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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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wiederauferstandenen Herrn freigibt.
    Bald sollte die ganze Welt von der Auferstehung erfahren. Kann man die Sonne davon abhalten, aufzugehen? Longinus, der Zeuge der Ereignisse am Grab gewesen war, wird zu einem Gläubigen, und sein Bericht breitet sich wie ein Lauffeuer unter dem Heer der Mühseligen und Beladenen aus. Wann immer der Zenturio auf jemanden trifft, der an seiner Erzählung zweifelt, holt der treue Longinus seinen Speer hervor und sagt: >Mit diesem Speer habe ich sein Herz durchbohrt. Zwei Tage später ist eben dieser Mann aus dem Grabe auferstanden. Ich war dabei. Ich habe es gesehen.<
    Viele Jahre ziehen ins Land, und schließlich errichtet man eine Kirche über dem Grab. Dort sollte auch Longinus' Speer eine immerwährende Heimstatt finden, auf daß die Pilger durch ihn die Ewige Wahrheit erkennen mögen. Doch dann fiel Jerusalem an die Sarazenen«, schloß Emlyn seinen Bericht, »und der Speer ging wie so viele andere Reliquien verloren.«
    Begeistert von der Geschichte konnte Murdo nicht umhin zu fragen: »Und was ist nun aus dem Speer geworden?«
    »Einige sagen, er sei nach Ägypten gebracht worden; andere wiederum behaupten, er sei irgendwie als Geschenk für den Kalifen nach Bagdad gelangt. Ich habe sogar sagen gehört, er sei zerstört worden - man hätte ihn eingeschmolzen, um Ketten für christliche Sklaven daraus zu schmieden. Doch niemand wußte es wirklich.«
    »Wenn niemand wußte, was aus ihm geworden ist«, fragte Mur-do mit einem Hauch von Zweifel in der Stimme, »woher wußten sie dann, daß sie ausgerechnet in Antiochia nach ihm suchen mußten?«
    »Es wußte wirklich niemand«, versicherte ihm Emlyn. »Man mußte es ihnen erst zeigen.«
    »Wer hat wem was gezeigt?« verlangte Murdo zu wissen. Sein altes Mißtrauen war wieder zum Leben erwacht. Wenn jemand den Kreuzfahrern den Aufenthaltsort der heiligen Lanze gezeigt hatte, dann mußte auch jemand davon gewußt haben.
    »Nein, nein, nein«, protestierte der Mönch. »Du machst dir eine vollkommen falsche Vorstellung. Weißt du, es.?«
    »Woher willst du das eigentlich so genau wissen?« unterbrach ihn Murdo. »Niemand von uns war dabei.«
    »Schschsch!« tadelte ihn Emlyn. »Woher ich das weiß? Habe ich dir das nicht bereits gesagt? Ich habe mit den Priestern gesprochen. Ich habe auch mit Männern gesprochen, die dabeigewesen sind -mit Männern, die an der Belagerung und Erstürmung der Stadt be-teiligt waren. Ich habe gehört, was sie zu sagen hatten, und nun versuche ich, es dir wiederzugeben. Was ist so schwierig daran zu verstehen?«
    Murdo grunzte verächtlich, widersprach aber nicht.
    »Wenn Ihr gestattet, o Inbegriff der Weisheit, würde ich jetzt gerne fortfahren. So hat es sich zugetragen: Antiochia war gerade erst befreit, als der Feind versuchte, es zurückzuerobern. Ein Mann namens Kerbogha - der Seldschuken-Häuptling in dieser Gegend - sammelte seine Armee und die seiner Vasallen, und gemeinsam schlossen sie die Stadt ein. Vier Tage, nachdem sie als Sieger durch die Tore marschiert waren, waren unsere Kreuzfahrerbrüder Gefangene in der Stadt, die sie gerade erst vom Feind gesäubert hatten. Ihnen war noch nicht einmal genügend Zeit geblieben, die eigenen Mehl- und Wasservorräte aufzustocken, die durch die lange Belagerung aufgebraucht worden waren.
    Keine Nahrung. Kaum Wasser. Die Pilger verhungerten, und Fieber breitete sich aus. Männer starben zu Dutzenden, und das Heer wurde von Tag zu Tag schwächer. Viele versammelten sich in den Kirchen und beteten um Gottes Erlösung. Drei Tage und Nächte beteten sie, und während dieser Nächte erschien einem einfachen Knecht aus Graf Raimunds Gefolge mit Namen Peter Bartholomäus wiederholt eine Gestalt, die ihn aufforderte, nach der heiligen Lanze zu suchen und sie den Rittern Christi zu übergeben.«
    »Wer hat ihn dazu aufgefordert?« fragte Murdo, der plötzlich ein unangenehmes Gefühl im Bauch verspürte. »Hat man ihm denn auch gesagt, wo er suchen sollte?«
    »Es scheint, als sei dem Mann im Traum ein ganz in Weiß gehüllter Priester erschienen - damals wußte er noch nicht, um wen es sich handelte -, und dieser weiße Priester sagte ihm, wenn die Kreuzfahrer die heilige Lanze vor sich in die Schlacht trügen, solle ihr Glaube belohnt werden und der Sieg ihnen gehören.«
    Bei der Erwähnung des >weißen Priesters< lief Murdo ein Schauder über den Rücken.
    »Es scheint, als hätte Bruder Peter dem Grafen pflichtgemäß von seiner Vision berichtet«, fuhr

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