Der Sohn des Kreuzfahrers
Graf Balduin die Treue geschworen. Wir werden hierbleiben und für ihn kämpfen.«
»Aber der Kreuzzug ist vorbei«, erwiderte Murdo und versuchte, seinen Bruder zu verstehen. »Wir können wieder nach Hause.«
»Der Graf hat die Herrschaft über Edessa übernommen«, erklärte ihm Torf. »Er hat sie zur ersten Stadt eines großen Reiches gemacht, und er hat allen, die bei ihm bleiben, versprochen, sie mit Gold und Ländereien zu belohnen. Dies ist ein reiches Land, und wir beabsichtigen, uns unseren Teil davon zu nehmen.«
»Er hat recht, Murdo. Bald werden wir so viel Beute beisammen haben, daß wir selbst zu Grafen werden«, fügte Skuli hinzu. »Wir werden unser eigenes Reich besitzen mit Palästen, Pferden und unermeßlichen Schätzen. Balduin hat es geschafft und Bohemund, und wir werden es auch schaffen.«
»Wir besitzen Land auf den Dunklen Inseln«, protestierte Mur-do mit schwacher Stimme. »Auch dort gibt es genug Reichtum für uns, den wir nur zurückfordern müssen. Ich weiß, wer jetzt über unser Land herrscht: Er ist einer von König Magnus' Männern, und er ist hier in Jerusalem. Wir könnten.«
»Was wir auf den Inseln besaßen ist nichts«, erklärte Torf unverblümt. »Verglichen mit dem Reichtum des Ostens sind wir die reinsten Bettler. Hrafnbü mag vielleicht verloren sein, aber es ist es nicht wert, dafür zu kämpfen. Und es ist es bestimmt nicht wert, den ganzen weiten Weg nach Orkneyjar zurückzureisen, nur um es einem Narren von Nordmann abzujagen, der es unbedingt haben will. Soll er es doch haben, sage ich. Hier gibt es viel, viel mehr; wir müssen es uns nur nehmen.«
»Du solltest bei uns bleiben, Murdo«, schlug Skuli vor. »Wir werden alle Könige sein.«
Murdo starrte die beiden Männer vor ihm an. Waren das wirklich seine Brüder? Wie konnten sie nur so reden? Die Nachricht vom Tod ihres Vaters hatte ihnen noch nicht einmal einen Seufzer des Bedauerns entlockt, und der Verlust ihres Landes erregte nur ihren Spott.
»Könige!« höhnte Murdo. »Kein König würde sich weigern, für sein Land und sein Volk zu kämpfen. Ihr wollt Schätze? Ich besitze Schätze und Gold genug für uns alle. Herr Ranulf hat seinen Anteil an der Beute aufbewahrt, und nun habe ich ihn. Wir können nach Hause zurückkehren und das Gold dazu verwenden, unser Land zurückzugewinnen.«
»Mach du das, Murdo«, sagte Torf. »Nimm, was immer Ranulf aufgespart hat, und kehre nach Hause zurück.«
»Wir wissen vom Schatz unseres Vaters«, sagte Skuli. »Ein wenig Gold und Silber - wir haben ihn gesehen. Ich werde dir die Wahrheit sagen, Murdo: Es gibt Männer hier - keine Fürsten, sondern Kämpfer wie wir -, die in einer Schlacht mehr Schätze angehäuft haben, als der Jarl von Orkneyjar je in seinem Leben gesehen hat. Auch wir besitzen Gold und Silber, und wir beabsichtigen, uns noch mehr davon zu holen.«
»Nimm dir Hrafnbü, wenn es das ist, was du willst«, sagte Torf. »Während du dir deinen Lebensunterhalt auf einem Felsen im Meer zusammenkratzt, werde ich Graf von Tyros und Sidon sein. Denk darüber nach, wenn du durch den Schweinemist auf deinem geliebten Bü watest.«
Murdo schüttelte verzweifelt den Kopf. Für seine Heimat und seine Familie war er von einem Ende der Welt zum anderen gereist, und das nur, um gesagt zu bekommen, daß er ein Narr gewesen sei.
Wut, Enttäuschung und das Gefühl, gedemütigt worden zu sein, rangen in seinem Herzen um die Vorherrschaft. Der Zorn gewann, und Murdo stand langsam auf, die Fäuste geballt, um seine Wut im Zaum zu halten. »Ich habe genug gehört«, sagte er und biß die Zähne so fest zusammen, daß ihn der Kiefer schmerzte.
Er funkelte seine Brüder an: den verschmitzten und überheblichen Skuli und den spöttisch dreinblickenden Torf. Im Mondschein wirkten ihre Gesichter ungewöhnlich blaß - wie die der Leichen, die Mur-do in den Straßen von Jerusalem gesehen hatte. In diesem Augenblick hatte er wirklich das Gefühl, in die Gesichter von Toten zu blicken - von Menschen, die er niemals wiedersehen würde.
»Ich habe getan, was man von mir verlangt hat«, sagte er. »Jetzt werde ich den Schatz nehmen und nach Hause zurückkehren.«
»Nimm ihn nur«, erwiderte Torf erregt. »Und nimm auch das Gut. Herr von Hrafnbü - ich gebe dir den Titel, denn er ist keinen Furz wert. Hör mir gut zu: Wir haben dir die Möglichkeit gegeben, etwas aus dir zu machen. Wenn du das nicht begreifen kannst, dann verdienst du es nicht besser.«
»Bleib bei uns,
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