingenieur anbot.
„Keine Angst?“ fragte Herr Frank nach einer Weile. Er hatte das dunkelblaue Jackett ausgezogen. Aber auch auf dem weißen Hemd trug er die vier goldenen Streifen des Flugkapitäns über den Schulterklappen.
„Angst, wieso?“ fragte Tesu und meinte dann nur: „Ich hätte nie gedacht, daß Fliegen so schön sein kann.“
Als der Jumbo auf seinem LH-Flug 431 die USA längst hinter sich gelassen hatte, über Montreal hinweg und bereits an Neufundland vorbeiflog, fing es an, dunkel zu werden.
„Du kannst gern wiederkommen“, meinte Flugkapitän Frank. „Aber jetzt wird gleich das Abendessen serviert, und da erwartet dich Mister Webster vermutlich.“
Tesu bedankte sich höflich und kletterte anschließend über die Rundtreppe zum unteren Teil des Flugzeugs zurück.
Die Passagiere lasen in Zeitungen oder Büchern, nahmen einen Drink zu sich oder betrachteten Filme, die wie im Kino an verschiedenen Stellen auf eine Leinwand projiziert wurden. Manche hörten auch nur über einen Kopfhörer Musik oder dösten einfach vor sich hin.
Als der Jumbo nur noch den Atlantischen Ozean unter sich hatte, erzählte Mrs. Webster, für die Astronomie offensichtlich ein Steckenpferd war, eine Menge über die Sterne vor dem Fenster. Sie waren ja fast noch deutlicher zu sehen als in einem Planetarium. Aber als sie gerade dabei war, sich im einzelnen über die Milchstraße auszulassen, wurde auch der Sohn des Apachenhäuptlings Kuguah von einem Augenblick zum anderen hundemüde.
Er murmelte höflich noch ein paarmal, aber immer undeutlicher, „sehr interessant“ oder so etwas Ähnliches. Dann drehte er sich plötzlich auf die Seite und schlief ein. Mrs. Webster legte eine Decke über ihn und wollte jetzt auch versuchen, ein Nickerchen zu machen. Ihr Mann hatte sich ohnehin schon längst in seinem Sessel ausgestreckt und zur Ruhe begeben.
Erst so etwa fünf Stunden später und in der Gegend über Brüssel wachte zuerst Mister Webster wieder auf, dann seine Frau und schließlich Tesu.
Der Düsenriese hatte so nach und nach zu zittern angefangen und holperte jetzt, als ginge es über eine Landstraße mit Frostschäden. Vor den Fenstern hingen dunkle Wolken.
„Guten Morgen, sehr verehrte Damen und Herren“, ließ sich wieder einmal die Stimme einer Stewardeß über die Bordlautsprecher hören. „Wir haben jetzt Ortszeit sieben Uhr dreißig und werden etwa in einer Stunde auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt landen. Vorher servieren wir Ihnen noch ein Frühstück. Entschuldigen Sie es bitte, wenn wir Sie deshalb geweckt haben.“
„Hoffentlich schwappt Ihnen bei dieser Wackelei der Kaffee nicht über“, rief ein Passagier und lachte.
Als ob Flugkapitän Frank den Witzbold gehört hätte, meldete er sich in diesem Augenblick gleichfalls über die Bordlautsprecher: „Durch die dickste Suppe sind wir gleich durch“, meinte er gutgelaunt. „Die Luftlöcher haben wir also abgeschafft, jetzt geht’s nur noch durch die Reste —“
Die Passagiere, die gerade gähnten oder sich den Schlaf aus den Augen rieben, schmunzelten, und ein paar applaudierten sogar.
Anschließend zauberten die Stewardessen und Stewards die Tabletts mit dem Frühstück aus den Bordküchen.
„Die Brötchen sind ja frisch wie vom Bäcker«, meinte Mrs. Webster verwundert. „Wie macht ihr das bloß? „
„Betriebsgeheimnis“, lachte das Lufthansa-Mädchen mit dem dunkelblauen Rock und der gelben Schürze. Dabei stellte sie vor Tesu eine Kanne mit Kakao auf den Tisch.
Beinahe auf die Minute pünktlich richtete sich die Nase des Jumbo auf das breite Band der Piste in Frankfurt. Und dann berührten schließlich die Räder der schweren Maschine den Beton der Landebahn.
Tesu spürte zum erstenmal in seinem Leben, wie sein Magen für eine
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