Der Sohn des Kreuzfahrers
Reiter näherten sich ihm in schnellem Trab. Sie hielten aufs Tor zu.
Es war bereits zu spät, sich noch woanders zu verstecken, und Mur-do konnte ihnen unmöglich davonrennen. Er würde sich der Situation stellen müssen. Rasch schob er etwas Staub über die Lanze und hoffte, die Reiter würden sie übersehen.
Kurz darauf erschienen die Reiter vor dem Tor und fanden einen jungen Mann, der dösend am Torpfosten lehnte.
»Du da!« rief einer der Reiter.
Murdo hob den Kopf und betrachtete die Männer mit verschlafenem Blick. Alle drei waren Ritter, und der Qualität ihrer Umhänge und Rüstungen nach zu urteilen, handelte es sich zumindest bei einem von ihnen um einen Edelmann. »Seid gegrüßt, Ihr Herren«, erwiderte Murdo. »Pax vobiscum.«
»Was tust du hier?« verlangte der zweite Ritter zu wissen, der den Befehl über die anderen zu haben schien.
»Ich bin zu spät nach Hause gekommen«, erklärte Murdo. »Das Tor war bereits geschlossen.«
»Du hast die ganze Nacht allein vor den Stadtmauern verbracht?« hakte der Ritter mißtrauisch nach.
»O ja, das habe ich«, antwortete Murdo und setzte sein ehrlichstes Gesicht auf. »Jetzt warte ich, bis das Tor wieder geöffnet wird.«
Die Augen des Reiters wurden zu schmalen Schlitzen. »Warum bist du zu spät nach Hause gekommen?«
Murdo zögerte. »Ich habe mir die Schlacht angeschaut«, antwortete er schließlich und beschloß, soviel von der Wahrheit preiszugeben, wie er wagen durfte.
»Welche Schlacht?« verlangte der vorderste der Reiter zu wissen. Er funkelte Murdo an, und alle drei legten die Stirn in Falten.
»Die da draußen«, antwortete Murdo und deutete Richtung Süden. »Bohemunds Männer haben die Seldschuken gestellt, die Gottfrieds Abteilung niedergemetzelt haben.«
»Bohemund ist hier?« fragte der dritte Ritter. »Woher weißt du das?«
»Ich habe ihn gesehen«, antwortete Murdo. »Ich dachte, Ihr würdet auch zu seinem Heerbann gehören. Wie ich sehe, habe ich mich geirrt.«
»Wir kommen aus dem Lager von Graf Balduin«, erklärte der Edelmann.
»Was will Bohemund hier?« verlangte einer der anderen Ritter zu wissen.
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Murdo und versuchte, hilfsbereit und unwissend zugleich zu klingen. Der vorwurfsvolle Unterton in der Stimme des Ritters kümmerte ihn nicht.
In just diesem Augenblick ertönte ein Kratzen und Scharren hinter dem Tor, dem ein lautes Klirren und Rasseln folgte. Murdo vermutete, daß die Torleute gerade die Riegel zurückschoben. Jetzt mußte er die Ritter nur noch so lange beschäftigen, bis das Tor weit genug geöffnet war, daß er hindurchschlüpfen konnte.
»Die erste Schlacht habe ich auch gesehen«, berichtete Murdo und deutete auf die Ebene hinaus. »Die Türken haben den Rittern einen Hinterhalt gelegt und alle getötet. Es war ein schrecklicher Kampf. Die Kreuzfahrer haben tapfer gefochten, doch die Türken waren in der Überzahl, und sie.«
Während Murdo auf den Ritter zur Linken des Edelmannes einredete, beugte sich dieser zu seinem Gefährten hinüber und flüsterte: »Schau! Er hat sie, bei Gott!«
Murdo sah, wie der Blick des Edelmannes zu der Lanze hinter ihm wanderte.
»Was hast du da, Dieb?« schrie der Ritter.
Ein lautes Klirren erscholl hinter dem Tor, und irgend jemand rief etwas. Murdo wich langsam einen Schritt zurück.
»Bleib, wo du bist!«
Ein Knarren ertönte vom Tor her. Murdo warf einen raschen Blick zur Seite und entdeckte eine kleine Tür in dem großen Tor. Er trat einen halben Schritt darauf zu, weg von der Lanze.
»Bleib stehen!« brüllte der Ritter, reichte dem Mann neben sich die Zügel und schickte sich an abzusteigen.
Murdo wartete, bis der Ritter sein Bein über den Sattel geschwungen hatte, dann sprang er vor, wedelte mit den Armen unmittelbar vor den Augen des Pferdes und schrie: »He! Heja!«
Das erschreckte Tier warf den Kopf zurück und bäumte sich auf, so daß der Ritter aus dem Sattel geworfen wurde, einen Fuß noch immer im Steigbügel. Die anderen beiden Pferde scheuten ebenfalls. Murdo sprang zurück, schnappte sich die Lanze und rannte zu der kleinen Tür, die inzwischen halb geöffnet war. Hinter sich hörte er ein Zischen, als die Ritter die Schwerter zogen, dann warf er sich mit der Schulter gegen die Tür. Der Tormann auf der anderen Seite wurde zu Boden gestoßen, und Murdo war in der Stadt.
Er rannte, so schnell er konnte und hielt auf die nächste Straße zu.
Nur einen Augenblick später erschien der erste Ritter in der
Weitere Kostenlose Bücher