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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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geschah.
    An den Papst und seine unzähligen Lakaien verschwendete er kaum einen Gedanken, ebenso wie an die heilige Pflicht zur Pilgerfahrt. Ob der Kreuzzug gelang oder nicht, war Murdo gleichgültig; nichts hätte ihn weniger interessieren können. Sein Herz war nur von einem einzigen Wunsch erfüllt: den Besitz der Familie wieder zurückzugewinnen. Sein Leben, seine Zukunft, sein Glück mit Rag-na - alles hing von der Befreiung Hrafnbus ab. Und das bedeutete ihm mehr als alles Gold der Welt - und sicherlich weit mehr als der sinnlose Schutz einer Handvoll Kirchen und einiger verstaubter Reliquien, die niemand je zu Gesicht bekommen hatte.
    »Du schaust recht finster drein für einen jungen Mann«, bemerkte Emlyn mit fröhlicher Stimme.
    Murdo drehte sich um und beobachtete, wie der Mönch sich mit dem Rücken gegen die Reling lehnte. »Ich habe nachgedacht.« Er veränderte seine Position zwischen den Getreidesäcken, um den freundlichen Priester genauer betrachten zu können.
    »Über den Kreuzzug, nicht wahr?«
    Murdo hörte das Wort, doch einen Augenblick lang war er in Gedanken so weit entfernt, daß er nicht wußte, wovon der Kirchenmann sprach. »Nein, daran nicht«, antwortete er schließlich. »Ich habe über meinen Hof nachgedacht - über mein Zuhause meine ich.«
    »Womöglich wünschst du dir, du hättest dein Zuhause nie verlassen?« vermutete der Mönch. »Ah, fy enaid«, seufzte er wehmütig. »Auch mich überkommt bisweilen die Sehnsucht, wenn ich an meine Heimat im gesegneten Dyfed denke.«
    Murdo hatte noch nie von einem Ort dieses Namens gehört, und das sagte er auch.
    »Du hast noch nie von Dyfed gehört?« rief Emlyn entsetzt. »Dabei ist es doch der schönste Platz auf Erden. Gott der Herr hat dieses wundervolle Land mit all seinen Gaben gesegnet, und unter dem weiten Himmelszelt gibt es niemanden, der glücklicher wäre als die Menschen von Dyfed. Wie sollten sie auch nicht glücklich sein? Das Land ist reich an Flüssen, Seen und Quellen aller Art, und alle sind sie voll frischen Wassers, mit dem man seinen Durst genußvoll stillen und aus dem man das beste Bier der Welt brauen kann.
    Wahrlich, ich sage dir, das Wetter in Dyfed ist niemals rauh, und der Wind streicht so sanft über das Land hinweg wie der Atem einer Mutter über die Wange des geliebten Kindes. Die Luft ist stets warm und der Himmel so blau wie Lercheneier. Nie drohen Sturmwolken am Horizont, und nie verhüllen sie die strahlende Sonne, denn es regnet nur in der Nacht und auch dann nur sanft, um dem Land das nötige Wasser zu spenden. So wächst und gedeiht in Dyfed alles im Überfluß; wo man auch sät, man wird reiche Ernte einfahren. Überall ist das Gras grün und saftig, so daß das Vieh auf den Weiden wohlgenährt und rund ist.«
    Der verzückte Mönch schluckte vernehmlich, bevor er fortfahr, seine phantastische Heimat zu preisen. »Die Frauen von Dyfed sind der Inbegriff der Schönheit, und die Männer sind allesamt Barden und Krieger zugleich. Alle leben in Frieden und Harmonie miteinander; nie erhebt jemand die Stimme im Zorn. Die Männer verbringen ihre Tage damit, Lieder zu schreiben, um die sie selbst die Engel beneiden. Tatsächlich kommt es nicht selten vor, daß ein Barde vor seinem Herrn singt und noch in derselben Nacht ins Paradies gerufen wird, um den himmlischen Chören seine gesegneten Verse zu lehren.
    Der Reichtum, den andere Völker so heiß begehren, wird von den Kymren verachtet. Gold und Silber sind nur für unsere Handwerker verlockend, die sich von ihnen versucht fühlen, ihr Werkzeug aufzunehmen, um ihre meisterliche Kunst auszuüben. Der Schmuck, den sie anfertigen, ziert die Hälse und Finger von Königen; selbst die Kinder besitzen bereits die Fähigkeit, prachtvolles Geschmeide zu fertigen. Und ... und.«
    Überwältigt von der Erinnerung fiel Emlyn in verzücktes Schweigen. Murdo musterte den Mann, und dachte erneut, wie seltsam diese Mönche waren. Waren sie wirklich Männer der Kirche, wie sie behaupteten? Falls ja, dann unterschied sich die Kirche, der sie dienten, deutlich von jener, die Murdo kannte.
    »So wie du es beschreibst, scheint es sich in der Tat um ein sehr bemerkenswertes Land zu handeln«, sagte Murdo.
    Emlyn nickte feierlich. »Ich spreche die Wahrheit: Nachdem Eden für Adams Volk verloren war, hat der Schöpfer in seiner Gnade ihm Ynys Prydein geschenkt, und Dyfed ist der schönste Fleck auf unserer geliebten Insel.«
    »Wenn das wirklich so ist, dann frage ich mich,

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