Der Sohn des Haeuptlings
sagte Mister Webster zu dem Jungen. „Und dann wirst du verstehen, weshalb die Sache so lustig ist.“
„Ölscheiche aus Kuwait“, erklärte in diesem Augenblick eine unaufdringliche und diskrete Stimme. „Sie kommen von der Bonner Bundesregierung auf einen Abstecher nach Berlin.“
„Ölscheichs sind in jedem Fall wichtiger“, entgegnete Mister Webster. „Und die Musik nehme ich, ohne besonders abergläubisch zu sein, für meine Ankunft als gutes Zeichen. Sie sind Harrison, wenn ich mich nicht täusche?“
„Adjutant des Stadtkommandanten, in dessen Namen ich Sie und Mistress Webster herzlich in Berlin begrüßen soll“, antwortete die diskrete und unaufdringliche Stimme. Sie gehörte einem Mann von etwa fünfzig Jahren in amerikanischer Uniform. Er legte jetzt seine rechte Hand an die Mütze: „Colonel Jack Harrison, Sir.“
Glücklicherweise waren sämtliche Passagiere aus purer Neugierde hinter den Kuwaiter Ölscheichs zum hinteren Ausgang spaziert. So hatte es bisher noch niemanden gestört, daß Mister Webster mit seiner Begleitung nicht weitergegangen war.
Aber jetzt kam doch eine Stewardeß und machte höflich darauf aufmerksam, daß man die Türe schließen müßte, weil das Flugzeug in den nächsten Minuten endgültig zu seinem Gate rollen würde.
„Ja, wir stehen Ihnen vermutlich schon eine ganze Weile im Weg“, entschuldigte sich Mister Webster, verließ jetzt die Plattform und stieg zusammen mit seiner Frau, Tesu und Colonel Harrison über die Gangway.
Als die drei das Flugfeld betraten, wurden sie dort von zwei weiteren Herren in Offiziersuniform erwartet. Man begrüßte sich gegenseitig, und dann fuhr plötzlich auch für Mister Webster ein großer, schwarzer Mercedes vor. Wie seine Limousine in Chicago zeigte auch er die amerikanische Flagge auf seinem rechten Kotflügel, und als er ein paar Minuten später losfuhr, waren unversehens und wie aus der Luft gezaubert amerikanische Militärpolizisten mit ihren Motorrädern zur Stelle. Einer setzte sich an die Spitze, und zwei andere flankierten Mister Webster links und rechts. Die Offiziere folgten in einem Jeep.
Wie im Geleitzug ging es vom Flugplatz Tegel bis Halensee über die Autobahn und dann in den Stadtteil Dahlem. Die Straßen wurden allmählich enger, und die Häuser standen nicht mehr so dicht nebeneinander.
In der Lerchenallee wurde der Polizist an der Spitze mit seinem Motorrad immer langsamer. Vor der Nummer 11 standen zwei Posten mit Maschinengewehren, und an ihnen vorbei rollte er jetzt von der Straße weg auf einen breiten Kiesweg, der vor das Portal des Hauses führte. Auch hier wehte, wie in Chicago, die amerikanische Fahne an einem hohen Mast, und das Gebäude mit Türmchen und Schieferdach war fast genauso weiß angestrichen wie die Villa am Michigansee. „Es ist ja fast wie zu Hause“, meinte Mrs. Webster, als sie durchs Fenster der Limousine blickte. „Und habt ihr schon den herrlichen Rhododendron entdeckt?“
Aus dem Haus kam ein schlanker, kräftiger Mann von etwa dreißig Jahren mit blondem Kraushaar. Er trug eine schwarze Livree mit Silberknöpfen und weiße Handschuhe.
„Herzlich willkommen“, sagte er. „Ich bin der Butler des Hauses. Mein Name ist Alfred Brosius. Ich war fast drei Jahre bei Ihrem Vorgänger im Dienst.“ Dabei half er bereits der neuen Hausherrin aus dem Wagen.
„Und ich heiße Frieda Bollmann“, stellte sich eine ältere Frau vor, deren Haare so weiß waren wie ihre Schürze. „Ich bin die Wirtschafterin und auch im dritten Jahr angestellt.“
„Guten Tag“, sagte Mister Webster.
„Guten Tag“, wiederholte seine Frau. „Ich hoffe, daß wir eine angenehme Zeit miteinander haben.“ Sie hatte englisch gesprochen. „Wenn Sie schon drei Jahre in einem amerikanischen Haushalt waren, sprechen Sie doch bestimmt unsere Sprache?“
„Selbstverständlich, Mistress Webster“, sagten beide gleichfalls in englisch. „Dürfen wir Ihnen jetzt das Haus zeigen?“
„Aber zuerst eine Tasse Tee für meine Gäste“, meinte Mrs. Webster und bat auch die amerikanischen Offiziere zum Eingang.
Während hierauf seine Frau gemeinsam mit Tesu durch die Villa wanderte, neugierig durch alle Türen blickte und jedes Möbelstück betrachtete, zündete sich ihr Mann in seinem künftigen Arbeitsraum die erste tiefschwarze Zigarre an. Das Zimmer lag im Erdgeschoß, hatte einen Blick in den Garten, einen großen Schreibtisch und eine Sesselgruppe aus dunkelbraunem Leder.
Die Herren Offiziere
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