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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Verpflichtungen und Interessen, die meine Zeit in Anspruch nehmen. Eine davon würde ich Ihnen nun gerne ans Herz legen; denn wie ich Sie inzwischen kennengelernt habe, glaube ich, daß Sie sie recht anregend finden werden.« Er blickte mich an, um zu sehen, ob ich wünschte, daß er fortfahren solle.
    »Bitte, reden Sie weiter. Ich höre zu.«
    »Bei der Organisation, über die ich mit Ihnen sprechen möchte, handelt es sich um eine sehr private und äußerst exklusive Verbindung.«
    Er sprach nun derart ernst, daß ich mich genötigt fühlte, die Stimmung ein wenig zu lockern. »Eine Geheimgesellschaft? Pemberton, Sie überraschen mich.«
    »Eine Gesellschaft ohne Zweifel«, erwiderte er. »Geheim? Lassen Sie uns einfach sagen, in Zeiten wie diesen kann man nicht vorsichtig genug sein, was die Auswahl derjenigen betrifft, denen wir uns anvertrauen.«
    »Bitte, verzeihen Sie mir, Pemberton, aber reden wir über eine Freimaurerloge?«
    »Freimaurer?« Er wirkte ehrlich entsetzt. Kurz geriet sein Dekorum ins Wanken, und ich erhaschte einen Blick auf den wahren Pemberton. »Machen Sie das nicht lächerlich! Wir haben nichts mit diesem Hokuspokus zu tun - gar nichts, Gott sei Dank. Was mich betrifft, so sind Freimaurer nicht mehr als ein Haufen bemitleidenswerter kleiner Männer, die seltsames Zeug vor sich hin brabbeln und in den Schürzen ihrer Mütter umherstolzieren. Um offen zu sein: Freimaurer sind Priester einer längst toten Religion, welche die falschen Knochen verehren.«
    »Ich verstehe.«
    »Nein. Unsere Organisation ist weit entfernt von derlei Dingen. Auch wenn wir nicht weniger eifersüchtig über unsere Traditionen wachen als die Freimaurer, so wurzeln wir sozusagen doch in anderer Erde. Die Eingeweihten kennen unsere Verbindung als den Mildtätigen Orden, denn wir haben uns ganz und gar dem Vollbringen guter Taten verschrieben. Seit nunmehr vierzig Jahren bin ich Mitglied in diesem Orden, und wir halten stets nach integren Männern Ausschau, die von einer Verbindung wie der unseren profitieren könnten.« Er hielt kurz inne und lächelte. »Es wäre mir eine große Ehre, wenn ich Sie als neues Mitglied vorschlagen dürfte.«
    »Mir wiederum wäre es eine große Ehre, ein solches Angebot annehmen zu dürfen«, erwiderte ich.
    »Gut«, sagte Pemberton, der offensichtlich mit meiner Antwort zufrieden war. »Gut. Ich werde die notwendigen Vorbereitungen treffen. Sie werden in Kürze von mir hören.«
    Einige Wochen später wurde ich in den Orden eingeführt und entdeckte eine Facette der Gesellschaft, die mir bis dahin entgangen war. Ich war überrascht, unter den Mitgliedern des Tempels XX -wie wir unseren örtlichen Versammlungsraum nannten - mehrere Bekannte zu finden: Männer, die ich aus meinem Beruf kannte und sogar zwei aktive Mitglieder unserer Pfarrgemeinde. In der Folge davon fühlte ich mich unter meinen neuen Brüdern von Beginn an heimisch und empfand die Verbindung als ausgesprochen anregend.
    Getreu Pembertons Worten war das Vollbringen guter Taten ein vorrangiges Ziel des Mildtätigen Ordens: Man spendete Bücher für Bibliotheken, Rollstühle für Gelähmte, Medizin für Kranke, Kleidung für Armen- und Waisenhäuser und so weiter und so fort. Alles notwendige Taten, und die Empfänger waren auch angemessen dankbar, doch insgesamt wirkten die Aktivitäten des Ordens ein wenig schwerfällig. Wenn wir nicht gerade die Auslieferung von Spenden organisierten, wurden wir in den Traditionen und der Geschichte des Ordens unterwiesen oder diskutierten über gesellschaftliche Fragen.
    Mein erster Eindruck war, daß der Mildtätige Orden der Brüder vom Tempel Salomons - wie er offiziell hieß - offenbar auf denselben Grundlagen beruhte wie die Freimaurerei. Wir trugen weiße Mönchskutten mit seltsamen Insignien und bekleideten unterschiedliche Grade in der Hierarchie, die man anhand der Farben von Gürtel und Kapuzen erkennen konnte. Außerdem verwende-ten wir ähnlich den Freimaurern geheime Paßwörter, an denen wir uns gegenseitig erkannten, und wir lernten uralte Rituale, aus denen die geheimnisvollen Zeremonien bestanden, die wir bisweilen abhielten.
    Trotz Pembertons beharrlichen Leugnens hatte ich den Eindruck, daß die Brüder des Tempels zumindest zum Teil als Antwort auf die Freimaurerbewegung gegründet worden waren, vielleicht sogar von ehemaligen Mitgliedern dieser weit bekannteren Geheimgesellschaft. Erst nach mehreren Jahren der Mitgliedschaft begann ich zu vermuten, daß unser Orden

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