Der Sohn des Kreuzfahrers
Pilgerfahrt. Wie ich Euch bereits gesagt habe, ist mir diese Ehre von Seiner Heiligkeit Papst Urban höchstpersönlich übertragen worden.«
»Wir müssen dich daran erinnern, Graf Raimund, daß auch Bischof Urban sein Amt nur dank Unserer Duldung innehat«, erwiderte der Kaiser und wandte sich von Raimund an Bischof Adhe-mar. »Alle Autorität des Patriarchen von Rom hat ihren Ursprung in diesem Thron. Daher widerspricht der Eid, den Wir von euch verlangen, weder der Vollmacht, die man euch verliehen hat, noch untergräbt er eure Autorität.«
Raimund, hager und groß, starrte unverwandt geradeaus, das Gesicht hart und ausdruckslos. »Wie dem auch sein mag, man erzählt sich im Lager, daß der Kaiser Bohemund von Tarent in einen hohen Rang erhoben habe. Man sagt, er solle Oberbefehlshaber der Kaiserlichen Armeen unter dem Kreuz werden.«
Endlich, dachte Alexios und seufzte innerlich. Das ist also der wahre Grund, warum der Fürst sich in seinem Stolz verletzt fühlt: Er ist eifersüchtig auf Bohemund.
»Selbst auf die Gefahr hin, den Zorn des Kaisers zu erregen«, bemerkte Adhemar, »möchte ich darauf hinweisen, daß der Fürst von Tarent weder den Auftrag noch den Segen Seiner Heiligkeit besitzt. Beides hat der Papst ausschließlich dem Grafen Raimund gewährt, und ich, der päpstliche Legat, habe die Autorität verliehen bekommen, in Fragen.«
»Diese Gerüchte, von denen ihr sprecht«, unterbrach Alexios die Ausführungen Adhemars, »gründen sich einzig und allein auf Bo-hemunds Ehrgeiz. Zwar entspricht es der Wahrheit, daß er um eine solche Stellung ersucht hat, doch Wir können dir versichern, Graf Raimund, daß Wir dem Wunsch nicht entsprochen haben.«
»Wie dem auch sein mag«, erklärte Raimund stur, »der Kreuzzug braucht einen Anführer. Da ich von jenem auserwählt worden bin, der als erster den Plan zu diesem heiligen Unterfangen ersonnen hat, sehe ich keinen Grund, die Autorität aufzugeben, die man mir verliehen hat.« Als er sah, daß dem Kaiser langsam das Blut in die Wangen stieg, beschloß der stolze Graf seine Erklärung ein wenig abzumildern. »Aber natürlich«, fügte er eilig hinzu, »könnte der Kaiser mich als seinen treuesten Vasallen betrachten, sollte er sich dazu entschließen, den Kreuzzug persönlich ins Heilige Land zu führen.«
»Unglücklicherweise beginnt dieses noble Unterfangen zu einem Zeitpunkt, der meine Teilnahme unmöglich macht«, erwiderte Ale-xios streng. »Da im Augenblick dringende Reichsangelegenheiten Unserer Aufmerksamkeit bedürfen, können Wir den Kreuzzug leider nicht persönlich anführen, so sehr Wir Uns das auch wünschen würden.«
»Dann bleibt mir keine andere Wahl«, sagte Raimund in einem Tonfall, als ergebe er sich schweren Herzens dem Unvermeidlichen. »Ich muß dem Befehl des Papstes gehorchen und die Führerschaft auf mich nehmen, mit der er mich beauftragt hat.«
Adhemars Lächeln wurde immer breiter. Er steckte die Hände in die weiten Ärmel seines Bischofsgewandes und hätte sich fast vor Wohlgefühl geschüttelt.
»Oh, Wir glauben, du bist da etwas voreilig, mein lieber Graf von Toulouse«, bemerkte Alexios. Langsam stand er auf und griff nach dem Pergament mit dem Treueid und den Unterschriften seiner vorherigen Gäste. »Vielleicht können Wir dir doch noch die ein oder andere Alternative aufzeigen. Hör zu: Schwöre Uns die Treue als deinem rechtmäßigen Souverän, oder halte weiter am Papst fest, und der Kreuzzug ist hier für dich zu Ende. Der Bischof von Rom dient diesem Thron, nicht umgekehrt, und Wir werden Unsere Autorität gegenüber allen wahren, die in seinem Schatten einherziehen. Führe den Kreuzzug, wenn du denn unbedingt willst, aber du wirst das nur aufgrund Unserer Gnade tun und mit Unserer Erlaubnis.«
Aus lauter Sturheit versteifte sich der ohnehin schon steife Raimund noch mehr. Der Kaiser sah, daß er die Angelegenheit weit genug getrieben hatte, und beschloß, dem starrköpfigen Grafen Gelegenheit zu geben, über das Angebot nachzudenken. »Morgen«, sagte Alexios, »werden die Armeen Bohemunds und Tankreds von der kaiserlichen Flotte über den Bosporus gebracht werden, um sich in Pelekanon den Heeren Hugos und Gottfrieds anzuschließen und anschließend den Marsch nach Jerusalem fortzusetzen.«
Er hielt kurz inne und blickte dem Grafen von Toulouse streng in die Augen. »Du jedoch wirst hierbleiben.«
»Wie lange werde ich warten müssen, mein Herr und Kaiser?«
Wurde der sture Ritter bereits weich? »Das
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