Der Sohn des Kreuzfahrers
besten tun sollten.« Sie setzten sich auf die Ruderbänke. Der Fürst von Tarent und Graf von Antiochia deutete auf das Seidenbündel auf Murdos Schoß und sagte: »Nun denn, ich würde gerne erfahren, wie die heilige Lanze in deinen Besitz gekommen ist.«
Murdo nickte und begann seine Geschichte: Er beschrieb, wie er Bohemund und seinen Männern gefolgt war, die wiederum den Türken hinterhergeritten waren, und wie er am Strand den Kampflärm gehört hatte. Dann erzählte er, wie er auf eine Sanddüne geklettert war, um bessere Sicht zu haben, und wie er dabei das Zelt des Seld-schukenführers entdeckt hatte. »Der Schatz des Ungläubigen befand sich tatsächlich in dem Zelt«, schloß er seine Erzählung ab. »Dort habe ich dann die heilige Lanze gefunden, und es ist mir gelungen, mit ihr zu entkommen. Bevor ich noch mehr mitnehmen konnte, kehrten die Türken wieder zurück.«
»Bemerkenswert«, sagte Bohemund und schüttelte langsam den Kopf. »Du hast die heilige Reliquie vor ihren Feinden gerettet - sowohl vor den türkischen als auch vor den christlichen. Ich preise dich...« Er zögerte. »Bitte, ich kenne noch nicht einmal deinen Namen.«
»Ich bin Murdo, Sohn von Herrn Ranulf von Dyrness«, antwortete Murdo und blickte zu Magnus, der ihn nachdenklich betrachtete, aber keinerlei Reaktion auf die Nennung des Namens zeigte.
Bohemund nickte huldvoll und fuhr fort: »Ich preise dich, Mur-do, Sohn von Ranulf von Dyrness. Deine Tapferkeit soll belohnt werden. Ich gebe dir tausend Silberstücke für die Rückgabe der Lanze.« Mit diesen Worten griff er nach der Reliquie.
»Murdo, nein!« schrie Emlyn, der sich nicht länger zurückhalten konnte. »Bitte, um der Liebe Gottes willen, du darfst nicht.«
Murdo brachte ihn mit einem einzigen Blick zum Schweigen; dann wandte er sich wieder Bohemund zu. »Ich muß Euch erneut danken, Herr«, erwiderte er, doch ohne die Lanze loszulassen. »Verzeiht mir, aber für die Rückgabe der Reliquie kann ich nichts von Euch annehmen. Ich habe meine eigenen Gründe für das, was ich getan habe, und es ist nicht recht, daß jemand Gewinn aus dem Tod von Christen zieht. Es genügt mir, wenn ich weiß, daß die Lanze wieder an ihren rechtmäßigen Platz zurückgebracht wird.«
Listig verzog Bohemund das Gesicht. »Das ist noch um so bewundernswerter«, murmelte er.
König Magnus, der bis jetzt schweigend zugehört hatte, beugte sich nun vor und sprach Murdo auf Nordisch direkt an: »Sohn, denk gut darüber nach, was du da sagst. Jarl Bohemund hier ist ein mächtiger Mann, und er ist bereit, dir alles zu geben, wonach du verlangst. Gib uns den Speer, und ich werde dafür sorgen, daß du noch lange genug leben wirst, um die Belohnung zu genießen.«
Murdo war die unverhohlene Drohung in den Worten des Königs nicht entgangen, doch er hatte bereits beschlossen, seinen Plan auszuführen - komme, was da wolle. »Ich danke Euch für Eure Sorge, Herr«, erwiderte er in höflichem Latein. »Bitte haltet mich nicht für unehrbietig, weil ich Eure Belohnung ablehne. Aber was ist schon Silber wert, wenn man einem Mann sein Land gestohlen und seine Familie aus dem Heim vertrieben hat?«
König Magnus verstand sofort, worauf Murdo hinauswollte. »Wenn es das ist, was dir Sorgen bereitet, mein Freund, dann hat deine Not ein Ende. Als König von Norwegen und Orkneyjar werde ich Gerechtigkeit walten lassen.«
»Also schön«, erwiderte Murdo und nickte knapp. »Mehr kann ich nicht verlangen.«
»Hervorragend!« rief Bohemund und schlug Murdo herzlich auf den Rücken. »Dann ist es also abgemacht.«
»Nun gut«, sagte der König, »sag mir, wer das Unrecht begangen hat, und wenn wir auf die Dunklen Inseln zurückkehren, werde ich den Mann vor mich rufen, damit er sich für seine Verbrechen verantwortet.«
»Wir müssen nicht warten, bis wir wieder auf Orkneyjar sind«, erwiderte Murdo. »Der Mann, von dem ich spreche, weilt in eben diesem Augenblick unter uns.«
»Hier?« fragte Magnus verwundert und wich zurück, als befürchte er eine Falle. Er warf einen raschen, besorgten Blick zu seinen Lehnsmännern; dann sagte er: »Du irrst dich sicherlich.«
»Nein, ich irre mich nicht«, versicherte ihm Murdo. Er deutete auf die umstehenden Edelleute und erklärte: »Dieser Mann ist Orin Breitfuß.«
Entsetzt starrte der König Murdo an. Dann drehte er sich zu seinem Lehnsmann um, der von dem Vorwurf ebensosehr verblüfft war wie sein Herr. Bohemund wirkte amüsiert; er musterte Murdo
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