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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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und drehte sich zum Schiff um -doch nur, um plötzlich wieder Emlyn an seiner Seite zu finden.
    »Warum Lebewohl?« fragte der Mönch. »Soll ich dich etwa nicht begleiten? Wie willst du denn den Rückweg finden, wenn ich ihn dir nicht zeige?«
    Murdo lächelte und nahm das Angebot des Priesters an. Jon Reißzahn klatschte laut in die Hände. »Alle Mann an Bord, oder bleibt, wo ihr seid!« brüllte er und beugte sich über die Reling zu dem Mann, der am Ufer stand. »Du da! Stoß uns ab!«
    Das Schiff schwankte seltsam, und Murdo hörte, wie der Kiel sich an einem Stein verkeilte. »Schieeebt!« rief Jon Reißzahn den Männern am Ufer zu. »Schiebt doch!«
    Die Männer stöhnten, und plötzlich löste sich der Stein, und das Schiff glitt in tieferes Wasser. »An die Riemen!« befahl Gorm vom Ruder. Murdo, Emlyn und die drei Seemänner hoben die langen Ruder aus den Halterungen an der Reling und begannen zu rudern. Innerhalb weniger Augenblicke schnitt der Drachenbug durch die dunklen Wasser der Bucht.
    Nachdem sie die schützende Landzunge umrundet hatten, wendete das Schiff nach Norden, hinaus aufs offene Meer. Auf Gorms Befehl hin wurde das Segel gesetzt; die Ruderer zogen die Riemen ein, und die Skidbladnir begann ihre Reise zu den Dunklen Inseln.
    Der Tag begann trübe: Ein dichter Nebelschleier lag auf dem Wasser, und schwere graue Wolken zogen über den Himmel. Den ganzen Morgen über stand Murdo am Bug und suchte in den wabernden Nebelschwaden nach ersten Zeichen seines Heimatlandes. Seine Wachsamkeit wurde belohnt, als kurz nach Mittag die Sonne den Nebel durchbrach. Die plötzliche Wärme vertrieb die grauen Schwaden, und unvermittelt blickte Murdo auf die flachen, gerundeten Hügel der Orkneys.
    Murdo glaubte die sanfte Erhebung der Landspitze von Dyrness erkennen zu können und dahinter, blaßblau in der Ferne, die steileren Hügel von Hrolfsey. Murdos Herz schlug immer schneller, und schließlich gestattete er sich, darüber nachzudenken, welche Begrüßung ihn wohl bei seiner Heimkehr erwartete. Ihn überkam eine Sehnsucht, die er in all den Monaten auf See immer und immer wieder unterdrückt hatte. Nun jedoch, da seine Heimat in Sichtweite war und die Reise sich rasch ihrem Ende näherte, konnte er die Flut der Bilder nicht länger zurückhalten, die in seinen Geist drängte: Ragna mit ihrem langen Haar, das golden in der Sonne schimmerte, die Arme zum Willkommen ausgebreitet; seine Mutter, die trotz ihrer Tränen freudig lächelte und ihm entgegeneilte, um ihn zu umarmen; Frau Ragnhild, die den zukünftigen Gatten ihrer Tochter voller Zuneigung empfing.
    Oh, aber es standen ihm auch weniger glückliche Momente bevor. Es war seine traurige Pflicht, den Frauen zu berichten, daß ihre Männer und Söhne nie wieder nach Hause zurückkehren würden.
    Auf Murdos Anweisung hin steuerte Gorm die Skidbladnir auf einem direkten Kurs nach Hrolfsey, wozu er die Landspitze von Dyr-ness umrunden und rasch an der zerklüfteten Ostküste entlangsegeln mußte. Murdo stand neben dem Steuermann und führte ihn anhand alter, vertrauter Landmarken durch die enge Straße zwischen der Hauptinsel und den anderen, weit kleineren Eilanden. Aus der Ferne konnte er Kirkjuvagr erkennen, das ihm nach den schillernden Städten des Ostens klein und farblos erschien. Das schlanke Schiff trug sie jedoch rasch weiter, und bald kam Hrolfsey in Sicht.
    Die Sonne stand bereits tief im Westen, als sie schließlich in die tiefen Wasser der Bucht unterhalb von Cnoc Carrach einfuhren. Mur-do deutete auf das Haus und bemerkte, daß auf der Insel alles ruhig und geordnet zu sein schien. Er wäre schon jetzt und hier vom Schiff gesprungen, doch Jon Reißzahn mahnte ihn zur Vorsicht.
    »Inzwischen sind zwei Jahre vergangen«, sagte der große Nordmann. »Vielleicht haben sich die Dinge ein wenig verändert. Es wäre klug, sie wissen zu lassen, daß du kommst, anstatt einfach so hereinzuplatzen.«
    »Verändert?« fragte Murdo verblüfft, als hätte er das Wort noch nie gehört. »Sie warten auf mich.«
    »Vielleicht tun sie das«, gestand ihm Jon weise zu, »aber vielleicht sind sie auch mit anderen Dingen beschäftigt.«
    »Mit was für anderen Dingen?« Murdo starrte den Nordmann an, als hätte er den Verstand verloren.
    »Zwei Jahre sind eine lange Zeit«, klärte ihn Jon auf und zuckte mit den Schultern.
    »Er hat recht«, mischte sich Emlyn ein. »Vielleicht wäre es besser, wenn ich vorausgehen würde.«
    »Dann müßtest du mich aber erst

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