Der Sohn des Kreuzfahrers
seinen eigenen Reichtum zu mehren.« Niamh trat einen weiteren Schritt vor. »Zu glauben, ihr könntet den unglücklichen Tod von Frau Ragnhild nutzen, um euren Diebstahl zu verschleiern. Schande! Schande über euch und all das andere Viperngezücht.«
Der Ritter trat nervös von einem Fuß auf den anderen, als wolle er damit zeigen, daß er nicht zu der besagten Gruppe gehöre.
»Ihr werdet von hier an einen Ort gebracht werden, wo man sich um Euch kümmern wird, bis die Veranlagung dieser Güter beendet ist.« Mit einer beiläufigen Geste forderte der Priester seinen inzwischen widerwilligen Henkersknecht dazu auf, seine Pflicht zu tun. »Schaff sie raus.«
Mit den Augen rollend und mehrfach für das Schreckliche um Verzeihung bittend, das er nun tun müsse, trat der Krieger einen Schritt vor. »Edle Frau«, murmelte er mit sanfter Stimme. »Bitte.« Flehend hob er die Hände.
Niamh rührte sich nicht; trotzig funkelte sie noch immer den Priester an.
»Schaff sie raus!« knurrte der Priester.
Der Krieger zögerte; sein Blick wurde immer düsterer. Der Priester bellte den Befehl erneut, doch wieder sträubte sich der Krieger.
Als er sah, wie man seine Befehle mißachtete, sprang der Priester vor. Grob packte er Niamh am Arm und versuchte, ihr das Schüreisen aus den Händen zu reißen. Als ihm dies trotz seiner größeren Kraft nicht gelingen wollte, hob er die Hand zum Schlag.
Als die Hand jedoch hinabflog, packte der Krieger das Handgelenk des Priesters und riß dessen Arm mit hartem Ruck zurück. Der Priester stieß einen leisen Schmerzensschrei aus und ließ Niamh augenblicklich los; nun war er es, der vergeblich versuchte, sich aus dem eisernen Griff eines Stärkeren zu befreien.
Der Krieger drehte dem Kirchenmann den Arm auf den Rücken. »Sie ist eine edle Frau!« sagte Hakon. Er sprach leise, doch die Drohung in seiner Stimme war unüberhörbar. »Vergiß das nicht.« Er schob den Priester beiseite.
Der Priester taumelte zurück. Er zitterte vor machtlosem Zorn. »Du wirst tun, was man dir sagt«, keuchte er und rieb sich das Handgelenk. »Du wirst deine Pflicht tun, oder der Bischof wird davon hören.«
»Ich bin Prinz Sigurds Mann, nicht der des Bischofs!« konterte der Ritter.
Der Priester drehte sich um und verließ fluchtartig den Raum. Einen Augenblick später konnte man ihn nach anderen rufen hören, die ihm helfen sollten, die Frauen zu entfernen.
Der Ritter drehte sich wieder zu Niamh um und streckte die Hand aus. »Bitte, edle Frau. Macht uns keinen Ärger, und ich werde dafür Sorge tragen, daß Euch kein Leid geschieht - weder Euch noch der jungen Frau und ihrem Kind.«
Niamh blickte zu Ragna, die noch immer das Kind an ihre Brust drückte. Schritte hallten durch die unteren Räume, als weitere Männer zur Treppe eilten. »Edle Frau?«
»Also gut«, gab Niamh nach und reichte das Schüreisen ihrem Eroberer. Dann trat sie ans Bett und legte die Arme um Ragna, die leise vor sich hin weinte. »Sei tapfer«, ermahnte sie sie sanft. »Wir können das nicht verhindern, aber wir müssen tun, was für das Kind das Beste ist.«
Drei weitere Männer stürmten mit gezogenen Schwertern in den Raum. Sie wollten sich sofort auf die Frauen stürzen, doch der Ritter streckte den Arm aus, als sie an ihm vorüber wollten. »Bleibt zurück!« warnte er. »Ich habe ihnen sicheres Geleit versprochen. Krümmt ihnen auch nur ein Haar, und ihr werdet euch mir gegenüber verantworten müssen. Habt ihr das verstanden?«
Verwirrt blickten die Männer von Hakon zu dem Priester.
»Habt ihr das verstanden?« verlangte der Ritter mit plötzlich lauter Stimme zu wissen.
Die Soldaten nickten, steckten die Schwerter weg und traten beiseite. Hakon drehte sich zu dem Priester um. »Geh, und bereite den Wagen vor. Ich werde die Frauen hinunterbringen, wenn sie fertig sind.«
»Du hast mir gar nichts zu befehlen!« protestierte der Priester.
Der Ritter ignorierte den Protest und bedeutete den anderen Bewaffneten, sie sollten den Raum verlassen - was sie auch eilig taten, denn sie waren froh, daß sie nicht das Schwert gegen ihren eigenen Anführer hatten erheben müssen. Der Priester folgte ihnen und rief ihnen hinterher, sie sollten gefälligst ihren Mut zusammennehmen und ihre Pflicht tun.
Nachdem die anderen gegangen waren, drehte sich auch der Ritter um. »Ich lasse Euch jetzt allein, damit Ihr Eure Sachen für die Reise zusammensuchen könnt«, sagte er und ging zur Tür.
»Wohin werden wir gebracht?«
Weitere Kostenlose Bücher